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Harte Arbeit an Feuerpausen-Deal im Gaza-Krieg

Bei den Vermittlern im Gaza-Krieg herrscht anscheinend verhaltener Optimismus. Die Rede ist von »bedeutenden Fortschritten«. Die News im Überblick.

Nahostkonflikt - Rafah
Rafah liegt in Trümmern. Die Hamas hält an ihrer Forderung nach einer permanenten Feuerpause fest, auf die Israel nicht eingehen will. Foto: Yasser Qudih/DPA
Rafah liegt in Trümmern. Die Hamas hält an ihrer Forderung nach einer permanenten Feuerpause fest, auf die Israel nicht eingehen will.
Foto: Yasser Qudih/DPA

Die internationalen Vermittler im Gaza-Krieg bemühen sich hinter den Kulissen weiter unter Hochdruck um eine befristete Feuerpause und eine Freilassung von Geiseln. Aus den USA und Katar, die zusammen mit Ägypten die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der islamistischen Hamas ermöglichen, kamen zuletzt verhalten optimistische Signale.

Im Gazastreifen setzt Israel derweil seine Militäroffensive fort, die wegen der vielen zivilen Opfer sowie großflächigen Zerstörung von Wohnhäusern und wichtiger Infrastruktur auf internationale Kritik stößt.

Verhaltener Optimismus bei Vermittlern

Es habe »bedeutende Fortschritte« gegeben, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, in Washington zu den Vermittlungsbemühungen. »Aber es ist noch nicht alles durch. (...) Die Teams arbeiten sehr, sehr hart daran, wir glauben, dass wir (einer Einigung) näherkommen.« Ähnlich äußerte sich ein Sprecher des katarischen Außenministeriums: »Wir bleiben optimistisch, auch wenn es keine besonderen Entwicklungen gibt. Die Bemühungen gehen weiter, alle Seiten stehen in ständigem Kontakt zueinander.«

US-Präsident Joe Biden hatte am Vortag seiner Zuversicht Ausdruck verliehen, dass eine sechswöchige Feuerpause bis zum muslimischen Fastenmonat Ramadan in Kraft treten könnte. Die den Muslimen besonders heilige Festperiode beginnt um den 10. März. »Es geht nicht darum, es mit aller Gewalt bis zum Ramadan hinzubekommen, sondern darum, die beiden Seiten zum Abschluss des Deals zu bringen«, sagte Kirby.

Die Konturen einer möglichen Vereinbarung zeichnen sich unterdessen immer deutlicher ab. Während der sechswöchigen Feuerpause solle die Hamas knapp 40 israelische Geiseln im Gegenzug für rund 400 Palästinenser in israelischen Gefängnissen freilassen, berichtete der israelische Fernsehsender Channel 12 unter Berufung auf Regierungskreise.

Der Plan sieht demnach vor, dass 7 israelische Zivilistinnen gegen 21 palästinensische Sicherheitshäftlinge ausgetauscht werden. Für 5 israelische Soldatinnen würden 90 palästinensische Häftlinge freikommen, von denen 15 wegen schwerer Terroranschläge verurteilt wurden. 15 männliche Geiseln im Alter von über 50 Jahren würden gegen 90 weitere palästinensische Häftlinge, 13 männliche Geiseln mit schweren Krankheiten oder Verletzungen gegen weitere 156 palästinensische Gefangene ausgetauscht werden. Außerdem sollen 40 weitere Palästinenser freikommen, die 2011 bei einem Austausch gegen den von der Hamas entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit freigelassen wurden und seitdem erneut in israelische Haft gelangt sind.

Israel bleibe aber pessimistisch, dass es zu einer zügigen Vereinbarung komme, berichtete Channel 12. Die Hamas hält wiederum - wie ein Sprecher in Beirut betonte - an ihrer Forderung nach einer permanenten Feuerpause fest, auf die Israel nicht eingehen will. Der jüdische Staat möchte sich die Möglichkeit der Fortsetzung des Krieges vorbehalten, um die Hamas im Gazastreifen vollständig zu zerschlagen. Die Vermittlerstaaten sehen wiederum in einer vorerst befristeten Waffenruhe die Chance, in weiteren Verhandlungen zu einer umfassenden Friedenslösung zu gelangen.

Ägyptens Präsident: Hoffnung auf Feuerpause

Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi äußerte die Hoffnung, dass es innerhalb von Tagen zu einer Vereinbarung über eine Feuerpause kommen könnte. Das werde erlauben, den Menschen in dem dicht besiedelten Küstenstreifen in verschiedenen Bereichen echte Hilfe zukommen zu lassen, sagte der ägyptische Staatschef bei einer von dem Sender Al Qahera News TV übertragenen Veranstaltung. 

Al-Sisi betonte zudem, sein Land habe den Grenzübergang Rafah zum Gazastreifen niemals geschlossen. Man müsse aber in der gegenwärtigen Situation vorsichtig sein. »Für uns war vom ersten Tag an sehr wichtig, dass der Grenzübergang Rafah eine Route für Hilfslieferungen sein wird«, so Al-Sisi weiter. Ägypten, das im Jahr 1979 als erstes arabisches Land ein Friedensabkommen mit Israel schloss, ist besorgt über einen möglichen Massenexodus von Flüchtlingen aus dem Gazastreifen in Richtung Ägypten.

Bald 30.000 Tote im Gaza-Krieg

Auslöser des Gaza-Kriegs war ein beispielloses Massaker, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober im Süden Israels verübt hatten. Auf israelischer Seite wurden dabei mehr als 1200 Menschen getötet. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive.

Die israelischen Streitkräfte weiteten indes ihren Einsatz in der Stadt Gaza aus. Bodentruppen gingen mit Unterstützung der Luftwaffe im Stadtteil Seitun gegen Kampfeinheiten der Hamas und Einrichtungen der islamistischen Terrormiliz vor, teilte das Militär mit. Unter anderem stießen die Soldaten demnach auf eine Waffenproduktionsstätte, ein Waffenlager, Raketenabschussstellungen und militärische Ausrüstung. Zudem entdeckten sie den Angaben zufolge eine Gruppe von Hamas-Kämpfern in einem Tunneleingang, worauf sie den Schacht zerstörten und die Hamas-Männer töteten. Die Angaben lassen sich bisher nicht unabhängig überprüfen.

Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde meldete derweil, dass in den letzten 24 Stunden infolge der Kampfhandlungen im Gazastreifen 96 Palästinenser getötet und weitere 172 verletzt worden seien. Seit Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober seien 29.878 Menschen ums Leben gekommen und weitere 70.215 verletzt worden. Die Angaben, die sich ebenfalls nicht unabhängig überprüfen lassen, machen keinen Unterschied zwischen Zivilisten und bewaffneten Kämpfern. Die Behörde verweist aber darauf, dass es sich bei einem hohen Anteil der Opfer um Frauen, Minderjährige und ältere Männer handle.

Hamas schießt Raketen aus dem Libanon auf Israel

Die Hamas feuerte eigenen Angaben zufolge Dutzende Raketen aus dem Libanon auf Israel ab. Wie der bewaffnete Arm der Organisation, die Al-Kassam-Brigaden, mitteilte, sollen 40 Raketen auf die Orte Kiriat Schmona und Beit Hillel im Norden Israels geschossen worden sein. Es habe sich um eine Vergeltungsaktion für israelische Angriffe im Gazastreifen und im Libanon gehandelt, die militärischen Einrichtungen gegolten habe, hieß es in der Mitteilung.

Vonseiten des israelischen Militärs hieß es, in Kiriat Schmona sei Luftalarm ausgelöst worden. Etwa zehn Raketen seien über die Grenze vom Libanon nach Israel gelangt. Davon sei eine Reihe erfolgreich abgefangen worden. Als Reaktion seien die Abschussorte im Libanon unter Beschuss genommen worden. Zudem hätten israelische Kampfflugzeuge ein Waffenlager und andere militärische Einrichtungen der Schiitenorganisation Hisbollah angegriffen. Bereits in der Nacht sei eine Produktionsstätte für Waffen der Hisbollah bombardiert worden. Libanesische Sicherheitskreise bestätigten die israelischen Angriffe.

Geisel-Angehörige beginnen Marsch nach Jerusalem

Ehemals im Gazastreifen festgehaltene Geiseln und die Angehörigen der dort noch festgehaltenen Menschen begannen einen viertägigen Marsch nach Jerusalem. Die Gruppe sei am Mittwochmorgen aus dem Ort Reim nahe dem Gazastreifen losgegangen, teilte das Forum der Geiselfamilien mit, das den Marsch organisiert.

Startpunkt war den Angaben zufolge der Ort des Nova-Musikfestivals. Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Palästinenserorganisationen ermordeten dort bei ihrem Massaker am 7. Oktober vergangenen Jahres 364 Menschen und entführten Dutzende von der Party in den Gazastreifen.

Der Marsch soll durch mehrere Städte verlaufen und am Samstag in Jerusalem enden. Auf Aufnahmen israelischer Medien sind Dutzende Teilnehmer zu sehen. Die Organisatoren riefen die Menschen in Israel auf, sich dem Marsch anzuschließen. »Wir haben keine Worte, keine Kraft mehr«, sagten die Eltern eines im Gazastreifen festgehaltenen Mannes nach Angaben des Forums der Geiselfamilien auf einer Pressekonferenz unmittelbar vor Beginn des Marschs. Sie könnten sich den Albtraum, den ihr Sohn durchmache, nicht einmal vorstellen.

Insgesamt hält die Hamas noch 134 Geiseln im Gazastreifen fest, von denen nach israelischen Schätzungen noch etwas mehr als 100 am Leben sein dürften.

© dpa-infocom, dpa:240228-99-149921/7