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Gesetz zur Rentenreform in Frankreich in Kraft gesetzt

Das Gesetz zur Erhöhung des Rentenalters in Frankreich ist in Kraft gesetzt - trotz Proteste, Streiks und Widerstand aus der Bevölkerung. Aufgeben wollen die Gegner der Reform nicht - ihre Wut wächst.

Protest in Lyon
Die umstrittene Rentenreform von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kann in Kraft treten - die Proteste gehen jedoch weiter, wie hier in Lyon. Foto: Laurent Cipriani
Die umstrittene Rentenreform von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kann in Kraft treten - die Proteste gehen jedoch weiter, wie hier in Lyon.
Foto: Laurent Cipriani

Frankreichs Regierung hat ihre umstrittene Rentenreform nun offiziell gegen alle Proteste durchgesetzt. Das Gesetz für die Anhebung des Renteneinstiegsalters von 62 auf 64 Jahre wurde im französischen Amtsblatt veröffentlicht. Wenige Stunden zuvor hatte der französische Verfassungsrat das Vorhaben gebilligt. Die schnelle gesetzliche Verankerung löste bei der Opposition und den Gewerkschaften noch mehr Wut und Empörung aus.

»Wie Diebe haben Emmanuel Macron und seine Bande mitten in der Nacht ihr Rentengesetz erlassen«, twitterte der linke Abgeordnete François Ruffin. Frankreichs rechtsnationale Marine Le Pen schrieb auf Twitter, ein Präsident der Republik müsse das französische Volk zusammenbringen. Macron sei aber ein »Brandstifter«, der die Demokratie beschädige.

Wie französische Medien unter Berufung auf den Präsidentenpalast schrieben, will sich Macron am Montagabend im Fernsehen äußern. Gewerkschaften hatten ihn wiederholt aufgefordert, Weisheit walten zu lassen und das Gesetz nicht zu erlassen.

112 Festnahmen in Paris

In Paris, Nizza, Nantes und Rennes sowie weiteren Städten kam es nach der Entscheidung des Verfassungsrats vom Freitag zu Protesten. Allein in der Hauptstadt Paris seien am Freitagabend 112 Demonstranten festgenommen und 30 Mülltonnen angezündet worden, berichtete der Fernsehsender BFMTV unter Verweis auf den Polizeipräfekten. Fotos zeigten brennende Mülltonnen etwa vor dem Pariser Rathaus.

In etlichen anderen Städten wie Straßburg, Lyon und Nantes kam es ebenfalls zu Protestaktionen, in Rennes wurde dabei die Tür einer Polizeistation in Brand gesteckt. Bereits tagsüber hatte es am Freitag Kundgebungen sowie Straßenblockaden gegeben.

In den vergangenen Monaten waren mehrfach Hunderttausende gegen die Pläne auf die Straße gegangen. Mit der Reform soll ein drohendes Loch in der Rentenkasse verhindert werden. Derzeit liegt das Renteneintrittsalter in Frankreich bei 62. Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Schnitt aber auch heute schon später: Wer für eine volle Rente nicht lange genug eingezahlt hat, arbeitet länger. Mit 67 gibt es dann unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag - das behält die Regierung bei.

Das Gesetz zur Rentenreform soll nun ab September wirksam werden. Die Gewerkschaften wollen dennoch weiter protestieren. Für den 1. Mai haben sie zu neuen Massendemonstrationen aufgerufen.

Mélenchon: »Der Kampf geht weiter«

»Der Kampf geht weiter, und wir müssen unsere Kräfte bündeln«, sagte etwa Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon. Die Sozialisten kündigten einen Antrag zur Aufhebung des Gesetzes an. »Ich appelliere an den Präsidenten: Er muss die überwältigende Mehrheit hören, die sich überall in Frankreich gegen diese Reform ausspricht, die das Land spaltet«, sagte die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo.

Marine Le Pen, die durch den Rentenstreit im Aufwind ist, rief dazu auf, die Regierung und Macron bei den nächsten Wahlen abzustrafen. »Das Volk hat immer das letzte Wort.« Sie will die Reform zurückzunehmen, sollte sie an die Macht kommen.

Premierministerin Élisabeth Borne sagte hingegen am Freitagabend, die Rentenreform sei nun am Ende des demokratischen Prozesses angekommen. »Heute Abend gibt es keine Sieger und keine Besiegten.« Mit der Reform sei die Rentenkasse 2030 ausgeglichen, teilte die Regierung mit. Mit den Sozialpartnern wolle man nun über bessere Arbeitsbedingungen und den Weg zur Vollbeschäftigung beraten.

© dpa-infocom, dpa:230414-99-308235/18