Der Konservative Ulf Kristersson darf sich nach der überaus knappen Parlamentswahl in Schweden an der Bildung einer neuen Regierung versuchen. Nach Gesprächen mit den einzelnen Parteispitzen erteilte Parlamentspräsident Andreas Norlén dem Vorsitzenden der konservativen Moderaten am Montag den Sondierungsauftrag, um die Möglichkeiten für eine künftige Regierungskonstellation auszuloten.
Einfach wird das nicht: Die Parteien aus dem konservativ-rechten Block signalisierten am Montag weiterhin unterschiedliche Ansichten darüber, welche Rolle die rechtspopulistischen Schwedendemokraten nach ihrem Rekordwahlergebnis in Zukunft spielen sollen.
Bei der Schweden-Wahl am 11. September hatten Kristerssons Moderate das schlechteste Ergebnis seit 20 Jahren erzielt. Aber: Dank ihres erstmaligen Schulterschlusses mit den Schwedendemokraten erreichten sie in einem Vier-Parteien-Block eine knappe Parlamentsmehrheit von 176 Mandaten. Die Sozialdemokraten der bisherigen Ministerpräsidentin Magdalena Andersson wurden zwar wieder klar stärkste Kraft. Ihr linksgerichtetes Lager kam jedoch insgesamt nur auf 173 der 349 Sitze im Reichstag von Stockholm - zu wenig, um einen Regierungswechsel in dieser Konstellation zu verhindern. Andersson hatte daraufhin am Donnerstag ihren Rücktritt als Regierungschefin eingereicht.
Ob sich Kristerssons Moderate mit den Christdemokraten, Liberalen und den Schwedendemokraten auf eine Regierungsgrundlage einigen können, ist allerdings noch völlig offen. Erste, am Donnerstag aufgenommene Gespräche verliefen gut, beteuerte Kristersson am Montag zwar. Doch gerade an der Rolle der einwanderungsfeindlichen Schwedendemokraten, die bei der Wahl ein Rekordergebnis von über 20 Prozent der Stimmen eingefahren hatten, scheiden sich blockintern die Geister.
Uneinigkeit im konservativ-liberalen Lager
Sein Ausgangspunkt sei weiter, dass eine Mehrheitsregierung Schweden sehr guttun würde, sagte Schwedendemokraten-Chef Jimmie Åkesson nach seinem Gespräch mit Norlén. Will heißen: Er will seine Partei - die die Moderaten bei der Wahl erstmals als zweitstärkste Kraft abgelöst hatte und ohne die das konservative Lager keine Mehrheit hat - in der künftigen Regierung sitzen sehen. Andere wollen das dagegen nicht, sondern sie lediglich als Unterstützerpartei im Parlament nutzen. »Wir haben deutlich gemacht, dass wir nicht der Meinung sind, dass die Schwedendemokraten Teil der Regierung sein sollten«, bekräftigte der Liberalen-Chef Johan Pehrson.
Kristersson sitzt somit zwischen den Stühlen. Er betonte am Montag jedoch erneut, einen und nicht spalten zu wollen. »Ich will eine Regierung für alle Schweden bilden.«
Norlén gab Kristersson keine Frist mit auf den Weg, bis zu der seine Regierungsgrundlage stehen muss. Auf die Frage, wie lange die Suche danach seinem Gefühl nach dauern könnte, verwies er auf die Koalitionsverhandlungen in Deutschland nach der Bundestagswahl 2021.
»Wenn man sich das deutsche Beispiel anschaut, als die derzeitige Koalitionsregierung gebildet wurde, da dauerte der Prozess soweit ich weiß mehrere Monate«, sagte Norlén. Er glaube aber nicht, dass der Findungsprozess in Schweden wie nach der letzten Wahl 2018 satte 134 Tage dauern werde. Die Parteichefs betonten, nichts überstürzen zu wollen. »Nichts ist klar, bevor alles klar ist«, so Kristersson.
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