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Fridays-for-Future-Fest: Mit Wir-Gefühl gegen die Klimakrise

Seit Monaten streiken sie freitags für eine Zukunft mit besserem Klima. Doch die Zukunft der jungen Klimabewegung ist ungewiss. Bei einem Sommerkongress in Dortmund wollen die Aktivisten Luft holen für den langen Atem, den sie wohl brauchen werden.

fff-Sommerkongress in Dortmund
Teilnehmer des »Sommerkongresses« der Fridays for Future Bewegung stehen im Dortmunder Revierpark. Foto: Guido Kirchner
Teilnehmer des »Sommerkongresses« der Fridays for Future Bewegung stehen im Dortmunder Revierpark. Foto: Guido Kirchner

DORTMUND. In den Ferien kann man nicht die Schule schwänzen – und so tut die Klimabewegung Fridays for Future das Gegenteil, um Aufmerksamkeit zu erregen: Während andere Altergenossen ihren Urlaub genießen, arbeiten sie an der Zukunft ihres Protests.

Wie soll es weitergehen, jetzt wo der Klimawandel in breiter Öffentlichkeit diskutiert wird, aber außer politischen Absichtserklärungen noch keine Erfolge erzielt wurden? Wie kann man dafür sorgen, dass den Protestlern nicht die Luft ausgeht, wenn das mediale Interesse abflaut? Muss man radikaler werden in den Aktionsformen oder stärkere Allianzen mit etablierten Organisationen eingehen?

Entscheidungen zu diesen oder anderen Fragen werden ausdrücklich nicht getroffen, betonen die Organisatoren des Sommerkongresses in Dortmund immer wieder. Stattdessen gehe es ums Vernetzen, Informieren, Austauschen und Bestärken. Mehr als 1500 junge Menschen zwischen 10 und 28 Jahren haben sich angemeldet bei diesem Treffen mit Arbeitskreisen und jeder Menge Sommerlager-Wir-Gefühl.

47 Großzelte sind am Rande eines weitläufigen Dortmunder Parks aufgebaut. An einer anderen Ecke stehen bunte Zelte wie auf einem Festival-Gelände – nur mit weniger Müll. In der Großküche unter freien Himmel schnippeln Helfer Zwiebeln, in riesigen Töpfen dahinter schmort veganes Chili. Eigentlich hatten die Organisatoren den Hungrigen versprochen, dass alles diesmal schneller gehen soll als beim ersten Abendessen. Doch in Schlangen an der Essensausgabe ist Geduld gefragt. Und so singen sie, skandieren ihre Protestparolen gegen Kohlekonzerne und SUV-Fahrer oder spielen Karten.

Wer satt ist, hat meist Sinnvolles zu tun: Zwei Schulen am Rande des Parks werden während des Kongresses trotz Ferienzeit zum Lernort. Die Teilnehmer sollen hier inhaltliches wie methodisches Rüstzeug bekommen. Es gibt Podiumsgespräche, Vernetzungstreffen und weit über 200 Arbeitsgruppen.

Wie man aus einem Einkaufswagen und ein paar Holzbalken einen klimaneutralen Lautsprecherwagen für die Demo baut, zeigen einige Aktivisten auf dem Pausenhof. Mehr als 30 junge Leute hängen drinnen an den Lippen des leidenschaftlichen Forstwirts und Buchautors Peter Wohlleben, der über den Wald in der Klimakrise berichtet. Ein paar Klassenzimmer weiter erklärt Online-Video-Produzent Christoph Krachten die Grundlagen einer erfolgreichen Youtube-Arbeit.

»Das meiste passiert aber wahrscheinlich nebenbei«, sagt Jakob Blasel. Der Abiturient gehört zum vielköpfigen Organisations-Team, das den Kongress seit Monaten vorbereitet hat. Ursprünglich hatte das Treffen die Bewegung durch die befürchtete Sommerflaute bringen sollen. »Ganz ehrlich dachte ich vor vier Monaten, die Bewegung wäre nach den Sommerferien tot«, sagt er.

Jetzt sind er und seine Mitstreiter guter Hoffnung, dass es gelingen kann, zum 20. September mehr Leute denn je auf die Straße zu bringen. An dem Tag, an dem auch das Klimakabinett in Berlin seine Ergebnisse vorstellen will, hat die Bewegung zum Generalstreik aufgerufen. Der Protest soll dann nicht mehr allein von den jungen Leuten getragen werden. Dieses Mal sollen auch Erwachsene ihre Verantwortung wahrnehmen, erklären die Aktivisten.

Protestforschern zufolge stehen Fridays for Future wichtige Weichenstellungen bevor: Erschöpfe sich die Bewegung im freitäglichen Streikritual, so drohe es »allen Beteiligten langweilig zu werden - den Medien inklusive«, findet der Soziologe Dieter Rucht. Die Bewegung müsse auch jenseits klimapolitischer Fragestellungen Position beziehen, findet er - auch wenn das Konfliktpotential berge. Auch an anderer Stelle sieht er Nachbesserungsbedarf: Auch nach mehreren Monaten des Bestehens seien Entscheidungsabläufe und Zuständigkeiten innerhalb der Bewegung »diffus und intransparent«.

Angesprochen auf solche Kritik zeigen sich die Aktivisten ungerührt. Die lose Struktur habe sich bisher bewährt, das Thema sei nicht mehr kleinzukriegen, sind sie überzeugt. Und was ist mit den Kritikern, die bemängeln, dass Fridays for Future mit ihren gut gebildeten, häufig aus Akademikerhaushalten stammenden, freundlichen jungen Leuten nur eine Elite abbilde?

»Das ist eine berechtigte Beobachtung, aber kein berechtigter Vorwurf«, sagt Blasel. Sie handelten immerhin. Und während einige das ignorierten, manche es sogar verachteten, zeigten sich viele andere begeistert. Die Bewegung sei sich breiter Unterstützung sicher, berichtet Organisatorin Helena Marschall. Das habe auch die Vorbereitung gezeigt. Wo immer sie sich und ihr Anliegen vorstellten, gab es Hilfsangebote: Ein Großteil des Essens sei gespendet, ebenso die Holzschnitzel für das Kompostklo. »Wir erfahren überall klasse Solidarität«. An diesem Freitag wollen sie wie üblich auch in Dortmund auf die Straße gehen, andere mitreißen und überzeugen. (dpa)

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Experten des Instituts für Protest und Bewegungsforschung zu Fridays for Future