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IAEA: Sorge um Kontrolle am AKW Saporischschja

Nach Angaben der Ukraine haben Russen am Atomkraftwerk Saporischschja jetzt das Sagen, Russland dementiert. Die unklare Lage verletze eine der sieben unabdingbaren Säulen für die Sicherheit, warnt die IAEA.

Atomkraftwerk Saporischschja
Das Atomkraftwerk Saporischschja. Foto: Uncredited
Das Atomkraftwerk Saporischschja.
Foto: Uncredited

Bei dem von russischen Truppen besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja herrscht Unklarheit, wer für Betrieb und Sicherheit verantwortlich ist.

Der ukrainische Atomkraftbetreiber Enerhoatom meldete der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, das Atomkraftwerk stehe »unter der Kontrolle des Befehlshabers der russischen Streitkräfte«, wie die IAEA am Samstagabend berichtete.

Das Management müsse sich in allen operativen Fragen mit den russischen Streitkräften abstimmen, auch in technischen Fragen. Der russische Staatskonzern Rosatom dementierte dagegen im Austausch mit der IAEA, die operationelle Kontrolle übernommen zu haben.

IAEA: Nuklearsicherheit verletzt

Die derzeitige Situation verletze eine der sieben unverzichtbaren Säulen der Nuklearsicherheit, warnte IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi am Samstagabend. Dabei handele es sich um die Säule »Das Betriebspersonal muss in der Lage sein, seine Aufgaben im Bereich der Sicherheit zu erfüllen und Entscheidungen frei von ungebührlichem Druck zu treffen«.

Grossi hat große Sorge über die Sicherheit der ukrainischen Atomanlagen geäußert. Die IAEA sei bereit, vor Ort zu helfen, dies setze aber eine dringend nötige Vereinbarung über die Sicherheit der Atomanlagen zwischen Russland und der Ukraine voraus. Darüber hatte Grossi am Donnerstag im türkischen Antalya mit den Außenministern Russlands und der Ukraine, Sergej Lawrow und Dmytro Kuleba, gesprochen.

Sicherheit der Anlage soll bewertet werden

Nach Angaben aus Kiew sind am Atomkraftwerk Saporischschja neben rund 400 Soldaten auch elf Beschäftigte des russischen Staatskonzerns Rosatom eingetroffen, darunter zwei Ingenieure. Vertreter einer selbst ernannten militärisch-zivilen Verwaltung hätten erklärt, dass die Gruppe die Sicherheit der Anlage bewerten solle und auch für Reparaturarbeiten zuständig sei.

Die russische Rosatom bestätigte die Präsenz mehrerer russischer Experten an Europas größtem Atomkraftwerk. Sie stünden dem ukrainischen Fachpersonal »beratend zur Seite«. Verwaltung und Betrieb lägen in der Hand der Ukraine.

Die Ukraine berichtete der IAEA auch, dass Russland plane, Rosatom die volle und ständige Kontrolle über Saporischschja zu übergeben. Russland dementierte dies gegenüber der IAEA.

An dem Atomkraftwerk hatte vor mehr als einer Woche nach ukrainischen Angaben ein Ausbildungsgebäude unweit eines Reaktors gebrannt, nachdem es unter Beschuss geraten sein soll. Nach Angaben der IAEA funktioniert inzwischen die automatische Übertragung von Daten nach einer Unterbrechung wieder.

Stromversorgung in Tschernobyl läuft wieder

Das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl ist ukrainischen Angaben zufolge wieder vollständig an die Stromversorgung angeschlossen. »Heute ist es unseren Atomwissenschaftlern und Elektrikern (...) gelungen, die Stromversorgung des von den russischen Besatzern beschlagnahmten Kernkraftwerks Tschernobyl wiederherzustellen«, teilte der ukrainische Betreiber Enerhoatom am Sonntagabend auf Telegram mit. Damit liefen die Kühlsysteme des Lagers für abgebrannten Kernbrennstoff nun wieder normal und nicht länger nur über eine Notstromversorgung.

Das von russischen Einheiten besetzte Atomkraftwerk Tschernobyl war am vergangenen Mittwoch von der Stromversorgung abgeschnitten worden. Stromleitungen seien durch Beschuss beschädigt worden, teilte die ukrainische Seite damals mit. Russland gab seinerseits ukrainischen »Nationalisten« die Schuld. In Tschernobyl kam es 1986 zu einem verheerenden Atomunfall. Noch heute werden dort radioaktive Abfälle gelagert.

»Ich bin nach wie vor sehr besorgt über die Sicherheit in Tschernobyl und an den anderen Nuklearanlagen der Ukraine«, teilte der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi unterdessen am Sonntagabend in Wien mit. Die ukrainischen Angestellten führten in Tschernobyl keine Reparatur- und Wartungsarbeiten an den Sicherheitseinrichtungen mehr aus, berichtete Grossi unter Berufung auf den Betreiber.

Das liege unter anderem daran, dass die 211 Techniker und Wachen dort seit drei Wochen ununterbrochen gearbeitet hätten und physisch und psychisch erschöpft seien. Die übliche Rotation des Personals sei durch die russische Einnahme des Geländes nicht mehr möglich gewesen. Grossi rief Russland und die Ukraine erneut auf, eine Rahmenvereinbarung zu unterzeichnen, die die Sicherheit der ukrainischen Atomanlagen garantieren soll. Erst mit der Unterschrift sei die IAEA in der Lage, Hilfe zu leisten. Darüber hatte Grossi am Donnerstag im türkischen Antalya persönlich mit den Außenministern Russlands und der Ukraine, Sergej Lawrow und Dmytro Kuleba, gesprochen.

© dpa-infocom, dpa:220313-99-501049/5