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Habeck in Nahost - Gedicht-Eintrag in Yad-Vashem-Buch

Bundeswirtschaftminister Habeck ist auf Nahost-Reise. Schwerpunkt des Besuchs besucht ist der Ausbau von erneuerbaren Energien. In Jerusalem besucht er die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.

Robert Habeck
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck besucht die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Foto: Britta Pedersen
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck besucht die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.
Foto: Britta Pedersen

Mit dem Gedicht »Nähe der Gräber« des jüdischen Dichters Paul Celan hat sich Vizekanzler Robert Habeck ins Gästebuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem eingetragen.

Er selbst habe sich dem »Unvorstellbaren« des Holocaust über die Literatur genähert, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag bei seinem Besuch in Israel. Celans Gedicht an die ermordete Mutter endet mit den Worten: »Und duldest du, Mutter, wie einst, ach, daheim, den leisen, den deutschen, den schmerzlichen Reim?«

Die Beschäftigung mit Celan habe ihn sehr geprägt, sagte Habeck, der Literaturwissenschaft studierte und vor seinem Wechsel in die Politik als Schriftsteller arbeitete. Der Wirtschaftsminister erinnerte daran, dass Celan (1920-1970) unter dem Namen Paul Antschel (später: Ancel) in der heutigen Ukraine geboren wurde. Seine frühen Gedichte stammten aus der Zeit, als seine Eltern von den Nazis verhaftet und seine Mutter in einem Lager ermordet wurde.

Er habe »Nähe der Gräber« ins Gästebuch geschrieben, weil es für ihn die Verbindung in die Gegenwart schaffe und gleichzeitig »das Schwierige gerade der Deutschen, eines deutschen Politikers, mit der Geschichte seines Landes hier in Yad Vashem auf den Punkt bringt«, sagte Habeck. In Yad Vashem wird an die sechs Millionen Jüdinnen und Juden erinnert, die von den Nazis ermordet wurden. Auf Habecks Programm stehen bis Donnerstag auch die Palästinensergebiete und Jordanien.

Aufklärung zu getöteter Journalistin gefordert

Habeck kritisierte bei seinem Besuch auch die Aufarbeitung im Fall der im Westjordanland getöteten Journalistin Schirin Abu Akle. Er erwarte, dass das Geschehen vollständig aufgeklärt werde, sagte er in Ramallah nach einem Treffen mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Mohammed Schtaje.

Die Journalistin vom TV-Sender Al-Dschasira war vor einigen Wochen während eines israelischen Militäreinsatzes in Dschenin im nördlichen Westjordanland ums Leben gekommen. Ihr Tod sowie Polizeigewalt bei ihrer Beerdigung in Jerusalem hatten international für Bestürzung gesorgt.

Der palästinensische Generalstaatsanwalt Akram Chatib machte Israel verantwortlich. Das Geschoss sei aus Richtung der israelischen Soldaten gekommen. Der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz wies dies als Lüge zurück. Israel bedaure den Tod der Journalistin und die Armee untersuche den Vorfall, um die Wahrheit herauszufinden. Nach Darstellung der Armee ist nicht eindeutig, von wo der tödliche Schuss kam. Sie berichtete von heftigen Feuergefechten mit militanten Palästinensern in Dschenin. Die Palästinenserführung hatte Israels Wunsch nach einer gemeinsamen Untersuchung jedoch abgelehnt.

Treffen mit Regierungschef Bennett

Habeck hatte am Vortag den israelischen Ministerpräsidenten Naftali Bennett getroffen. Der Bundesminister sagte, er habe in seinem Gespräch mit Bennett mehrfach darauf hingewiesen, »dass die Situation sich für die Palästinenser und in den palästinensischen Gebieten verbessern muss«. Seit März sind bei einer Terrorwelle in Israel 18 Menschen getötet worden. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums kamen seit Ende März mehr als 30 Palästinenser ums Leben.

Das israelische Raketenabwehrsystem »Arrow 3« sei in seinem Gespräch mit Bennett kein Thema gewesen, sagte Habeck. Verteidigungspolitiker des Bundestags hatten sich im März in Israel ein Bild von dem System gemacht, das Langstreckenraketen abwehrt. Um den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ging es Habeck zufolge nur am Rande. Die israelische Seite habe unterstrichen, dass ein völkerrechtswidriger Krieg inakzeptabel sei. Er habe mit Außenminister Jair Lapid auch besprochen, ob und wann eine diplomatische Initiative eine Chance haben könne. »Aber natürlich gibt es jetzt erst mal darum, in eine Situation zu kommen, dass Diplomatie überhaupt wieder gehört wird.«

Erneuerbare Energien im Fokus

Schwerpunkt seiner Reise sei jedoch der Ausbau von erneuerbaren Energien, so Habeck. Darum gehe es in der Kooperation auch mit den Staaten Nordafrikas. Beim Ausbau der Energie-Zusammenarbeit Israels mit arabischen Nachbarstaaten sieht der Wirtschafts- und Klimaschutzminister Chancen auch für deutschen Firmen. Man habe darüber gesprochen, wie dieser Prozess sich entwickle und darüber, ob es für europäische oder deutsche Firmen die Möglichkeit gebe einzusteigen, sagte er. »Die gibt es scheinbar.« Israel, Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) hatten im November ein gemeinsames Energieprojekt vereinbart. Israel soll Jordanien demnach mit entsalztem Wasser versorgen und im Gegenzug Solarstrom erhalten. Zu diesem Zweck soll ein Solarkraftwerk in der jordanischen Wüste gebaut werden, das mit Geld aus den VAE finanziert wird.

© dpa-infocom, dpa:220606-99-560572/7