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Integrationsbeauftragte erwartet mehr russische Asylbewerber

Fast 200.000 Flüchtlinge sind bereits aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Aber auch mehr Russen könnten bald ins Land kommen und um Asyl bitten.

Reem Alabali-Radovan
Die Integrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan (SPD) rechnet mit mehr russischen Asylbewerbern. Foto: Bernd von Jutrczenka
Die Integrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan (SPD) rechnet mit mehr russischen Asylbewerbern.
Foto: Bernd von Jutrczenka

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine dürfte nach Einschätzung der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, mittelfristig auch zu mehr Asylgesuchen russischer Staatsbürger führen.

»Ich denke, wir müssen schon damit rechnen, dass mehr Asylanträge gestellt werden von Menschen aus Russland«, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Jeder Mensch habe in Deutschland das Recht, einen Asylantrag zu stellen, das gelte natürlich auch für russische Staatsbürger. Wie bei allen anderen Asylanträgen werde es dann eine Einzelfallprüfung geben. »Ob es da nochmal konkrete, andere Schritte geben wird, dazu bin ich mit dem Bundesinnenministerium im Austausch«, fügte sie hinzu.

Im Januar stellten 172 Menschen aus der Russischen Föderation in Deutschland einen Asylantrag, im Februar waren es 187 Anträge. Einen deutlichen Anstieg der Zahlen hat das Bundesinnenministerium auch im März noch nicht registriert. Allerdings mehren sich die Berichte über Russen, die seit Beginn des Krieges in der Ukraine nach Armenien, Georgien oder ins Baltikum ausgereist sind.

Kein Problem bei Aufnahmekapazität

Sie sei in den vergangenen Wochen sehr beeindruckt vom Engagement ehrenamtlicher Helfer bei der Unterbringung und Versorgung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine gewesen, sagte Alabali-Radovan. Dennoch sei es wichtig, »dass der Staat vor Ort ist«. Sie sehe, was die Aufnahmekapazität angeht, aktuell kein Problem, sagte die SPD-Politikerin. In Schwerin sei beispielsweise mit Hilfe des Deutschen Roten Kreuzes innerhalb von zwei Tagen eine alte Berufsschule zur Unterkunft umfunktioniert worden. Das während der sogenannten Flüchtlingskrise von 2015 gesammelte Wissen darüber, wie so eine Situation zu bewältigt werden könne, sei in den Kommunen immer noch vorhanden.

Im Gegensatz zu 2015 kämen nun mehr ältere Menschen, viele Frauen mit Kindern und auch Kinder aus Waisenhäusern und Behindertenwerkstätten, was teilweise andere Lösungen erfordere. »Wir versuchen dafür zu sorgen, dass beispielsweise die Kinder aus den Waisenhäusern, die kommen, als Gruppe zusammenbleiben können«, sagte die Staatsministerin.

Fast 200.000 Flüchtlinge aus der Ukraine

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine sind nach offiziellen Zahlen bereits fast 200.000 Kriegsflüchtlinge von dort nach Deutschland gekommen. Wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums mitteilte, hat die Bundespolizei bislang die Einreise von 197.423 Flüchtlingen aus der Ukraine festgestellt. Die meisten Flüchtlinge sind Frauen und Kinder. Erfasst werden allerdings nur Geflüchtete, die von der Bundespolizei angetroffen werden, etwa an der österreichisch-bayerischen Grenze, an Bahnhöfen oder in Zügen.

Im Regelfall gibt es keine festen Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen, Ukrainer dürfen zudem ohne Visum einreisen - die Zahl der Angekommenen ist daher wahrscheinlich deutlich höher. Nicht erfasst wird außerdem, wie viele von ihnen womöglich von Deutschland aus weiterreisen zu Freunden oder Verwandten in anderen Staaten.

Andreas Roßkopf, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für die Bundespolizei, sprach sich dagegen aus, bei der EU-Kommission Grenzkontrollen anzumelden. Schließlich würden an der polnisch-ukrainischen Grenze bereits Kontrollen vorgenommen. »Dies läuft unseren Erkenntnissen nach auch sehr gut. Unsere polnischen Kolleginnen und Kollegen machen da einen tollen Job und kontrollieren sehr intensiv«, sagte Roßkopf.

Nach UN-Angaben haben bereits mehr als 3,1 Millionen Menschen aus der Ukraine im Ausland Zuflucht gesucht. Die meisten blieben zunächst in den Nachbarländern. Allein in Polen kam rund zwei Millionen Menschen an.

© dpa-infocom, dpa:220318-99-569308/3