Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat sich zu dem Anschlag auf einen Sikh-Tempel in der afghanischen Hauptstadt Kabul am Wochenende bekannt.
Der Angriff sei die Rache für herabwürdigende Kommentare aus Indien über den Propheten Mohammed, erklärte die dschihadistische Gruppe auf ihrem Telegram-Kanal.
Zur Zahl der Opfer des Anschlags gab es unterschiedliche Angaben - dem von den militant-islamistischen Taliban geführten Innenministerium zufolge starben zwei Menschen, sieben wurden verletzt. Der IS behauptete dagegen, die Angreifer hätten innerhalb mehrerer Stunden rund 50 Menschen verletzt oder getötet, darunter Hindus, Sikhs sowie Sicherheitskräfte der militant-islamistischen Taliban.
Explosionen und Schüsse
Bewaffnete waren am Samstag in den Gurudwara, die Gebetsstätte der religiösen Minderheit, eingedrungen, hatten dort um sich geschossen und Handgranaten geworfen. Wie auf Bildern örtlicher Journalisten zu erkennen war, wurde der Tempel im Kabuler Stadtteil Karte Parwan erheblich beschädigt. Die Explosionen lösten auch einen Brand aus, im Internet verbreitete Aufnahmen zeigten schwarzen Rauch, der vom Gebäude aufstieg.
Als Machthaber in Afghanistan lag es bei den Taliban, die Sicherheit wiederherzustellen. Nach eigenen Angaben umstellten sie den Tempel und sicherten das Gelände. Dabei fanden sie zwei Leichen, die sie als die Angreifer identifizierten. Wie die Attentäter starben, war unklar.
Laut dem Innenministerium hatten die Angreifer versucht, eine Autobombe in einer Menschenmenge zu zünden. Diese sei jedoch zu früh detoniert, dadurch sei niemand verletzt worden. Bilder zeigten die Schäden an mehreren Häusern nahe dem gesprengten Fahrzeug. Bei den vom Ministerium bestätigten Todesopfern handelte es sich demnach um ein Mitglied der Sikh-Gemeinde sowie eine Taliban-Sicherheitskraft.
Politiker im In- und Ausland verurteilten den Anschlag. Die Afghanistan-Mission der UN (Unama) forderte ein sofortiges Ende der Angriffe auf Zivilisten sowie den Schutz aller Minderheiten im Land einschließlich Sikh, Hasara und Sufis.
IS von vornherein im Verdacht
Der IS stand von vornherein im Verdacht, den Anschlag verübt zu haben. Wiederholt hat die Terrormiliz Orte und Angehörige der Sikh angegriffen. Attacken gibt es in Afghanistan immer wieder auch auf andere Minderheiten wie jene der nicht-sunnitischen Muslime.
Der IS richtet seine Gewalt grundsätzlich gegen Andersgläubige. Sikh sind aber auch wiederholt von Extremisten angegriffen worden, weil diese sie mit Anhängern anderer Religionen gleichsetzten. Der Sikhismus ist ein monotheistischer Glaube, der aus Indien stammt, und selbst dort nur eine kleine Minderheit bildet.
Der Sikh-Tempel in Kabul musste am Samstag offenbar als Symbol für Indien und den dort dominanten Hinduismus herhalten. Für Empörung und Proteste in mehreren muslimischen Ländern hatten Anfang Juni abfällige Äußerungen einer Sprecherin der indischen hindunationalistischen Regierungspartei BJP über den Propheten Mohammed gesorgt. Der IS hat auch ein Problem mit Indien, da sich das Land in jüngerer Zeit diplomatisch der Taliban-Regierung Afghanistans angenähert hat. Der IS und die Taliban sind Todfeinde, obwohl beide Gruppen sich aus Sunniten rekrutieren und ideologisch nahestehen.
Entsprechend gefährlich leben Anhänger religiöser Minderheiten in Afghanistan nicht erst seit der Machtübernahme der islamistischen Taliban im August 2021. Nach Angaben des afghanischen Sikh-Politikers Anarkali Honaryar leben noch weniger als 60 Hindus und Sikh im Land. Ein Großteil der Anhänger hatte die Hauptstadt Kabul bei der Machtübernahme der Taliban nach Möglichkeit verlassen.
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