Bundeskanzler Olaf Scholz ist bei einer Veranstaltung mit Bürgern im brandenburgischen Neuruppin auf lautstarke Gegendemonstranten gestoßen.
Der SPD-Politiker zog seinen Auftritt auf dem Schulplatz der Stadt trotzdem durch, obwohl er angesichts des Pfeifkonzerts und der Sprechchöre kaum zu verstehen war. Scholz bekräftigte die Ankündigung, in den nächsten Tagen ein weiteres Paket zur Entlastung der Bürger gegen Inflation und hohe Energiekosten vorzustellen.
In den vergangenen Tagen war über die Möglichkeit von Massenprotesten im Herbst gegen die Regierungspolitik spekuliert worden. Unter anderem die Linke will Demonstranten organisieren. Auch die Rechte mobilisiert. In Neuruppin hatte sowohl die Linke als auch die AfD zu Gegendemonstrationen aufgerufen.
Keine Massen - etwa 300 Protestierende
Von Massen konnte in Neuruppin aber keine Rede sein - schätzungsweise kamen etwa 300 Protestierende an den Rand des abgesperrten Veranstaltungsgeländes. Die meisten schienen AfD-Anhänger zu sein. Sie riefen »Volksverräter«, »Lügner« und »Hau ab«.
Die Polizei nannte zunächst keine Teilnehmerzahl. Nach Angaben einer Polizeisprecherin gab es eine Anzeige wegen Widerstands, weil eine Person den abgesperrten Bereich nicht verlassen wollte. Personalien seien festgestellt worden. Verstöße gegen das Versammlungsgesetz würden geprüft.
Scholz: »Da muss noch mehr passieren«
Scholz redete über eine Lautsprecheranlage gegen den Lärm an. Dabei versprach er erneut ein neues Entlastungspaket. Die bisherigen Beschlüsse der Ampel-Koalition brächten den Bürgern 30 Milliarden Euro, und noch nicht alles davon sei angekommen, sagte der SPD-Politiker. Klar sei aber: »Da muss noch mehr passieren.« Darüber werde die Regierung »in den nächsten Tagen« entscheiden.
Auf die Frage eines Sechstklässlers sagte Scholz zu, dass trotz Gasmangels der Schulbetrieb im Winter einschließlich Aktivitäten in Turnhallen gesichert würden. »Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass wir das hinkriegen.« Die ab Oktober geltende Gasumlage verteidigte der Kanzler.
Auch das Handeln der Regierung nach dem russischen Angriff auf die Ukraine rechtfertigte Scholz. Er äußerte zudem »ernsthafte Sorge« über die Lage am ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja. Die Bundesregierung werde weiter darauf hinwirken, eine dramatische Situation vor Ort abzuwenden, sagte der SPD-Politiker. Es sei »eine ganz, ganz gefährliche Entwicklung, die da stattfinden kann«. Das größte Atomkraftwerk Europas ist von russischen Truppen besetzt und wurde in den letzten Tagen mehrfach beschossen. Die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig dafür verantwortlich.
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