Logo
Aktuell Inland

Kabinett bringt Etat 2022 auf den Weg

Schon jetzt weiß Finanzminister Lindner, dass er seinen Haushalt für das laufende Jahr nachbessern muss. Der Ukraine-Krieg kann noch teuer werden. An einem Vorhaben für 2023 will er aber nicht rütteln.

Christian Lindner
»Müssen davon ausgehen, dass auch zusätzliche Ausgaben auf uns zukommen werden«: Bundesfinanzminister Christian Lindner. Foto: Michael Kappeler
»Müssen davon ausgehen, dass auch zusätzliche Ausgaben auf uns zukommen werden«: Bundesfinanzminister Christian Lindner.
Foto: Michael Kappeler

Die Bundesregierung hat den ersten regulären Haushalt der Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP auf den Weg gebracht. Wie viele neue Schulden in diesem Jahr wirklich aufgenommen werden müssen, bleibt aber erst einmal offen.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) will abwarten, wie sich der Krieg in der Ukraine hierzulande weiter auswirkt. Dann soll der Haushalt ein Update mit möglichen zusätzlichen Hilfen für Bürger und Wirtschaft bekommen.

Eigentlich wäre der Etat 2022 ein »Schritt zur Normalisierung der Haushaltspolitik nach den Pandemiehaushalten« mit weniger neuen Schulden gewesen, sagte der Finanzminister in Berlin. Doch der Krieg in der Ukraine habe die Lage fundamental verändert. »Nun müssen wir davon ausgehen, dass auch zusätzliche Ausgaben auf uns zukommen werden.« Wie hoch diese genau sind und wie die Bürger etwa beim Tanken entlastet werden sollen, ist noch offen.

Mit diesen Eckdaten plant die Bundesregierung - bis ein sogenannter Ergänzungshaushalt in den Bundestag eingebracht wird:

Neuverschuldung: Im Kernhaushalt sollen 99,7 Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen werden. Dieses Volumen hatte Lindners Vorgänger, der jetzige Kanzler Olaf Scholz (SPD), bereit eingeplant. Der FDP-Chef versicherte, trotz zusätzlicher Belastungen durch Corona und Ukraine-Krieg werde diese Summe nicht überschritten. Das geplante Update könnte aber humanitäre Hilfe im Ausland, Ausgaben für Geflüchtete in Deutschland, Hilfen für die Wirtschaft und Entlastungen für die Bürger enthalten.

Verteidigung: Einen neuen Schwerpunkt legt die Bundesregierung angesichts des Kriegs auf die Bundeswehr. Der reguläre Verteidigungsetat steigt auf 50,3 Milliarden Euro - höher als von der Vorgängerregierung vorgesehen. Hinzu kommt das über mehrere Jahre angelegte Sondervermögen über 100 Milliarden. Mit Abbuchungen aus diesem Sondervermögen werde Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel der Nato erfüllen, sagte Lindner. Wofür das Geld ausgegeben wird, ist noch umstritten.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) kündigte an, aus der Bundeswehr eine »hochmoderne Armee« machen zu wollen. »Mein Ziel ist eine vollausgestattete Bundeswehr, die uns und unsere Bündnispartner zuverlässig schützt; eine Armee, die Deutschland zu einem starken militärischen Kooperationspartner in Europa macht - und damit zu einem europäischen Kräfteverstärker in Nato und EU.«

Energiewende:Der Haushalt fasst die Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag in Zahlen - ein Schwerpunkt liegt daher bei Klimaschutz und Energiewende. Der Etat von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wird aufgestockt. Aus dem Klima- und Transformationsfonds sollen bis 2026 rund 200 Milliarden ausgegeben werden. Das Ministerium nennt die Reform der Gebäudesanierung und den Umweltbonus zur Förderung der Elektromobilität als große Faktoren. Auch der Ukraine-Krieg zeigt Auswirkungen. So sind 1,5 Milliarden für eine Gasreserve vorgesehen. Habeck: »Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat mehr als deutlich gemacht, dass wir von russischen Energieimporten unabhängig werden müssen.«

Entlastungen:Ein erstes Paket hatte die Koalition schon vor dem Krieg geschnürt, weil die Energiepreise bereits in die Höhe schossen. Im Haushalt werden Steuererleichterungen wie eine höhere Pauschale für Fernpendler und eine höhere Werbungskostenpauschale finanziert. Ein großer Brocken ist zudem die Abschaffung der EEG-Umlage von der Stromrechnung ab Jahresmitte. Dazu gibt es Heizkostenzuschüsse und Einmalzahlungen für besonders Bedürftige.

Linder und seine Koalitionspartner haben aber bereits klar gemacht, dass das nicht ausreichen wird. Der FDP-Chef hält trotz Kritik am Vorschlag für einen Tankzuschuss fest. Das von den Grünen geforderte Energiegeld hält er nicht für geeignet. Es sei Teil der langfristigen Klimastrategie, könne aber nicht kurzfristig zum Einsatz kommen. Lindner verteidigte seine Haltung, nicht nur Bedürftige zu entlasten, sondern alle - unabhängig vom Einkommen. Es gehe auch darum, etwas gegen die »gefühlte Inflation in den Portemonnaies« zu tun.

Der letzte Pandemie-Haushalt?:Der Finanzminister geht davon aus, dass der Etat 2022 der letzte maßgeblich von der Corona-Pandemie geprägte Haushalt sein wird. Tatsächlich sind darin noch einmal viele pandemiebedingte Ausgaben vorgesehen, etwa 10 Milliarden Euro für Unternehmenshilfen, ein Sonderfonds für Kulturveranstaltungen über 1,9 Milliarden, Impfstoffbeschaffung für 4,3 Milliarden. Hinzu kommen hohe Kosten zur Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser und der Bonus für Pflegekräfte in Krankenhäusern und der Altenpflege.

2023 und die Zukunft der Schuldenbremse: Für das kommende Jahr plant Lindner wieder mit Einhaltung der Kreditobergrenze im Grundgesetz. Das bedeutet keine »schwarze Null« - er will 7,5 Milliarden Euro Kredite aufnehmen. Diese geringe Summe lässt die Schuldenbremse im Grundgesetz zu. Die Regel konnte wegen der Corona-Krise ausgesetzt werden. 2023 müsse sie aber wieder regulär greifen, sagte Lindner. »Das ist ein Befehl unserer Verfassung an den Gesetzgeber.« Der Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler meint hingegen: »Ich halte es für gut möglich, dass wir für das Jahr 2023 die Notfallregel der Schuldenbremse erneut ziehen müssen.«

Die Opposition: Die Union hält den Haushalt für geschönt. »Diese Zahlen sind letztlich nur reines Marketing. Sie sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen«, erklärte Haushälter Christian Haase. Lindner laufe der Entwicklung hinterher, wenn er jetzt schon eine Nachbesserung ankündigen müsse. Die aktuellen Sorgen und Nöte der Menschen spiegele der Entwurf jedenfalls nicht wider. »Es wird Zeit, dass die Regierung die richtigen Prioritäten setzt und nicht den Eindruck erweckt, es ließe sich alles finanzieren«, so Haase.

© dpa-infocom, dpa:220316-99-547332/3