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Gesichtserkennung: Polizei speichert 5,8 Millionen Fotos

Die Union wehrt sich gegen ein Verbot der automatisierten Gesichtserkennung. Doch mit welchen Polizeifotos sollen die Videoaufnahmen von Bahnhöfen und Flugplätzen eigentlich abgeglichen werden?

Gesichtserkennung
Gesichtserkennung im öffentlichen Raum: 2017 gab es am Bahnhof Südkreuz in Berlin eine Testphase. Foto: Jörg Carstensen/dpa
Gesichtserkennung im öffentlichen Raum: 2017 gab es am Bahnhof Südkreuz in Berlin eine Testphase. Foto: Jörg Carstensen/dpa

Berlin (dpa) - Für Anfragen durch Polizeibehörden und den Zoll stehen in den Datenbanken der deutschen Sicherheitsbehörden aktuell mehr als 5,8 Millionen Gesichtsbilder zur Verfügung. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Innenexperten Andrej Hunko (Linke) hervor.

Die für politisch motivierte Kriminalität und Spionage zuständige Abteilung des Bundeskriminalamtes (BKA) hatte Anfang Januar zudem weitere 3124 Fotos »recherchefähig gespeichert«, wie das Innenministerium weiter ausführt. Der Bildbestand der Staatsschutz-Abteilung ist allerdings nicht für alle Nutzer des polizeilichen Informationsverbunds zugänglich.

Der Bundestag will heute über den Einsatz von Systemen zur automatisierten Gesichtserkennung im öffentlichen Raum beraten. Diese Systeme können Menschen, deren Fotos in einer Polizeidatenbank gespeichert sind, sozusagen live erkennen wenn sie von einer Videokamera gefilmt werden.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will vorerst auf den Einsatz entsprechender Software verzichten. Er habe dazu noch Fragen, hatte er vergangene Woche erklärt. Deshalb ließ er einen Passus zur Verwendung entsprechender Software an Bahnhöfen und anderen sicherheitsrelevanten Orten aus einem internen Entwurf für das neue Bundespolizeigesetz streichen.

In der zentralen Polizeidatenbank speichern die teilnehmenden Behörden zeitlich begrenzt Informationen zu Inhaftierten, sowie zu Menschen, die zur Fahndung ausgeschrieben oder einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen wurden. Zu einer Person können dort mehrere Bilder gespeichert werden. Die Zahl der Gesichtsbilder ist in dreieinhalb Jahren um rund eine Million Fotos gestiegen. Im Mai 2016 waren erst rund 4,86 Millionen Lichtbilder von 3,34 Millionen Menschen eingestellt.

»Das BKA muss diesen Zuwachs erklären«, forderte Hunko. Der zunehmende Einsatz von Software zur Verarbeitung von Massendaten habe offensichtlich zu einem regelrechten »Datenhunger« geführt.

Auch wenn der automatisierte Einsatz mit Video-Kameras vorerst Zukunftsmusik bleibt: schon jetzt werden Systeme zur Gesichtserkennung für die Suche nach konkreten Personen in den Datenbanken der Polizei eingesetzt. Nach Angaben der Bundesregierung wurden im ersten Halbjahr 2019 insgesamt 23.915 Anfragen an das Gesichtserkennungssystem des BKA gestellt. Die Bundespolizei recherchierte in diesem Zeitraum 1200 Mal und identifizierte dabei 219 Menschen.

Im vergangenen Jahr hat das BKA Gesichtserkennungssysteme von fünf Herstellern getestet. Der Auftrag für ein neues System soll noch vor Ende März erteilt werden. Eingesetzt werden könnte die Software etwa bei polizeilichen Ermittlungsarbeiten oder im polizeilichen Erkennungsdienst. Die genaue Funktionsweise der Systeme sei dem BKA nicht bekannt, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. Allerdings kämen dabei »Methoden des maschinellen Lernens« zum Einsatz.

Bei Systemen, die derart tief in Persönlichkeitsrechte eingriffen, dürfte das BKA keine Software nutzen, deren Funktionsweise es nicht kenne, erklärte Hunko. Der Quellcode dürfe hier nicht das Betriebsgeheimnis des Herstellers bleiben - andernfalls müsse das Innenministerium diesen »Blindflug« stoppen.