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»Grausame Tat«: Sechs Menschen bei Amoktat in Zug verletzt

Horrorszenen in einer Regionalbahn: Ein Angreifer sticht wahllos auf Mitreisende ein und verletzt fünf Menschen. Der Messerstecher ist kein Unbekannter.

Mutmaßlicher Täter
Polizisten führen den mutmaßlichen Täter ab. Der Mann soll in einer Regionalbahn mit einem Messer auf Reisende eingestochen haben. Foto: Ralf Roeger
Polizisten führen den mutmaßlichen Täter ab. Der Mann soll in einer Regionalbahn mit einem Messer auf Reisende eingestochen haben.
Foto: Ralf Roeger

Es ist 7.42 Uhr in der Frühe und der Regionalexpress 4 hat den Bahnhof von Herzogenrath gerade in Richtung Aachen verlassen.

In diesem Moment zückt ein 31-jähriger Mann am Freitag ein Messer und sticht »wahllos und willkürlich« auf seine Mitreisenden ein. Am Ende werden sechs Verletzte gezählt, den Angreifer eingerechnet.

Der ist, geboren im Irak und als Flüchtling nach Deutschland gekommen, für die Behörden kein Unbekannter. Nach einem Hinweis aus dem Flüchtlingsheim, in dem er damals lebte, war in seinem Fall 2017 ein »Prüffall Islamismus« angelegt worden. Die Indizien dafür scheinen eher vage: Er hatte sich von seinen Mitbewohnern isoliert, stark verändert und einen Bart wachsen lassen.

»Wir müssen von einer Amoktat ausgehen«, sagt NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Freitag in Düsseldorf. »Das war eine grausame Tat, die in einem Akt enormen Mutes gestoppt werden konnte.«

Keine Hinweise auf islamistisches Motiv

Dass es sich um einen Terroranschlag gehandelt haben könnte, davon gingen die Ermittler am Freitagabend nicht aus. »Für ein islamistisches Motiv der Tat haben wir bislang nichts Belastbares«, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Aachen der Deutschen Presse-Agentur.

Es gebe aber Anhaltspunkte, die die Schuldfähigkeit des Verdächtigen infrage stellen. Deswegen werde diese nun geprüft. Soll heißen: Ein Psychiater wird sich den 31-Jährigen anschauen.

Ermittelt wird wegen eines versuchten Tötungsdelikts. Spätestens an diesem Samstag wird entschieden, ob gegen den Mann Haftbefehl oder etwa die Unterbringung in einer Psychiatrie beantragt wird. Ob sich der Verdächtige zur Tat geäußert hat, oder sogar schon vernommen wurde, wollte die Staatsanwältin nicht verraten.

270 Menschen waren zum Zeitpunkt der Tat in dem Zug. Unter ihnen ist ein 60-jähriger Bundespolizist in Zivil. Gemeinsam mit zwei Reisenden gelingt es ihm, den Messerstecher zu überwältigen und festzuhalten. »Möglicherweise haben diese drei Menschen eine größere Gefahr, größeren Schaden verhindert«, sagt Reul.

Täter wird in Overall abgeführt

Die Behörden lösen Großalarm aus. 200 Einsatzkräfte eilen zum Ort des Geschehens. Der Zug stoppt auf freier Strecke und der Täter wird, von den Ermittlern in einen weißen Overall gehüllt, abgeführt.

Die Verletzten haben überwiegend Schnittwunden erlitten, auch am Kopf und im Gesicht, aber niemand schwebt in Lebensgefahr. Vier Verletzte werden in Krankenhäuser gebracht. Unter den Verletzten ist auch der Bundespolizist. Der Täter ist ebenfalls verletzt, aber eher leicht. Dass er trotzdem ins Krankenhaus gebracht wird, hat einen anderen Grund: Er hat Fieber.

Seit seiner Einstufung als Prüffall sei der Angreifer nicht mehr auffällig geworden, betont der Minister. Allerdings werde das nun noch einmal überprüft, denn er habe verschiedene Namen verwendet. Die Vorkommnisse der letzten beiden Tage in Herzogenrath und Essen zeigten, dass die Gefahren durch den Rechtsextremismus und den Islamismus nicht verschwunden seien. »Sie sind weiter existent, bedrohlich und können lebensgefährlich sein.«

© dpa-infocom, dpa:220513-99-275740/10