Kenias Präsident William Ruto hat zum Auftakt des ersten Afrika-Klimagipfels den Kontinent als »Schlüssel zur Beschleunigung der Dekarbonisierung der Weltwirtschaft« bezeichnet.
Die Energiewende sei nicht nur notwendig für den Klimaschutz, sondern auch eine Chance, »milliardenschwere, wirtschaftliche Möglichkeiten« zu schaffen, sagte Ruto zu Beginn des dreitätigen Spitzentreffens in der kenianischen Hauptstadt Nairobi.
»Weltweit suchen Investoren nach grünen Investitionsmöglichkeiten im Wert von Billionen US-Dollar«, sagte Ruto. Afrika habe das Potenzial, um diese Gelder anzuziehen. Dazu gehörten ideale Bedingungen für die Produktion erneuerbarer Energien, beispielsweise durch Sonne und Wind.
Auch besitzt Afrika für die Energiewende kritische Bodenschätze wie Lithium, Kupfer, Seltene Erden oder Silizium und zudem ein enormes »Naturkapital« wie Wälder, Ackerböden, Wasser- und Meeresressourcen. Ziel sei, den Kontinent zu einem global relevanten »grünen Industriestandort« zu entwickeln, der es afrikanischen Ländern ermögliche, auf globalen Märkten »fair zu konkurrieren«.
Afrika leidet stark unter der Klimakrise
Ruto und die Afrikanische Union (AU) richten den Gipfel aus, an dem afrikanische Staatschefs sowie Vertreter der Vereinten Nationen, von Regierungen aus anderen Regionen, von Nichtregierungsorganisationen und aus der Privatwirtschaft teilnehmen. Für Deutschland sind die Parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungsministerium, Bärbel Kofler (SPD), und die Beauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt, Jennifer Morgan, angereist.
Der Kontinent leidet stark unter den Folgen der Klimakrise, trägt aber vergleichsweise wenig zu den klimaschädlichen Treibhausgasemissionen bei. Deshalb wollen afrikanische Länder während des Gipfels die globale Finanzierung von Klimaschutzprojekten auf dem Kontinent in den Fokus rücken.
Für die schon heute spürbaren Folgen des Klimawandels fordern afrikanische Staaten Schadenersatz von den Industriestaaten, die massiv zur Erderwärmung beigetragen haben. Afrika, so das Argument, sei statistisch betrachtet für nicht einmal vier Prozent der Erderwärmung verantwortlich, zahle aber den höchsten Preis. Nach Schätzungen der Afrikanische Entwicklungsbank kosten klimabedingte Naturkatastrophen die Länder zwischen 7 und 15 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Bis 2030 könnten diese Verluste auf jährlich 50 Milliarden US-Dollar ansteigen.
Industrieländer kommen ihren Versprechungen nicht nach
Die Gipfelteilnehmer wollen die Industriestaaten in Nairobi daher erneut an ihre finanziellen Verpflichtungen erinnern - etwa bei der Finanzierung von Klimaprojekten im globalen Süden. Seit 2020 haben sich Staaten verpflichtet, hierfür jährlich 100 Milliarden US-Dollar aufzubringen. Dabei sollen Emissionen eingespart und Projekte zur Anpassung an den Klimawandel finanziert werden. Dass die Industriestaaten dieses Ziel nicht eingehalten haben, ist längst bekannt.
Besonders seit der Corona-Pandemie und dem Angriffskrieg in der Ukraine sind Gelder in andere Bereiche geflossen. Auch Forderungen nach Schuldenerleichterungen dürften auf dem Gipfel eine wichtige Rolle spielen.
Es gäbe mittlerweile so viele aufeinanderfolgende Klimakatastrophen, dass afrikanische Länder sich kaum davon erholen könnten, sagte Josefa Correia Sacko, die AU-Kommissarin für Landwirtschaft und Umweltschutz. Einige Staaten gäben bis zur Hälfte ihres Bruttoinlandsprodukts aus, um klimabedingte Zerstörung zu bewältigen. »Die Kosten des Klimawandels explodieren«, warnte Sacko. Industrieländer müssten daher schnellstmöglich ihre finanziellen Versprechen einlösen.
Auch UN-Klima-Chef Simon Stiell betonte die Notwendigkeit, die Finanzlücke schnellstmöglich zu schließen. Er forderte die »sofortige« Zahlung der jährlich zugesagten 100 Milliarden US-Dollar, eine Verdoppelung der Finanzierung zur Klimawandelanpassung, eine erhebliche Aufstockung des Green Climate Fund zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes in armen Ländern sowie die Ausrichtung des globalen Finanzsystems auf »grüne Maßnahmen«.
Der Gipfel soll am Mittwoch mit einer »Nairobi-Erklärung« enden, die wichtige Signale und Ziele setzen soll - auch für die bevorstehende Weltklimakonferenz ab dem 30. November in Dubai.
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