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Heusgen für Reform des UN-Sicherheitsrats

Am Montag beginnt in New York die Woche der UN-Generalversammlung. Der frühere Ständige Vertreter Deutschlands setzt sich für eine Runderneuerung der Vereinten Nationen ein.

Heusgen für Reform des UN-Sicherheitsrats
Christoph Heusgen sieht afrikanische Staaten als unterrepräsentiert. Foto: Jörg Carstensen/DPA
Christoph Heusgen sieht afrikanische Staaten als unterrepräsentiert.
Foto: Jörg Carstensen/DPA

Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat sich für eine Reform des UN-Sicherheitsrats mit einer stärkeren Rolle Afrikas ausgesprochen. Afrikanische Staaten seien im mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen unterrepräsentiert, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. »Es ist höchste Zeit, dass das verändert wird.« Die frühere Forderung nach einem ständigen Sitz Deutschlands im Sicherheitsrat hält Heusgen dagegen für überholt - auch wenn die Bundesrepublik als zweitgrößter Geber zum System der Vereinten Nationen beitrage.

Unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war Heusgen außen- und sicherheitspolitischer Berater. Von 2017 bis Juni 2021 arbeitete er als Ständiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen in New York.

An diesem Montag beginnt in der US-Metropole New York die UN-Vollversammlung. Dort wird es auch eine Sitzung des Sicherheitsrats zum Thema Ukraine geben. Neben Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nehmen weitere deutsche Ministerinnen und Minister an den Beratungen teil.

Heusgen: China blockiert Reform des Sicherheitsrats

Heusgen forderte, den UN-Sicherheitsrat an die Entwicklungen seit dessen bislang letzter Reform in den 1960er-Jahren anzupassen. »Das heißt: eine stärkere Berücksichtigung Lateinamerikas, Asiens und vor allen Dingen Afrikas.« Eine Mitgliedschaft der Afrikanischen Union oder auch der Europäischen Union sei nach der UN-Charta nicht möglich - nur individuelle Länder können demnach Mitglieder sein.

Heusgen nannte es erstaunlich, wie oft er als UN-Botschafter erlebt habe, »wie gerade China, das sich immer als Fürsprecher der sogenannten Entwicklungsländer aufspielt, dasjenige Land ist, was am stärksten eine Reform des Sicherheitsrates blockiert«. Peking setze afrikanische Länder »sogar richtig unter Druck, damit man in dieser Frage nicht weiterkommt«. Der 68-Jährige hat auch eine Vermutung, warum das so sei: »China will letztlich verhindern, dass seine privilegierte Stellung im Sicherheitsrat durch zusätzliche ständige Mitglieder relativ geschwächt wird.«

Gegen ständigen deutschen Sicherheitsratssitz

Deutschland habe während der 50 Jahre seiner UN-Mitgliedschaft »immer eine sehr konstruktive und sehr anerkannte Rolle bei den Vereinten Nationen gespielt«, sagte Heusgen. Auf dieser Grundlage und auch wegen seiner wirtschaftlichen Stärke habe Deutschland jahrelang einen permanenten Sitz im Sicherheitsrat gefordert. »Ich halte diese Forderung heute für überholt.«

Im Sicherheitsrat haben die fünf ständigen Mitglieder USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien Vetorecht und können damit alle Handlungen blockieren. Das wurde auch immer wieder während des Ukraine-Kriegs sichtbar. Neben den fünf Veto-Mächten hat das Gremium zehn weitere Mitglieder, die regelmäßig rotieren.

Es sei »aufgrund der weltweiten demografischen Entwicklung nicht mehr angemessen, dass Europa mit drei Ländern, die über ein Veto-Recht verfügen, im Sicherheitsrat vertreten ist«, sagte Heusgen. Dies müsse man sich »im Hinblick auf eine gerechtere Verteilung der Sitze im Sicherheitsrat eingestehen«. Allerdings sollte sich Frankreich nach Meinung Heusgens als einziges EU-Mitgliedsland mit einem ständigen Sitz bereit erklären, »seinen Sitz als einen europäischen Sitz zur Verfügung zu stellen bei Themen, bei denen die Europäische Union eine gemeinsame Position vertritt«, verlangte Heusgen.

Deutschland solle sich zudem weiterhin um eine Reform bemühen, die einer Regelung wie im UN-Menschenrechtsrat nahe komme, sagte Heusgen. Dort gebe es sogenannte semi-permanente Sitze. Das bedeute, dass Länder unmittelbar wiedergewählt werden und länger als nur zwei Jahre in diesem Gremium bleiben könnten. »Damit hätten Länder, die einen besonders wichtigen Beitrag zur UN leisten, die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum Mitglied zu bleiben.«

© dpa-infocom, dpa:230916-99-213926/2