Der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, erhält den Karlspreis 2024. Gemeinsam mit ihm würden die jüdischen Gemeinschaften in Europa geehrt, teilte das Direktorium des Internationalen Karlspreises zu Aachen mit.
Von der Auszeichnung soll die Botschaft ausgehen, dass jüdisches Leben selbstverständlich zu Europa gehört und in Europa kein Platz für Antisemitismus sein darf. Seit dem terroristischen Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ist die Zahl der antisemitischen Straftaten in vielen Ländern Europas in die Höhe geschnellt.
Goldschmidt sei stets dafür eingetreten, dass in Europa Menschen unterschiedlichster religiöser und kultureller Herkunft ihren Platz finden müssten, so das Karlspreis-Direktorium. Nach seiner Ausbildung zum Rabbiner ging der 1963 in Zürich geborene Goldschmidt zunächst nach Israel und dann in die Sowjetunion, um dort nach dem Ende des Kommunismus jüdisches Leben neu erstehen zu lassen. 1993 wurde er zum Oberrabbiner von Moskau gewählt. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine widersetzte er sich der Forderung, den Krieg zu unterstützen, und verließ Moskau im März 2022. Bereits seit 2011 ist Goldschmidt Präsident der Konferenz der europäischen Rabbiner (CER), die ihren Sitz im vergangenen Jahr von London nach München verlegte.
Engagement für den interreligiösen Dialog
Besondere Beachtung fand Goldschmidts Engagement für den interreligiösen Dialog. So war er 2015 Mitgründer des europäischen Muslim-Jewish Leadership Council (MJLC), dem sowohl jüdische als auch muslimische Würdenträger angehören. Auch der jüdisch-christliche Dialog habe durch Goldschmidt wichtige Impulse erfahren, so das Karlspreis-Direktorium. So ist er seit Jahren im direkten Austausch mit Papst Franziskus, zuletzt traf er im November 2023 mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche zusammen, um die aktuelle Situation im Nahen Osten zu besprechen.
Der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, gratulierte Goldschmidt und sprach von einer hervorragenden Entscheidung. Dieser stehe wie kaum ein anderer für die Sichtbarmachung jüdischen Lebens und interreligiösen Dialog. »Gerade in Zeiten, in denen wieder Häuser mit Davidsternen markiert und auf deutschen Straßen antisemitische, israelfeindliche Parolen gebrüllt werden, ist diese Ehrung ein kraftvolles Zeichen gegen Antisemitismus«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, wertete die Entscheidung aus Aachen als »starkes Zeichen« und »Vergewisserung, was 2000 Jahre jüdischer Präsenz in Europa bedeuten«. Trotz des »Tsunami des Antisemitismus« nach dem 7. Oktober seien Jüdinnen und Juden ein integraler Teil der europäischen Gesellschaften. »Rabbiner Goldschmidt steht für den interreligiösen Dialog, das bedingungslose Eintreten für Menschenrechte und eine klare pro-demokratische Haltung«, so Beck.
Goldschmidt selbst hatte kürzlich in einem Interview der »Jüdischen Allgemeinen« gesagt, Antisemitismus sei in Europa wieder »politisch korrekt geworden«. Was Russland betreffe, habe er Zweifel daran, ob das Judentum dort noch eine Zukunft habe. »Je autoritärer dieses Land wird, desto weniger Juden werden dort verbleiben.«
Benannt nach Karl dem Großen
Der »Internationale Karlspreis zu Aachen« wird seit 1950 für besondere Verdienste um die europäische Einigung verliehen. Aachener Bürger hatten den Preis auf Anregung des Unternehmers Kurt Pfeiffer kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gestiftet. Die Auszeichnung ist nach Kaiser Karl dem Großen benannt, dessen Frankenreich sich im Frühmittelalter über weite Teile Westeuropas erstreckte.
Erster Preisträger war 1950 der Begründer der Paneuropa-Idee, Graf Coudenhove-Kalergi. Mit dem italienischen Ministerpräsidenten Alcide de Gasperi (1952), Bundeskanzler Konrad Adenauer (1954) und Sir Winston Churchill (1955) gewann der Preis innerhalb weniger Jahre großes Renommee in Europa. Im vergangenen Jahr wurde der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ausgezeichnet.
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