PANMUNJOM. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hat seinen Willen zu einem vollständigen Abbau seines Atomwaffenprogramms bekräftigt.
Bei dem historischen Korea-Gipfel im Grenzort Panmunjom unterzeichnete Kim mit Südkoreas Präsident Moon Jae In eine gemeinsame Erklärung, die eine »neue Ära des Friedens« einläuten soll. Beide umarmten sich nach der Unterzeichnung.
Das seit dem Ende des Koreakrieges vor 65 Jahren gültige Waffenstillstandsabkommen soll noch in diesem Jahr durch einen Friedensvertrag ersetzt werden.
Für den Gipfel hatte Kim als erster nordkoreanischer Führer seit dem Ende des Korea-Krieges (1950-53) die Grenze überquert und südkoreanischen Boden betreten. Der Machthaber wurde direkt an der Demarkationslinie in der gemeinsamen Sicherheitszone von Moon Jae In empfangen. Beide Staatschefs begrüßten sich herzlich mit Handschlag. Moon empfing Kim sogar mit militärischen Ehren. Beide marschierten an einer Ehrengarde von 300 Soldaten aller drei Waffengattungen der südkoreanischen Streitkräfte vorbei.
Süd- und Nordkorea bestätigten in der »Panmunjom-Erklärung«, ihr gemeinsames Ziel sei die Schaffung einer atomwaffenfreien koreanischen Halbinsel durch »die vollständige Denuklearisierung«. Für einen Friedensvertrag zum formellen Ende des Koreakrieges sollen Gespräche zu dritt mit den USA oder zu viert mit China aufgenommen werden. »Wir erklären, dass kein Krieg mehr auf der koreanischen Halbinsel ausbrechen wird«, hieß es in der Erklärung.
Machthaber Kim sagte, beide Koreas sollten nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen. »Ich stehe hier und sehe, dass Süd- und Nordkorea ein Volk sind und das gleiche Blut in den Adern haben«, sagte er. »Wir können nicht voneinander getrennt sein.« Bei seiner Zusage, eine Beseitigung seiner Atomwaffen anzustreben, kündigte Kim allerdings keine spezifischen Maßnahmen an, wie dieses Ziel erreicht werden soll. Auch wurde sein Raketenprogramm nicht erwähnt.
Beide Koreas äußerten gleichwohl ihre Ansicht, dass die jüngsten Maßnahmen sehr wichtig für die Denuklearisierung seien. Allerdings waren schon frühere Versprechen zur atomaren Abrüstung wieder im Sande verlaufen, weil sie an der Umsetzung scheiterten.
Ein Ende des Atomwaffenprogramms wird in wenigen Wochen wieder im Mittelpunkt des Treffens zwischen Kim und US-Präsident Donald Trump stehen, das Ende Mai oder Juni geplant ist. Ort und Termin sind noch nicht bekannt.
Auch zwischen beiden Koreas werden die Gipfelgespräche weitergehen. Moon nahm eine Einladung nach Pjöngjang an und will noch im Herbst zum nächsten innerkoreanischen Gipfel in Nordkoreas Hauptstadt reisen. Auch Kim äußerte seine Bereitschaft, in den Präsidentensitz nach Seoul zu kommen, wenn er eingeladen wird.
Um die Spannungen weiter abzubauen, wollen beide Seiten regelmäßig militärische Gespräche auf Ebene der Verteidigungsminister oder Generäle aufnehmen. Sie wollen alle Feindseligkeiten, die Quelle militärischer Spannungen zu Lande, zu Wasser und in der Luft seien, gegen die andere Seite einstellen, geht aus der Erklärung hervor.
Vom 1. Mai an sollen auch alle feindseligen Handlungen wie die Lautsprecherdurchsagen an der Grenze und die Verbreitung von Flugblättern in der Demilitarisierten Zone (DMZ) eingestellt werden. »Die DMZ wird in Zukunft praktisch zu einer Friedenszone werden.«
Beide bekräftigten auch ihren Nicht-Angriffs-Pakt. Süd- und Nordkorea wollten aktiv zusammenarbeiten, um ein dauerhaftes Friedenssystem aufzubauen, heißt es weiter. Die Einrichtung eines Friedenssystems sei eine historische Aufgabe, die nicht mehr aufgeschoben werden könne. Beide Seiten einigten sich auch auf die Wiederaufnahme gemeinsamer humanitärer Projekte wie die Treffen von durch den Krieg auseinandergerissenen Familien - das nächste soll im August stattfinden.
Die erste Begegnung zwischen Kim und Moon ist nach 2000 und 2007 in Pjöngjang der erst dritte innerkoreanische Gipfel, aber der erste seit der Eskalation der Spannungen über die Atom- und Raketentests im vergangenen Jahr.
Kim betrat als erster nordkoranischer Machthaber südkoreanischen Boden. Spontan forderte er dann den südkoreanischen Präsidenten auf, seinerseits die Betonschwelle im Boden, die die Grenzlinie kennzeichnet, auch nach Norden zu überqueren. Moon betrat damit erstmals nordkoreanischen Boden, was vorher nicht geplant war. Zwischen den blauen Baracken, die beide Seiten nach dem Krieg für Besprechungen nutzten, markiert die betonierte Schwelle zwischen dem Sandfeld im Norden und dem Kiesbett im Süden die Demarkationslinie.
»Mit dem Moment, in dem der Vorsitzende Kim die militärische Demarkationslinie überschritten hat, wurde Panmunjom zu einem Symbol des Friedens, nicht der Teilung«, sagte Moon zum Gesprächsbeginn, der live im Fernsehen übertragen wurde. Nach einer ersten Gesprächsrunde kehrte Kim über Mittag zum Essen und für eine Pause auf nordkoreanische Seite zurück.
In der zweiten Runde am Nachmittag pflanzten Kim und Moon gemeinsam einen Baum an der Demarkationslinie, der für »Frieden und Wohlstand« stehen soll. Es ist eine Pinie aus dem Jahr 1953, als der Waffenstillstand vereinbart wurde. Zur Symbolik trug weiter bei, dass beide Staatschefs jeweils Erde und Wasser von berühmten Bergen und Flüssen auf beiden Seiten für die Zeremonie benutzten. Beide machten einen Spaziergang und ließen sich zu einem Gespräch unter vier Augen an einem Tisch auf der Plattform einer Fußgängerbrücke auf dem Naturgelände in Panmunjom nieder.
Die USA blicken mit großen Erwartungen auf den Korea-Gipfel. »Wir sind hoffnungsvoll, dass die Gespräche Fortschritt in Richtung einer Zukunft von Frieden und Wohlstand für die gesamte koreanische Halbinsel erzielen«, teilte das Weiße Haus mit. Die USA fordern ein klares Bekenntnis Kims zur Denuklearisierung, womit sie eine baldige, überprüfbare und nicht umkehrbare Beseitigung der Atomwaffen meinen.
Nordkoreas Machthaber hatte aber erst am vergangenen Freitag, als er überraschend die Einstellung seiner Atom- und Raketentests verkündet hatte, die Vollendung des Atomprogramms als »großen Sieg« gefeiert. Er sprach nur allgemein davon, dass Nordkorea mit diesem Teststopp zur »weltweiten Abrüstung« beitrage. Experten sind deswegen skeptisch, ob er seine nuklearen Waffen aufgeben will. Sie sehen seinen Willen zur Beseitigung seiner Atomwaffen eher im Rahmen der globalen Abrüstungsbemühungen aller Nuklearmächte.
Nordkoreas Machthaber wurde begleitet vom protokollarischen Staatsoberhaupt Kim Yong Nam und seiner Schwester Kim Yo Jong, die als seine Stabschefin fungiert. Beide hatten schon an den Olympischen Winterspielen teilgenommen. Die enge Vertraute Kims wich ihm kaum von der Seite und nahm auch an Gesprächen teil. Nur kurzfristig wurde die Teilnahme von Kims Ehefrau Ri Sol Ju bei dem Abendbankett verkündet. (dpa)