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Frankreichs Präsident bleibt bei Rentenreform hart

Es gibt kein Zurück: Das ist die Botschaft zum neuen Jahr von Präsident Macron an die Franzosen. Der Staatschef gibt sich bei der Rentenreform unnachgiebig - Streiks hin oder her. Das heißt wohl auch: weitere Zugausfälle, Demos und Chaos.

Frankreichs Präsident Macron
Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich. Foto: Ludovic Marin/POOL AFP/AP/dpa
Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich. Foto: Ludovic Marin/POOL AFP/AP/dpa

Paris (dpa) - Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bleibt bei der Rentenreform trotz Dauerstreiks hart und will an dem für ihn wichtigen Projekt festhalten. Die Rentenreform werde umgesetzt, sagte Macron am Silvesterabend in der traditionellen Neujahrsansprache.

Es handele sich um ein Projekt für Gerechtigkeit und sozialen Fortschritt. Ein Ende der Streiks, die seit fast einem Monat das Land lähmen, ist damit erstmal nicht in Sicht. Gewerkschaften hatten auf Zugeständnisse in dem festgefahrenen Konflikt gehofft.

Gegen die Reform wird in Frankreich seit dem 5. Dezember massiv gestreikt. Vor allem der öffentliche Nahverkehr in Paris und der Fernverkehr im Land sind seitdem erheblich gestört. Die Menschen in Paris kommen nicht oder nur schwer zur Arbeit. Über die Weihnachtsfeiertage vielen zahlreiche Züge aus, viele Franzosen konnten ihre Familien nicht mit der Bahn besuchen. Rund um Silvester litten Restaurant-, Hotel- und Ladenbesitzer in der Hauptstadt, da viele Touristen ausblieben.

Er sei sich bewusst, dass getroffene Entscheidungen manchmal auf Widerstand stoßen, sagte Macron. »Sollten wir es aufgeben, unser Land und unseren Alltag zu verändern? Nein«, so der Staatschef. Mit der Rentenreform will die französische Mitte-Regierung die Zersplitterung in 42 verschiedene Einzelsysteme beenden und damit auch zahlreiche Sonderrechte abschaffen. Außerdem sollen die Franzosen dazu angehalten werden, länger zu arbeiten.

»Wir fordern immer noch, dass dieses Reformprojekt gestoppt wird«, reagierte der Chef der Hardliner-Gewerkschaft CGT, Philippe Martinez. Er rief zu weiteren Ausständen auf. »Wir brauchen überall Streiks, im öffentlichen und privaten Sektor, das ist der einzige Weg, wie sie uns verstehen können«, sagte Martinez.

Macrons Neujahrsansprache war mit Spannung erwartet worden. Seit Beginn der Streiks hatte er sich auffällig zurückgehalten und kaum öffentlich zu der Reform geäußert. Stattdessen hatte er seinen Premier Édouard Philippe vorgeschickt. Dem stärkte er jetzt den Rücken und wandte sich mit seiner Ansprache vor allem an die gesprächsbereiten Gewerkschaftspartner. Er forderte Philippe und die Sozialpartner nun auf, einen »schnellen Kompromiss« zu finden.

Eine schnelle Lösung im Streit um die Reform zwischen Regierung und Gewerkschaften zeichnet sich nun erstmal nicht ab. Die Regierung will erst am 7. Januar wieder mit den Sozialpartnern zusammenkommen. Die CGT und andere Gewerkschaften hatten schon Mitte Dezember einen neuen Massenprotest am 9. Januar angekündigt.

Die Rentenreform war ein großes Wahlversprechen Macrons und ist für ihn besonders nach den »Gelbwesten«-Protesten, die den Staatschef in eine schwere Krise stürzte, zur Bewährungsprobe geworden. »Ich verspreche Ihnen heute Abend, dass ich all meine Energie darauf verwenden werde, unser Land zu transformieren, um es stärker, gerechter und menschlicher zu machen«, sagte er in der Neujahrsansprache. Bedenken dürften dabei nicht zur Untätigkeit führen.

Das Rentensystem müsse im Gleichgewicht bleiben - nur so könne die Solidarität zwischen den Generationen garantiert werden. »Das bedeutet, dafür zu sorgen, dass diejenigen, die arbeiten, in der Lage sind, unseren Älteren ihren gerechten Ruhestand zu bezahlen, in einer Welt, - und das ist eine Chance - in der wir immer später und später studieren und immer länger leben«, sagte Macron. An dem alten System festzuhalten wäre auch ein »Verrat an unseren Kindern«.

Er verteidigte auch das Punktesystem, das eingeführt werden soll. Künftig werde jeder eingezahlte Euro zählen, so der Staatschef. Vor allem Menschen, die vom derzeitigen System vergessen würden - Frauen, Landwirte oder Handwerker - sollen künftig profitieren. Er versprach außerdem, dass mit der Reform Rücksicht auf die Menschen genommen werde, die körperlich anstrengende Berufe ausüben. Sie sollen früher in Rente gehen können.

Kritik an Macrons Rede gab es von rechts- und linksaußen. »Die Franzosen, die ihm zuhörten, sahen einen trügerisch bescheidenen, aber tatsächlich hartnäckigen und rücksichtslosen Präsidenten, getrieben von der kalten Buchhaltungslogik eines Investmentbankers, der glaubt, für sie denken zu können«, reagierte Macrons Erzfeindin Marine Le Pen auf dessen Ansprache. Linksaußen-Politiker Jean-Luc Mélenchon nannte diese »eine Kriegserklärung an die Millionen von Franzosen, die sich weigern, die Reform zu akzeptieren«.

In seiner Ansprache erinnerte der Präsident auch an den Tod des Ex-Präsidenten Jacques Chirac, die Brandkatastrophe von Notre-Dame sowie die große Bürgerdebatte im Zuge der »Gelbwesten«-Krise. »Ich werde mit Entschlossenheit gegen die Kräfte kämpfen, die die nationale Einheit untergraben«, kündigte er an.

Reaktion Le Pen

Reaktion Martinez

Reaktion Mélenchon