Mehrere Bundesländer dringen auch angesichts des Flüchtlingszustroms aus der Ukraine auf weitere Bundeshilfen für die Corona-Impfzentren.
Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg mahnten eine verlässliche Beteiligung bei der Finanzierung an. »Unsere Forderung ist, dass sich der Bund wie bisher mit 50 Prozent an den Kosten beteiligt«, sagte Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne der Deutschen Presse-Agentur. Grimm-Benne ist derzeit Vorsitzende der Konferenz der Ländergesundheitsminister.
Sie hoffe auf eine Einigung bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 7. April, sagte die SPD-Politikerin. Die Regierungschefs wollen mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) verschiedene Finanzierungsfragen zur Versorgung von Geflüchteten aus der Ukraine klären.
Minister pochen auf Zusage von Lauterbach
Gesundheitsminister Karl Lauterbach habe eine Mitfinanzierung der Impfzentren bis Jahresende zugesagt, und man erwarte, dass er sich an diese Zusage halte, sagten die Gesundheitsminister von Bayern und Nordrhein-Westfalen, Klaus Holetschek (CSU) und Karl-Josef Laumann (CDU), der Deutschen Presse-Agentur.
Aktuell beteiligt sich der Bund zur Hälfte an den Kosten der Impfzentren. Holetschek kritisierte, der derzeitige Entwurf des Bundes für die neue Impfverordnung sehe die versprochene anteilige Finanzierung bis Jahresende nicht vor. »Wir sind irritiert über die Ankündigung des Bundes, die Finanzierung der Impfinfrastruktur nur bis Mitte des Jahres übernehmen zu wollen«, sagte eine Sprecherin des Sozialministeriums in Baden-Württemberg. Grimm-Benne warnte, der Bund wolle den Anteil ab Juli womöglich auf 25 Prozent reduzieren.
Das Impfen gegen das Coronavirus kommt nur noch sehr langsam voran. Am Freitag wurden 36.000 Dosen verabreicht. Den Grundschutz, für den meist zwei Spritzen notwendig sind, haben 76,0 Prozent der Bevölkerung. 58,8 Prozent haben nach RKI-Angaben vom Samstag zusätzlich eine Auffrischungsimpfung (Booster) bekommen. Ungeimpft sind 23,4 Prozent - wobei für 4,8 Prozent der Menschen bisher noch kein Impfstoff zugelassen ist, weil sie unter fünf Jahre alt sind.
Bayern stehe zu dem Vorhaben, die Impfzentren bis Jahresende weiter zu betreiben und zu finanzieren, betonte Holetschek. »Wir müssen für den Fall neuer Infektionswellen gewappnet sein. Zudem müssen wir auf Entwicklungen wie neue Impfstoffe oder Impfstoffzulassungen für weitere Altersgruppen sowie eine mögliche allgemeine Impfpflicht vorbereitet sein.«
In Baden-Württemberg hält das Ministerium eine Aufrechterhaltung der Impfinfrastruktur ohne die finanzielle Unterstützung nicht für möglich. Das Land habe im Vertrauen auf die Zusage des Bundes bis Ende September geplant. Allerdings will das Land sein Impfangebot wegen fehlender Nachfrage und enorm hoher Kosten herunterfahren. Es soll nur noch ein mobiles Impfteam und einen Stützpunkt pro Stadt- und Landkreis geben.
Auch Masernimpfungen für ukrainische Kinder?
Neben Corona-Schutzimpfungen sollen die Impfzentren nach dem Willen der Gesundheitsminister zusätzliche Aufgaben übernehmen. Man könne sie etwa nutzen, um Geflüchteten aus der Ukraine Impfangebote zu machen. Dabei gehe es auch um Masernimpfungen, die für Kinder ab dem ersten Lebensjahr vorgeschrieben sind, wenn sie neu in die Kita oder Schule kommen.
Laumann sagte: »Ohne das gut laufende System der Impfstrukturen werden die Kommunen im Land zusätzlich belastet. Die erforderliche Hilfe für die geflüchteten Menschen wird dann nur schwer kurzfristig realisierbar sein.«
Auch die bisher ungeklärte Frage einer möglichen allgemeinen Impfpflicht spiele eine Rolle bei dem Gedanken, die Impfzentren weiter zu betreiben, sagte Grimm-Benne. Man müsse die Entscheidung des Bundestages abwarten. »Wir wollen nicht wieder in die Situation kommen, dass wir im Herbst Impfzentren neu aufbauen müssen«, betonte sie.
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