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Grünen-Politiker: Bundespolizei-Einsatz zur Seenotrettung

Wenn es auf europäischer Ebene in Sachen Seenotrettung nicht vorangeht, müsse Nancy Faeser halt die Bundespolizei losschicken, findet der Grünen-Abgeordnete Julian Pahlke. Die GdP winkt ab.

Mittelmeerüberfahrt
Migranten sind auf dem Weg von der Nordküste Afrikas zur italienischen Insel Lampedusa (Archivbild). Grünen-Innenpolitiker Pahlke plädiert für den Einsatz der Bundespolizei zur Seenotrettung im Mittelmeer. Foto: Oliver Weiken/DPA
Migranten sind auf dem Weg von der Nordküste Afrikas zur italienischen Insel Lampedusa (Archivbild). Grünen-Innenpolitiker Pahlke plädiert für den Einsatz der Bundespolizei zur Seenotrettung im Mittelmeer.
Foto: Oliver Weiken/DPA

Der Grünen-Innenpolitiker Julian Pahlke schlägt vor, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) solle die Bundespolizei anweisen, im Mittelmeer Bootsmigranten vor dem Ertrinken zu retten. »Solange es keine europäische Seenotrettung gibt, sollte die Bundespolizei von der Innenministerin in einen humanitären Hilfseinsatz geschickt werden«, sagte der Bundestagsabgeordnete der Deutschen Presse-Agentur. Die Bundespolizei verfüge schließlich auch über Schiffe, die für einen solchen Einsatz durchaus geeignet wären, fügte er hinzu.

In der Bundesregierung und bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) stieß sein Vorschlag nicht auf positive Resonanz. Andreas Roßkopf, Vorsitzender des GdP-Bezirks Bundespolizei und Zoll, sagte der dpa, dies gehöre nicht zu den Aufgaben der Bundespolizei. Er betonte: »Wir haben klare Aufgabenzuweisungen. Dies gehört primär nicht dazu.«

Das Bundesinnenministerium nahm zu dem Vorstoß des Grünen-Politikers nicht Stellung. Aus dem von Pahlkes Parteifreundin Annalena Baerbock geführten Auswärtigen Amt verlautete, die Bundesregierung strebe weiterhin eine »staatlich koordinierte und europäisch getragene Seenotrettung im Mittelmeer an«. An der Umsetzung dieses Vorhabens arbeite das Auswärtige Amt in enger Abstimmung mit den EU-Partnern und den Institutionen der Europäischen Union. »Es ist allerdings kein Geheimnis, dass es sich dabei auf europäischer Ebene um «ein dickes Brett» handelt«, hieß es aus dem Ministerium. Deshalb setze man sich gleichzeitig dafür ein, dass die Arbeit privater Seenotretter nicht behindert werde sowie für eine verbesserte Koordinierung der Seenotrettung im Mittelmeerraum.

Pahlke mahnt: Humanität schützen

Pahlke, der selbst an Einsätzen privater Rettungsorganisationen im Mittelmeer teilgenommen hat, forderte: »Bei allen Rufen nach Ordnung in der Migrationspolitik muss vor allem auch die Humanität geschützt werden.« Um das tausendfache Sterben im Mittelmeer zu verhindern, würden deutlich mehr Rettungskräfte gebraucht. Nicht-staatliche Rettungsorganisationen füllten hier seit Jahren eine Lücke.

Im Koalitionsvertrag, den SPD, Grüne und FDP im Herbst 2021 vereinbart hatten, heißt es: »Es ist eine zivilisatorische und rechtliche Verpflichtung, Menschen nicht ertrinken zu lassen.« Die zivile Seenotrettung dürfe daher nicht behindert werden. Außerdem hielt die Ampel-Koalition fest: »Wir streben eine staatlich koordinierte und europäisch getragene Seenotrettung im Mittelmeer an«.

In den ersten sieben Monaten 2023 starben über 2000 Bootsmigranten

Um die Dringlichkeit seiner Forderung zu unterstreichen, verwies Pahlke auf Berichte über Bootsunglücke in den vergangenen Tagen, bei denen Dutzende Menschen ums Leben gekommen waren. Das Europaparlament hatte im Juli effektivere Einsätze gefordert, um mehr Flüchtlinge aus Seenot zu retten. Die EU-Länder und die europäische Grenzschutzagentur Frontex sollten genügend Schiffe, Ausrüstung und Personal zur Verfügung stellen für einen »proaktiveren und koordinierteren Ansatz« zur Rettung von Menschenleben, hieß es in einer in Straßburg verabschiedeten Resolution.

Laut UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) sind seit Jahresbeginn rund 120.000 Flüchtlinge und Migranten mit Booten nach Italien, Spanien, Griechenland, Malta und Zypern gekommen. Von Jahresbeginn bis Ende Juli starben bei diesen gefährlichen Überfahrten nach Schätzungen des UNHCR 2078 Menschen.

© dpa-infocom, dpa:230811-99-805692/2