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Geteiltes Echo auf Polens Vorstoß für Friedensmission

Polens Vorschlag für eine Friedensmission für die Ukraine stößt bei Nato-Partnern weitgehend auf Skepsis. Es dominiert die Zurückhaltung.

Jaroslaw Kaczynski
Der polnische Vizeregierungschef Jaroslaw Kaczynski. Foto: Uncredited
Der polnische Vizeregierungschef Jaroslaw Kaczynski.
Foto: Uncredited

Der polnische Vorschlag für eine Friedensmission für die Ukraine stößt bei Nato-Partnern auf ein geteiltes Echo.

Bei einem Verteidigungsministertreffen in Brüssel machten Länder wie die Niederlande am Mittwoch deutlich, dass sie ein solches Projekt derzeit nicht für umsetzbar halten. Lediglich Estland zeigte sich öffentlich aufgeschlossen.

Der polnische Vizeregierungschef Jaroslaw Kaczynski hatte eine solche Mission in der Nacht zum Mittwoch nach einem Gespräch der Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew ins Gespräch gebracht. Er sagte: »Ich denke, dass eine friedenserhaltende Mission der Nato oder möglicherweise einer noch breiteren internationalen Struktur notwendig ist, aber eine solche Mission, die auch in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen, und die auf ukrainischem Territorium operieren wird.«

Seinen Worten zufolge stellt er sich eine Mission vor, »die sich für den Frieden einsetzt und humanitäre Hilfe leistet, aber gleichzeitig auch von den entsprechenden Kräften, den Streitkräften, geschützt wird.« Ob der Verstoß mit anderen Ländern abgesprochen war, blieb zunächst unklar.

Zurückhaltend äußerten sich am Mittwoch am Rande des Nato-Treffens unter anderem Verteidigungsminister aus Ländern wie Großbritannien, Finnland und Kanada. »Ich fürchte, es ist noch zu früh, um darüber zu sprechen«, sagte die niederländische Verteidigungsministerin Kajsa Ollongren am Rande des Nato-Treffens. Es müsse erst einmal einen Waffenstillstand geben. Zudem müsse Russland seine Truppen abziehen und es müsse irgendeine Art von Abkommen zwischen der Ukraine und Russland geben. Es sei sehr schwierig, sich derzeit mit der Intensität des Krieges und der Belagerung der Städte eine Friedensmission vorzustellen.

Estlands Verteidigungsminister Kalle Laanet sagte, eine Friedensmission sei eine der Möglichkeiten, um die Ukraine zu unterstützen. Sie sollte allerdings vom UN-Sicherheitsrat entschieden werden.

London will weiter Waffen an Ukraine liefern

Die Ukraine bekommt nach Angaben des britischen Verteidigungsministers trotz russischer Warnungen weiter Waffen. »Wir liefern weiterhin Waffen aus vielen Richtungen in die Ukraine, und diese gehen an die Front«, sagte Minister Ben Wallace am Mittwoch am Rande von Beratungen mit Kolleginnen und Kollegen in der Nato-Zentrale in Brüssel. Auch der russische Raketenangriff auf den ukrainischen Truppenübungsplatz Jaworiw nahe der Grenze zu Polen habe die Lieferungen nicht komplizierter gemacht. »Für uns überhaupt nicht«, sagte er.

Zum polnischen Vorschlag für eine internationale Friedensmission etwa unter Führung der Nato äußerte sich Wallace zurückhaltend. Er wolle sich erst die Details anschauen, sagte er.

Russland hat den Westen zuletzt wiederholt vor Waffenlieferungen an die Ukraine gewarnt. Ein Konvoi mit neuen Rüstungsgütern könne von russischen Streitkräften als Ziel genommen werden, sagte der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow am Samstag im Moskauer Staatsfernsehen.

Estland bekräftigt Forderung nach Flugverbotszone

Estland hat die Forderung nach einer Flugverbotszone über der Ukraine erneuert. »All diese Staaten, die eine Flugverbotszone kontrollieren können, müssen handeln«, sagte Verteidigungsminister Kalle Laanet am Mittwoch am Rande von Beratungen in der Nato-Zentrale in Brüssel. Er betonte zudem, dass Estland die Ukraine mit allen Mitteln unterstütze. Die Durchsetzung einer Flugverbotszone durch die Nato gilt allerdings als derzeit ausgeschlossen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte immer wieder gefordert, dass eine Flugverbotszone über der Ukraine eingerichtet wird. "Schließen Sie den Luftraum, bitte beenden Sie diese Bombardements", sagte Selenskyj erst am Dienstag bei einer Video-Ansprache vor dem Parlament in Ottawa. Wie viele Marschflugkörper müssen noch auf unsere Städte fallen, bevor sie das umsetzen?" Bisher hätten ihn seine westlichen Partner als Reaktion auf diese Bitte immer nur vertröstet, sagte Selenskyj weiter.

Die Nato lehnt eine Flugverbotszone bislang ab, um nicht in einen direkten Konflikt mit Russland verwickelt zu werden. Man verstehe die Verzweiflung der Ukraine, man sei aber überzeugt, dass ein solcher Schritt zu einem großen Krieg in ganz Europa führen könnte, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zuletzt. Für die Durchsetzung einer Flugverbotszone müssten Nato-Kampfflugzeuge in den ukrainischen Luftraum fliegen und russische Flugzeuge abschießen.

Informationen der Nato zum Verteidigungsministertreffen

© dpa-infocom, dpa:220316-99-540557/5