Woher kommen wir und was vereint uns eigentlich? Darüber haben die Grünen in Leipzig diskutiert. Anlass war das 30. Jubiläum des parteilichen Zusammenschlusses des ostdeutschen Bündnis 90 mit den westdeutschen Grünen.
»Erinnern wir unsere zwillingshafte Geschichte, aber lassen wir uns nicht einreden, dass es noch sowas wie angeborene Mentalitätsunterschiede gibt in der Gegenwart. Ich kann mit vollem Herzen sagen: die gibt es nicht«, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck am Abend in Leipzig. Heute werde die Veränderung innerhalb Deutschlands »jedenfalls nicht in geringerer Geschwindigkeit, vielleicht in schnellerer« auch in den ostdeutschen Bundesländern gestaltet.
Verschiedene Identitäten zu haben heiße nicht, Menschen »aufgrund einer regionalen Wohnortsituation in ein politisches Raster« zu stecken, sagte Vizekanzler Habeck, der bis 2022 Bundesvorsitzender der Partei war. »Im Grund ist das der Beginn von Spaltungstendenzen und Rassismus«, warnte er.
»Mussten manche Kröte schlucken«
Durch einen sogenannten Assoziationsvertrag beschloss die Partei ihren Zusammenschluss. Er wurde am 14. Mai 1993 auf einem Parteitag in Leipzig in Kraft gesetzt. Ziel war es demnach, »Barrieren in den Köpfen und Herzen« abzubauen und die neuen Parteifreunde »in Achtung und Partnerschaft« anzunehmen. Noch heute heißt die Partei offiziell Bündnis 90/Die Grünen.
Zu den Feierlichkeiten waren neben Habeck auch Außenministerin Annalena Baerbock, die Parteichefs Ricarda Lang und Omid Nouripur sowie Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt und Bundesumweltministerin Steffi Lemke gekommen. Zudem war auch Marianne Birthler zu Gast, die die Vereinigung der Partei als Bündnis 90-Vertreterin vor 30 Jahren mitverhandelt hat. »Die Grünen mussten manche Kröte schlucken, wir auch«, erinnerte sich Birthler am Samstagabend. Bis heute sei zu spüren, dass Anhängerinnen und Anhänger der Partei aus unterschiedlichen Gesellschaften kommen und unterschiedlich politisch sozialisiert worden sind, sagte die 1948 geborene Bürgerrechtlerin.
Katja Meier fordert Unterstützung für den Osten
Während der Veranstaltung wurde auch den ehemaligen Parteimitgliedern Werner Schulz und Antje Vollmer gedacht, die im November 2022 beziehungsweise März dieses Jahres gestorben sind. Sie seien »herausragende« Personen in der Geschichte der Partei gewesen, sagte Nouripour.
Im Gespräch mit Lemke und Lang forderte die sächsische Grünen-Politikerin Katja Meier mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im nächsten Jahr mehr Unterstützung der Grünen im Osten. »Ich will nicht nur, dass Wahlkampfurlaub hier in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gemacht wird. Ich will insgesamt eine Unterstützung vom Bündnis 90/Die Grünen für den Osten.« Diese sei auch mit Blick auf die Bundestagswahlen 2025 wichtig: »Sicher wird die Bundestagswahl nicht gewonnen im Osten, aber sie kann verloren werden«, sagte Meier.
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