BERLIN. Für mehr Klimaschutz müssen sich Bürger und Wirtschaft in den kommenden Jahren auf spürbare Änderungen einstellen. Der Bundestag beschloss mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen wesentliche Teile des Klimaschutzpakets.
Dieses sieht ein Klimaschutzgesetz mit verbindlichen Vorgaben für die zuständigen Ressorts vor sowie einen CO2-Preis über einen Emissionshandel ab 2021. Der CO2-Preis soll fossile Heiz- und Kraftstoffe verteuern - damit Bürger und Industrie klimafreundliche Technologien kaufen und entwickeln.
Daneben soll Anfang 2020 die Mehrwertsteuer bei Bahntickets im Fernverkehr gesenkt werden, damit mehr Menschen vom Auto oder Flugzeug auf die umweltfreundlichere Schiene umsteigen. Der Bundestag beschloss zudem mehr Förderung fürs Pendeln und das Sanieren von Häusern.
Außerdem geht es um höhere Steuern auf Flugtickets. Ziel ist es, den CO2-Ausstoß im Luftverkehr zu verringern. Bei der Erhöhung der Luftverkehrsteuer geht es um Flüge im Inland und in EU-Staaten. Die Änderung ist zum 1. April 2020 geplant. Die Branche kritisiert, die höhere Luftverkehrsteuer schade dem Standort Deutschland.
Der Bundesrat muss den steuerlichen Teilen des Pakets noch zustimmen, also etwa der höheren Pendlerpauschale oder der Mehrwertsteuersenkung bei der Bahn. Es ist aber denkbar, dass auch am Rest des Klimapaket an der ein oder anderen Stelle noch geschraubt wird. Der Bundesrat berät Ende November erneut über das Klimaprogramm. Ein Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat gilt als wahrscheinlich.
Vor einer Woche war in Beratungen des Bundesrats deutlich geworden, dass die Länder das Klimapaket der großen Koalition an vielen Stellen noch verändern wollen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte gesagt, was die Bundesregierung vorgelegt habe, sei »weder schnell noch wirksam genug«. Alle Grünen, die in Regierungen beteiligt seien, lehnten etwa den vorgeschlagenen CO2-Preis als zu niedrig und damit unwirksam ab.
Da die Grünen in 9 von 16 Ländern mitregieren, können sie Beschlüsse blockieren und verzögern. Der Zeitplan der Koalition ist eng: Noch in diesem Jahr sollen viele der Vorhaben sämtliche Hürden nehmen, also auch durch den Bundesrat.
Union und SPD wollen mit dem Programm sicherstellen, dass Deutschland sein Klimaschutzziel für das Jahr 2030 einhält. Ziele für 2020 werden aller Voraussicht nach verfehlt. Dabei geht es um die Einsparung beim Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases CO2.
Ein wesentlicher Baustein des nun beschlossenen Pakets ist das Klimaschutzgesetz. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte, damit bekomme Deutschland einen verbindlichen Fahrplan und klare Regeln. »Klimaschutz wird endlich für alle verbindlich.« Mit dem Gesetz werde jedes Ministerium zum »Klimaschutzministerium«
Das Klimaschutzgesetz bildet den Rahmen, in dem festgeschrieben wird, wie viele Treibhausgase die Bereiche Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Energie und Industrie jedes Jahr ausstoßen dürfen. Wenn sie die Ziele reißen, muss nachgesteuert werden. Solche Vorgaben gab es bisher nicht. Seit 1990 hat etwa der Verkehrsbereich kaum zum Rückgang der Treibhausgase beigetragen.
Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) sagte: »Mit dem Klimaschutzgesetz haben wir klargestellt: Wir werden unsere Klimaziele künftig erreichen. Und zwar nicht durch Verbote und Zwang. Sondern durch Anreize, neue Technologien und Innovationen.« Die Koalition setze gezielt Anreize für die Wirtschaft, künftig mit weniger CO2-Ausstoß auch wettbewerbsfähig zu sein. »Wir gestalten den Kampf gegen den Klimawandel sozial verträglich - für die Menschen in der Stadt und auf dem Land.«
Von der Opposition dagegen kam erneut heftige Kritk. Fraktionschef Anton Hofreiter sagte im Bundestag: »Sie sind an der Menschheitsaufgabe gescheitert.« Mit dem Programm könnten Klimaziele nicht erreicht werden. Viele Maßnahmen seien im besten Fall ungenügend, im schlechtesten Fall kontraproduktiv. »Der Tag heute ist ein weiterer schlechter Tag für den Klimaschutz«, sagte Hofreiter. (dpa)