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Khashoggi-Fall: Saudischer Kronprinz genießt Immunität

Die brutale Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi schockte 2018 die Welt. US-Geheimdienste kamen zu dem Schluss, dass der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman dabei seine Finger im Spiel hatte. Der bestreitet das - und ist vor einer Klage in den USA nun geschützt.

Mohammed bin Salman
Kronprinz Mohammed bin Salman wurde Ende September zum Ministerpräsidenten von Saudi-Arabien ernannt. Foto: Leon Neal
Kronprinz Mohammed bin Salman wurde Ende September zum Ministerpräsidenten von Saudi-Arabien ernannt.
Foto: Leon Neal

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman muss in den USA vorerst keine Strafverfolgung wegen einer möglichen Beteiligung an der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi fürchten. Die US-Regierung kam zu dem Schluss, Bin Salman könne in den USA im Zusammenhang mit der Tat nicht belangt werden, solange er Ministerpräsident seines Landes sei. Als Regierungschef Saudi-Arabiens besitze er Immunität vor US-Strafverfolgung, hieß es in einem gerichtlichen Schriftstück des Justizministerium.

Hintergrund ist ein Rechtsstreit, den Khashoggis Verlobte Hatice Cengiz in den USA angestrengt hatte. Sie reagierte empört auf die Entscheidung.

Nach dem Mord an dem saudischen Regierungskritiker und Journalisten Khashoggi vor vier Jahren hatte seine Verlobte in den USA Klage gegen den saudischen Kronprinzen und andere eingereicht, denen sie eine Beteiligung an der Tötung des Reporters vorwirft. Khashoggi hatte unter anderem als Kolumnist für die renommierte US-Zeitung »Washington Post« gearbeitet.

Kronprinz wurde zum Ministerpräsidenten ernannt

In dem Rechtsstreit argumentierten die Anwälte von Mohammed bin Salman Anfang Oktober schließlich, die Ernennung zum Ministerpräsidenten Ende September sichere dem Kronprinzen Immunität zu. Das Gericht solle die Klage daher abweisen.

Ein Gericht in der Hauptstadt Washington bat das US-Justizministerium um eine Einschätzung zum Immunitätsstatus von Mohammed bin Salman. Das Ministerium betonte nun, die US-Regierung habe gegenüber der saudischen Führung große Besorgnis über die »schreckliche Ermordung« Khashoggis zum Ausdruck gebracht und auch Sanktionen verhängt. Die Doktrin der Immunität des Staatsoberhauptes sei rechtlich jedoch fest verankert, unabhängig vom Gegenstand eines jeweiligen Rechtsstreits.

Cengiz erhebt Vorwürfe gegen Biden

Khashoggis Verlobte Cengiz warf US-Präsident Joe Biden auf Twitter vor, er habe den »Mörder« und »Kriminellen« durch die Gewährung der Immunität gerettet und sich so selbst in das Verbrechen verwickelt.

Auf die Frage, ob Biden die Entscheidung abgesegnet habe, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, der Präsident habe Kenntnis von dem juristischen Verfahren und der rechtlichen Festlegung. Es handele sich um eine Festlegung des Außenministeriums, die dann das Justizministerium auf Bitten des Gerichts vorgelegt habe. »Diese rechtliche Feststellung hat absolut nichts mit der Sache selbst zu tun«, betonte er.

Biden habe sich sehr deutlich zu dem »brutalen, barbarischen Mord« an Khashoggi geäußert und sich dafür eingesetzt, das Regime dafür zur Rechenschaft zu ziehen, sagte Kirby weiter. Die juristische Festlegung habe auch nichts mit den bilateralen Beziehungen zwischen den USA und Saudi-Arabien zu tun, die derzeit bekanntermaßen angespannt seien. Präsident Biden sei weiter der Ansicht, dass das Verhältnis zu dem Land zu überdenken sei. Die Prüfung dazu laufe.

US-Sanktionen hatten Mohammed bin Salman verschont

US-Geheimdienste beschuldigen Mohammed bin Salman, für den Mord an Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul durch ein Mordkommando 2018 verantwortlich zu sein. Der Kronprinz bestreitet, Drahtzieher der Tat zu sein. Der Mord hatte zeitweise zu einer internationalen Isolierung des Thronfolgers geführt und die Beziehungen vieler westlicher Staaten zu Saudi-Arabien in eine Krise gestürzt, auch das Verhältnis zu den USA. Sanktionen, die Bidens Regierung gegen Saudi-Arabien verhängte, verschonten Mohammed bin Salman allerdings.

Nach einer zwischenzeitlichen Wiederannäherung hatte Riad zuletzt erneut großen Ärger aus Washington auf sich gezogen, als das Land einer Förderkürzung für Öl zustimmte. Die US-Regierung kritisierte das scharf und wertete es als Unterstützung für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Saudi-Arabien und Russland gelten als die führenden Kräfte im Ölverbund Opec+, der die Drosselung der Ölförderung beschloss. Die USA hatten dagegen seit Monaten von der Opec+ ein Aufdrehen des Ölhahns gefordert - auch im Interesse der Weltwirtschaft.

© dpa-infocom, dpa:221118-99-575000/2