BIARRITZ/WASHINGTON. Im Iran-Konflikt zeichnet sich nach einer langen Phase der Eskalation nun eine Annäherung ab: Plötzlich stehen Verhandlungen, Kredite und sogar ein Treffen des US-Präsidenten mit seinem iranischen Kollegen im Raum.
Es gebe eine gute Chance für eine Zusammenkunft mit dem iranischen Präsidenten Hassan Ruhani, erklärte US-Präsident Donald Trump am Montag zum Abschluss des G7-Gipfels großer Industriestaaten. Doch viel kann bis zu einer solchen historischen Begegnung noch schiefgehen. Die USA pflegen seit Jahrzehnten keine diplomatischen Beziehungen mehr mit Teheran.
Gastgeber Emmanuel Macron sagte in Biarritz, die Beratungen hätten neue Bewegung in die gefährliche Irankrise gebracht, auch im Hinblick auf ein Treffen zwischen Trump und Irans Präsident in den kommenden Wochen. »Ich denke, das die Begegnung stattfinden kann«, sagte der französische Präsident Macron am Montag. Trump sagte: »Ich denke, es gibt eine sehr gute Chance, dass wir uns treffen.« Trump und Ruhani werden Ende September an der UN-Vollversammlung in New York teilnehmen, sollten sich dort aber nach bisherigen Plänen nicht begegnen.
Das bislang letzte bilaterale Treffen zwischen Spitzenvertretern der USA und des Irans hatte 1977 stattgefunden. Damals traf US-Präsident Jimmy Carter in Teheran Schah Mohammed Reza Pahlavi. Danach herrschte, abgesehen von einem Telefonkontakt zwischen Barack Obama und Ruhani im Jahr 2013, auf höchster Ebene Funkstille.
Trump hatte das internationale Atomabkommen mit dem Iran einseitig aufgekündigt, weil es aus seiner Sicht nicht weit genug geht. Er vertritt seither den Kurs, Iran mit maximalem politischen und wirtschaftlichen Druck zu einem Kurswechsel der als aggressiv erachteten Außenpolitik zu zwingen. Harte Wirtschaftssanktionen haben bislang allerdings die Spannungen weiter angeheizt - unter anderem mit der Folge, dass der Schiffsverkehr und damit der Öltransport durch die Straße von Hormus als nicht mehr sicher gilt. Die Sanktionen haben den Iran in eine Wirtschaftskrise schlittern lassen.
Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif stellte den Europäern, die sich um die Aufrechterhaltung des Atomabkommens bemühen, eine Bedingung für Irans Kooperation. »Wir wollen nur in der Lage sein, Öl zu verkaufen und unser Geld zu bekommen«, sagte in einem Interview der »Süddeutschen Zeitung« (Dienstag). Sarif rief die am Atomabkommen beteiligten Europäer - Frankreich, Deutschland und Großbritannien - auf, sich nicht von den USA einschüchtern zu lassen. »Die USA können Europa nicht ihren Willen aufzwingen, Europa muss darauf reagieren. Realismus heißt nicht, sich der Nötigung zu unterwerfen.«
Beim G7-Gipfel wurde auch die Möglichkeit kurzfristiger Kredite für den Iran, die mit Öl abgesichert würden, erörtert, wie Trump sagte. Damit könnte Teheran beim Abschluss eines umfassenden Abkommens geholfen werden, die eigene Wirtschaft zu stabilisieren.
Sarif war von Frankreich am Wochenende völlig überraschend an den Tagungsort des G7-Gipfels eingeladen worden. Macron traf sich am Sonntagabend selbst mit Sarif und unterrichtete ihn - in Rücksprache mit Trump - über die Gespräche der Staats- und Regierungschefs. »Wir haben große Einigkeit gehabt, selbst beim Iran«, sagte Trump bei einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel. Die Gespräche der Europäer mit dem Iran seien im Kreis der Staats- und Regierungschefs ausdrücklich begrüßt worden, sagte Merkel und fügte hinzu: »Der feste Wille zu sprechen, ist schon mal ein großer Fortschritt.« (dpa)