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Frieden schaffen mit Waffen: Ampel-Parteien und Union einig

Die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine war heftig umstritten. Nun ein Schulterschluss: Die Union schließt sich einem Antrag der Regierungsparteien an.

Unionsfraktion
Abgeordnete der Unionsfraktion im Bundestag. Foto: Michael Kappeler
Abgeordnete der Unionsfraktion im Bundestag.
Foto: Michael Kappeler

Die oppositionelle Union und die Ampel-Koalition wollen nach wochenlangem Ringen im Bundestag gemeinsam für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine stimmen.

Dies sei »ein starkes Signal der Verantwortung für die Ukraine und der Geschlossenheit gegen den russischen Angriffskrieg«, heißt es in einer am Mittwochabend in Berlin verbreiteten Erklärung, die von den Fraktionschefs Rolf Mützenich (SPD), Katharina Dröge und Britta Haßelmann (Grüne), Christian Dürr (FDP), Friedrich Merz (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt unterzeichnet war. Der Antrag soll am Donnerstagvormittag im Bundestag debattiert und verabschiedet werden.

»Deutschland steht fest an der Seite der Ukraine in ihrem Freiheitskampf«, heißt es in der Erklärung zu dem Papier, das den Titel »Frieden und Freiheit in Europa verteidigen - Umfassende Unterstützung für die Ukraine« trägt. Die Unterstützung des Selbstverteidigungsrechts der Ukraine sei bedeutend für den Schutz von Frieden und Freiheit in Europa und auch die Suche nach einer diplomatischen Lösung. »Die Lieferung von militärischen Gütern ist neben der humanitären und finanziellen Unterstützung der Ukraine und den umfassenden wirtschaftlichen und personenbezogenen Sanktionen gegen Russland hierbei ein zentraler Aspekt«, betonten alle Seiten.

Bundeswehr-Sondervermögen: Ampel geht auf Union zu

Die Unionsfraktion hatte einen eigenen Antrag zurückgezogen, nachdem sie Änderungen am Papier von SPD, Grünen und FDP erreicht hatte. Die Änderungen betreffen Formulierungen im Zusammenhang mit dem geplanten 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr.

SPD-Fraktionschef Mützenich, der sich wiederholt kritisch zu solchen Lieferungen geäußert hatte, schrieb an die SPD-Abgeordneten, er habe mit Einverständnis der Koalitionsfraktionen in Gesprächen mit Unionsfraktionschef Merz eine Einigung für einen gemeinsamen Antrag am Donnerstag erreicht.

Die Unionsfraktion zog mit dem Kompromiss ihren eigenen - weitergehenden - Antrag zurück, nachdem sie Änderungen am Entwurf von SPD, Grünen und FDP erreicht hatte. Die Unionsfraktionsspitze hatte als Bedingung für ihre Zustimmung eine Entkopplung vom geplanten 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr genannt.

In der geeinten Fassung des Antrags heißt es nun, der Bundestag fordere die Bundesregierung auf, »schnellstmöglich den Gesetzentwurf zur Einrichtung eines «Sondervermögens Bundeswehr» zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit und die damit verbundenen Investitionen umzusetzen«. Herausgenommen würden aus dem Ampel-Entwurf nach diesen Informationen die Worte »im Sinne der Beschlussfassung des Bundeskabinetts«, da die Union nicht mit den bisherigen Formulierungen des Kabinettsbeschlusses einverstanden ist.

Mögliche russische Reaktion: »Können nichts ausschließen«

Außenministerin Annalena Baerbock verteidigte die Entscheidung der Bundesregierung zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine - auch vor dem Hintergrund von Warnungen vor einer drohenden atomaren Eskalation. Welche Schritte Russland in dem Krieg noch gehe, liege allein im Ermessen von Präsident Wladimir Putin, sagte die Grünen-Politikerin im Bundestag auf die Frage, welche Rolle die Gefahr eines Atomkrieges bei der Entscheidung gespielt habe. Baerbock ergänzte: »Deswegen können wir auch nichts komplett ausschließen.«

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte am Dienstag die Lieferung von Flugabwehrpanzern Gepard aus Industriebeständen und die Ausbildung ukrainischer Soldaten auf deutschem Boden angekündigt. Die geplante Lieferung soll auch mit einer größeren Menge Munition ergänzt werden. Dazu laufen Gespräche mit Brasilien, das in früheren Jahren aus Deutschland Gepard-Munition erhalten hat, wie die Deutsche Presse-Agentur in Berlin erfuhr. Demnach könnten auf diesem Weg bis zu 300.000 Schuss für bis zu 50 Gepard-Panzer beschafft werden.

Grundgesetz soll geändert werden

Bundesfinanzminister Christian Lindner (SPD) warb um Zustimmung der Opposition zum geplanten Sondervermögen für die bessere Ausstattung der Bundeswehr. »Es geht nicht um eine Militarisierung der Außenpolitik, aber um eines: Man muss kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen. Und deshalb muss die Bundeswehr ertüchtigt werden«, sagte Lindner im Bundestag.

Die Einführung des Sondervermögens soll über eine Grundgesetzänderung sichergestellt werden. Die Koalition braucht für die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag auch die Union. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Aufrüstung der Bundeswehr Ende Februar als Konsequenz aus dem russischen Angriff auf die Ukraine angekündigt.

Die Unionsfraktion pocht als Bedingung für die Zustimmung zum geplanten 100-Milliarden-Sondervermögen auf einen dauerhaften Aufwuchs des Verteidigungshaushaltes. »Zeitenwende bedeutet keine Einmalzahlung an die Bundeswehr, sondern einen Dauerauftrag an unsere Verteidigungsfähigkeit«, sagte Dobrindt. Man sei in guten Gesprächen darüber, ob man eine Einigung im Zusammenhang mit dem Sondervermögen erzielen könne, sagte Dobrindt. Das Ergebnis sei allerdings offen.

© dpa-infocom, dpa:220427-99-66606/8