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Kommunen kritisieren Bund-Länder-Beschlüsse

Bund und Länder sind sich einig: Die Menschen sollen im öffentlichen Nahverkehr und bei den Energiekosten entlastet werden. Doch die Kommunen sind unzufrieden mit den Ergebnissen der Gespräche.

Ministerpräsidentenkonferenz
Bundeskanzler Olaf Scholz (2.v.l., SPD), Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (l, SPD) und Hendrik Wüst (2.v.r., CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Foto: Kay Nietfeld
Bundeskanzler Olaf Scholz (2.v.l., SPD), Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (l, SPD) und Hendrik Wüst (2.v.r., CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.
Foto: Kay Nietfeld

Die Vereinbarung zwischen Bund und Ländern bei der Finanzierung geplanter Entlastungsmaßnahmen stößt auf Kritik der Kommunen. Führende Kommunalverbände halten die Kostenzusagen für die Versorgung von Flüchtlingen für unzureichend.

Die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatten am Mittwoch ihren Streit über die Finanzierung geplanter Entlastungsmaßnahmen in der Krise beigelegt und den Weg unter anderem für einen Nachfolger für das 9-Euro-Ticket freigemacht. Künftig soll es ein monatliches 49-Euro-Ticket geben, auch Deutschlandticket genannt. Die Länder erhalten zudem mehr Geld für den Ausbau von Bussen und Bahnen. Der Bund stellte ferner weitere Milliarden für die Unterbringung von Flüchtlingen bereit. Bund und Länder teilen sich zudem die Kosten für Wohngeld-Reform.

Der Präsident des Deutschen Städtetages, Markus Lewe, kritisierte, mit den in Aussicht gestellten Mitteln sei ein besseres Verkehrsangebot nicht zu machen. »Es droht weiter, dass Fahrpläne ausgedünnt werden müssen. Die Verkehrswende droht damit auf dem Abstellgleis zu landen«, sagte der Oberbürgermeister von Münster der Deutschen Presse-Agentur.

Wachsende Herausforderungen

Auch die Zusagen von Bund und Ländern für die Finanzierung bei der Aufnahme von Geflüchteten seien nicht ausreichend. Die Herausforderungen nähmen mit jedem Tag zu. Aus der Ukraine und auch aus anderen Ländern kämen immer mehr Menschen. »Die Städte stehen zu ihrer Verantwortung und werden die Geflüchteten nicht auf der Straße stehen lassen. Wir erwarten aber, dass die Länder ihre Aufnahmekapazitäten schnell ausbauen und sich bei der Finanzierung nun selbst stärker einbringen«, mahnte Lewe.

Auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, forderte von den Ländern »deutlich mehr Kapazitäten in Erstaufnahmeeinrichtungen und Sammelunterkünften«. Die Kommunen seien bereits an der Grenze ihrer Unterbringungsmöglichkeiten, sagte Landsberg der »Rheinischen Post«. Er und der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, verlangten von den Ländern ferner, dass die Länder die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel an die Kommunen weiterreichten. Die Kommunen hätten beträchtliche Ausgaben bei der Versorgung der Flüchtlinge, betonte Sager im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Der Bund will für das laufende Jahr zusätzliche 1,5 Milliarden Euro für die Versorgung von Geflüchteten unter anderem aus der Ukraine bereitstellen. Bisher waren 2 Milliarden Euro für die Versorgung von Ukraine-Flüchtlingen zugesagt. Für das kommende Jahr soll es 1,5 Milliarden Euro für die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem von Russland angegriffenen Land geben. Für Menschen aus anderen Ländern wurde eine jährliche Pauschale von 1,25 Milliarden Euro angekündigt.

»Prinzip Gießkanne« befördert Unzufriedenheit

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie forderte eine gezieltere Ausrichtung der Entlastungen auf Menschen mit geringem Einkommen und in prekären Beschäftigungsverhältnissen. »Das Prinzip Gießkanne, nachdem jeder ein Stück vom Kuchen bekommt, befördert eine wachsende Unzufriedenheit in der Gesellschaft«, erklärte er. »Es schadet der Demokratie, wenn die Ärmsten - und das sind rund 15 Millionen Menschen in Deutschland - die geringste Entlastung erfahren.«

Der Parlamentsgeschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei, kritisierte unterdessen den noch unklaren Start der Gaspreisbremse. »Die Zögerlichkeit der Ampel bezahlen die Bürger nun mit großem Wohlstandsverlust, und viele Unternehmen sind von der Insolvenz bedroht«, sagte der CDU-Politiker der »Rheinischen Post«.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich rief die Opposition im Bundestag auf, konstruktiver mit der Ampel-Koalition zusammenzuarbeiten. »Denn niemand hat etwas davon, wenn aus kleinkariertem parteipolitischen Kalkül an den Sorgen der Menschen vorbeidiskutiert wird«, sagte Mützenich der dpa. Er warf einigen Politikern aus CDU und CSU »überflüssiges Lamentieren« vor.

SPD-Chefin Saskia Esken verteidigte die Bund-Länder-Beschlüsse. Sie sagte den Funke-Zeitungen: »Mit den jetzt beschlossenen Maßnahmen werden wir gut durch den Winter kommen.« Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang hob hervor, Bundesregierung und Länder hätten ermöglicht, dass wir Millionen von Menschen in diesem Land spürbar, schnell und unbürokratisch entlastet werden.

Beschluss von Bund und Ländern

© dpa-infocom, dpa:221103-99-363650/3