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Gericht: Bolsonaro darf bis 2030 nicht mehr kandidieren

Immer wieder schürte der rechte Ex-Staatschef Zweifel am Wahlsystem. Jetzt hat ihn das Oberste Wahlgericht bis 2030 für nicht wählbar erklärt. Seine Verteidigung will die Entscheidung nicht hinnehmen.

Jair Bolsonaro
Jair Bolsonaro darf bis 2030 nicht mehr für ein öffentliches Amt kandidieren. Foto: Tania Rego/DPA
Jair Bolsonaro darf bis 2030 nicht mehr für ein öffentliches Amt kandidieren.
Foto: Tania Rego/DPA

Platzverweis von der politischen Bühne: Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro darf bis 2030 nicht mehr in ein öffentliches Amt gewählt werden. Das Oberste Wahlgericht in der Hauptstadt Brasília entzog dem rechten Ex-Präsidenten (2019-2022) am Freitag für acht Jahre das passive Wahlrecht. Der Zeitraum der Sperre beginnt rückwirkend ab der Präsidentenwahl im Oktober 2022. Wird das Urteil rechtskräftig, ist Bolsonaro damit auch von der Präsidentschaftswahl im Jahr 2026 ausgeschlossen.

Er sei politisch noch nicht erledigt, sagte Bolsonaro nach der Entscheidung. Er kündigte an, Berufung gegen das Urteil einzulegen. »Der Prozess hat weder Hand noch Fuß«, sagte der Ex-Präsident am Freitag bei einer Pressekonferenz in Belo Horizonte.

Bolsonaro könnte aus verfahrenstechnischen Gründen Rechtsmittel gegen die Entscheidung direkt beim Obersten Wahlgericht eingelegen oder das Urteil vor dem Obersten Gerichtshof auf Verfassungsmäßigkeit prüfen lassen. Beide Berufungen müssen innerhalb von drei Tagen eingelegt werden.

Vorwurf des Amtsmissbrauchs

Das Verfahren war von der linken Demokratischen Arbeiterpartei (PDT) angestoßen worden. Der ehemalige Präsident habe sein Amt missbraucht, Falschinformationen verbreitet und die brasilianischen Institutionen auf dem internationalen Parkett verächtlich gemacht, sagte Parteianwalt Walber Agra.

Die für das Wahlrecht zuständige Generalstaatsanwaltschaft warf Bolsonaro vor, bei einem im Fernsehen übertragenen Treffen mit ausländischen Diplomaten im Juli vergangenen Jahres das brasilianische Wahlsystem in Zweifel gezogen zu haben. Bolsonaro behauptete, dieses sei nicht sicher und könne manipuliert werden. Beweise für seine Behauptungen legte er allerdings nicht vor. »Er hat das Treffen zu einer Wahlkampfveranstaltung gemacht. Eine Rede dieser Art fällt nicht in den Bereich der Meinungsfreiheit«, sagte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Paulo Gonet.

Bolsonaro wies die Vorwürfe zurück. »Ich habe das Wahlsystem nicht angegriffen, ich habe mögliche Probleme aufgezeigt«, sagte er am Freitag. Sein Anwalt Tarcisio Vieira de Carvalho sagte, die Debatte über das Wahlsystem dürfe in einer Demokratie kein Tabuthema sein.

Immer wieder Zweifel gestreut

Das Wahlsystem in Brasilien ist vollständig elektronisch und bestand im Mai vergangenen Jahres einen regelmäßig stattfindenden Sicherheitstest des Obersten Wahlgerichts. Bolsonaro streute jedoch immer wieder Zweifel an der Verlässlichkeit des Systems und erkannte seine Wahlniederlage im vergangenen Oktober gegen Luiz Inácio Lula da Silva nie ausdrücklich an. Wenige Tage nach dem Amtsantritt seines Nachfolgers stürmten radikale Bolsonaro-Anhänger Anfang des Jahres den Kongress, den Regierungssitz und den Obersten Gerichtshof in Brasília und verursachten erhebliche Schäden. Erst nach Stunden brachten die Sicherheitskräfte die Lage wieder unter Kontrolle.

Der Vorsitzende von Bolsonaros Liberaler Partei (PL) kritisierte die Entscheidung des Obersten Wahlgerichts. »Es ist unfassbar, was hier geschieht: Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit verliert ein ehemaliger Präsident seine politischen Rechte, weil er seine Meinung gesagt hat«, schrieb Valdemar Costa Neto auf Twitter. »Lasst uns doppelt so hart arbeiten und unsere Loyalität zu Präsident Bolsonaro zeigen.«

© dpa-infocom, dpa:230630-99-246384/6