Die Kolumbianer haben über einen neuen Staatschef abgestimmt. Favorit beim ersten Wahlgang ist erstmals ein Linker.
Laut den jüngsten Umfragen liegt der ehemalige Guerillakämpfer und frühere Bürgermeister der Hauptstadt Bogotá, Gustavo Petro, deutlich vor dem Kandidaten der Rechten, Federico Gutiérrez, und dem Parteilosen Rodolfo Hernández. Allerdings dürfte keiner der Bewerber im ersten Wahlgang über 50 Prozent der Stimmen holen. Die beiden stärksten Kandidaten gehen dann am 19. Juni in die Stichwahl. Der derzeitige konservative Staatschef Iván Duque darf nicht mehr antreten, weil die Verfassung eine Wiederwahl nicht vorsieht.
Kolumbien litt über Jahrzehnte unter einem blutigen Bürgerkrieg zwischen linken Rebellen, rechten Paramilitärs und staatlichen Sicherheitskräften. 220.000 Menschen kamen ums Leben, Millionen wurden vertrieben. 2016 schloss die Regierung einen Friedensvertrag mit der linken Farc-Guerilla, die Hoffnung auf einen Aufschwung war groß. Doch die Gewalt ist vor allem in ländlichen Gebieten zurück. 300.000 Polizisten und Soldaten sind im Einsatz, um Wähler, Wahlhelfer und Kandidaten zu schützen.
Sollte sich Petro durchsetzen, könnte erstmals in der jüngeren Geschichte Kolumbiens ein linker Politiker in den Präsidentenpalast einziehen. Dabei ist das südamerikanische Land traditionell konservativ geprägt. Die soziale Ungleichheit ist zwar groß. Doch linke Politik trug durch die Gewalt der Guerillagruppen im jahrzehntelangen Bürgerkrieg einen Imageschaden davon.
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