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Frankfurter Ex-OB Feldmann in Korruptionsprozess verurteilt

Ein überbezahlter Job für die Freundin und Spenden für die Wiederwahl, gewährt von der Arbeiterwohlfahrt für den früheren Frankfurter Oberbürgermeister. Der wurde nun vom Gericht verurteilt.

Peter Feldmann
Der abgewählte Frankfurter Oberbürgermeister Feldmann (SPD) ist wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Foto: Sebastian Gollnow
Der abgewählte Frankfurter Oberbürgermeister Feldmann (SPD) ist wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen zu einer Geldstrafe verurteilt worden.
Foto: Sebastian Gollnow

Der Oberbürgermeister der fünftgrößten deutschen Stadt, »angefüttert« von einem Sozialverband, um Wohlwollen zu erkaufen: In einem Korruptionsprozess hat das Frankfurter Landgericht den abgewählten Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen zu einer Geldstrafe verurteilt. Feldmann muss 120 Tagessätze zu 175 Euro zahlen, wie das Gericht bekanntgab. Bei dem Verfahren ging es um Feldmanns enge Beziehungen zur Arbeiterwohlfahrt (Awo).

Die damals als Sonderbeauftragte bei der Frankfurter Awo tätige Hannelore Richter habe Feldmann mehrmals »angefüttert«, um sich dessen Wohlwollen zu sichern, sagte der Vorsitzende Richter Werner Gröschel in der Urteilsbegründung am Abschluss des rund zwei Monate lang geführten Prozesses. Dies sei Feldmann bekannt gewesen. Für die gewährten Vorteile habe es keine andere Erklärung gegeben, als dass Feldmann Oberbürgermeister war.

Gröschel führte chronologisch zunächst eine Zusage an, den früheren Awo-Mitarbeiter Feldmann wieder einzustellen, sollte er im Jahr 2012 nicht zum OB gewählt werden. Richter habe zudem im Jahr 2014 Feldmanns damaliger Freundin und späteren Frau bei einem Abendessen trotz fehlender Qualifikation und Berufserfahrung eine Einstellungszusage als Leiterin für eine neu zu gründende deutsch-türkische Kita der Awo gegeben. Richter sagte ein übertarifliches Gehalt von 4300 Euro zu, hinzu kamen ein Schein-Minijob und ein Dienstwagen. »Maßgeblicher Grund war eindeutig, dass man Sie weiter anfüttern wollte«, sagte Gröschel.

Feldmann muss Geldstrafe und Wertersatz zahlen

Zudem sammelte Richter rund 5700 Euro Spenden für die Wiederwahl Feldmanns als OB im Jahr 2018. Damals hätten sich bereits Probleme der Awo mit der Stadt Frankfurt im Zusammenhang mit Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von Personalkosten für die Flüchtlingsunterbringung abgezeichnet. Schon zwei Tage nach Amtsantritt habe Richter sich deshalb an den SPD-Politiker gewandt und um ein Treffen gebeten, sagte Gröschel.

Richters dazu geäußerte Bemerkung, er solle am besten das Sozialdezernat an sich nehmen, sei »außerhalb jeglicher Normalität« gewesen, sagte Gröschel. Feldmann sprach später die Sozialdezernentin in der Pause einer Theaterpremiere an und forderte sie zu einer Einigung mit der Awo auf.

Feldmann muss zuzüglich zur Geldstrafe 5989 Euro Wertersatz leisten. Dies sei die Summe, zu der er vom überhöhten Gehalt seiner Frau profitiert habe, sagte Gröschel. Die Staatsanwaltschaft hatte 180 Tagessätze zu je 175 Euro gefordert, die Verteidigung Freispruch.

Ex-OB beteuerte bis zuletzt seine Unschuld

Feldmann selbst hatte in seinem letzten Wort erklärt, wenn es eine Verurteilung über mehr als 90 Tagessätze gäbe, bedeute dies negative Konsequenzen für seine Pension. Feldmann war - auch als Konsequenz aus der Anklage und dem Prozess - am 6. November mit einem Bürgerentscheid abgewählt worden. Der 64-Jährige hatte in seinem letzten Wort am Mittwoch erneut seine Unschuld beteuert.

Vor dem Urteil hatte der Ex-OB wohl mit einem günstigeren Ausgang gerechnet. Einen dunklen Schal schwungvoll um den Hals geschlungen, saß er lächelnd und scherzend neben seinen Anwälten und zeigte sich demonstrativ gelassen. Der Urteilsbegründung, in der er auch persönlich angesprochen wurde, folgte er aufmerksam, schüttelte manchmal leicht den Kopf.

Das Verfahren steht im Zusammenhang mit dem Skandal um Betrugsvorwürfe in Millionenhöhe bei den Awo-Kreisverbänden Frankfurt und Wiesbaden. Die Affäre war Ende 2019 durch Berichte über die frühere Leitungsposition von Feldmanns Frau ins Rollen gekommen. Die frühere Wiesbadener Awo-Geschäftsführerin Richter hatte bei der von ihrem Mann geleiteten Frankfurter Awo die Position einer Sonderbeauftragten inne.

Aussage der Zeugin wirkte »einstudiert«

Richter hatte in dem Prozess gegen Feldmann trotz Ermittlungen wegen Vorteilsgewährung gegen sie ausgesagt. Wortreich schilderte sie, wie wenig sie von Feldmann halte - es fiel das Wort »Würstchen«. Zudem hatte sie erklärt, Feldmann habe der Awo »nicht das Schwarze unter den Fingernägeln gegeben«.

Das Gericht habe bei der Aussage berücksichtigt, dass sich Frau Richter habe entlasten wollen, sagte der Vorsitzende Richter. Ihre Aussage habe einstudiert gewirkt, sagte Gröschel. »Wir haben ganz erheblichen Zweifel an der Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen.«

An Feldmann gerichtet, ging er auf dessen Einlassung ein, die wegen Äußerungen über die ungeplante Schwangerschaft seiner damaligen Lebensgefährtin für Aufsehen gesorgt hatte. Mittlerweile lebt das Paar getrennt. Für das Verfahren seien diese Äußerungen nicht relevant gewesen. »Ich weiß nicht, wer die Idee dazu hatte, aber damit haben Sie sich im wahrsten Sinne des Wortes ins eigene Fleisch geschnitten«, sagte Gröschel.

Gegen Feldmann läuft noch ein Disziplinarverfahren

Die Verteidigung will prüfen, ob die Entscheidung angefochten wird. Welche Auswirkungen das Urteil auf das gegen Feldmann laufende Disziplinarverfahren habe, müsse abgewartet werden. Die Staatsanwaltschaft begrüßte das Urteil.

Feldmann selbst äußerte sich nicht nach dem Urteil. Als er in Begleitung seiner Anwälte das Justizgebäude verließ, schüttelte er wie bei einem Wahlkampfauftritt die Hände der draußen versammelten Zuschauer und Medienvertreter, wünschte schöne Feiertage und verschwand.

© dpa-infocom, dpa:221223-99-01295/6