Die Zahl der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nimmt weiter zu. Seit Beginn des russischen Angriffs am 24. Februar sind 146.998 Menschen aus der Ukraine nach Deutschland gekommen, wie das Bundesinnenministerium mitteilte.
Erfasst werden allerdings nur diejenigen Flüchtlinge, die von der Bundespolizei festgestellt werden. Da es aber im Regelfall keine festen Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen gibt und Ukrainer erst einmal ohne Visum einreisen dürfen, könnte die Zahl der nach Deutschland eingereisten Kriegsflüchtlinge tatsächlich bereits deutlich höher sein.
Nicht erfasst wird außerdem, wie viele von ihnen womöglich von Deutschland aus weiterreisen zu Freunden oder Verwandten in anderen Staaten.
2,7 Millionen Menschen aus Ukraine geflüchtet
Nach UN-Angaben haben bereits rund 2,7 Millionen Menschen aus der Ukraine im Ausland Zuflucht gesucht. Die meisten blieben zunächst in den Nachbarländern.
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine haben sich 1,77 Millionen Menschen in Polen in Sicherheit gebracht. Das teilte der polnische Grenzschutz am Montag beim Kurznachrichtendienst Twitter mit. Am Montag seien von Mitternacht bis 11.00 Uhr vormittags weitere 29.600 Ukrainer abgefertigt worden, hieß es.
Es gibt derzeit keine offiziellen Angaben dazu, wie viele der Kriegsflüchtlinge in Polen geblieben und wie viele bereits in andere EU-Staaten weitergereist sind. Polen und die Ukraine verbindet eine mehr als 500 Kilometer lange Staatsgrenze.
Moskau: 250.000 Menschen nach Russland geflüchtet
Nach Angaben aus Moskau sind seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine sind fast 250.000 Menschen aus dem Land nach Russland geflüchtet. Darunter befänden sich fast 55.000 Kinder, sagte Generalmajor Michail Misinzew vom russischen Verteidigungsministerium der Agentur Tass zufolge. Allein an den beiden vergangenen Tagen seien 8575 Zivilisten, davon 1292 Kinder, aus der Ukraine sowie aus den von Moskau als unabhängig anerkannten Separatistengebieten nach Russland eingereist. Mehr als 2,6 Millionen Menschen hätten um Hilfe bei der Evakuierung gebeten, sagte Misinzew. Moskau habe zudem mehr als 2100 Tonnen Hilfsgüter ins Nachbarland geschickt. Die Zahlen sind nicht unabhängig zu überprüfen.
SPD: Gleichmäßige Verteilung wird nicht gelingen
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wandte sich gegen die Vorstellung, dass die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine gleichmäßig in Deutschland verteilt werden könnten. »Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass eine wirklich gleichteilige Verteilung über alle Regionen (...) gelingen wird«, sagte Kühnert nach Beratungen des SPD-Präsidiums. Er verwies darauf, dass sich Ukrainerinnen und Ukrainer ohnehin drei Monate visumsfrei in Deutschland aufhalten und frei bewegen können. Viele steuerten bestimmte Großstädte wie etwa Berlin an, auch weil dort oft bereits Bekannte oder Familienangehörige seien.
Verkehrsminister: Länder sollen Kapazitäten melden
Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat die Bundesländer aufgefordert, freie Plätze für die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine zu schaffen und zu melden. »Es geht darum, dass so schnell wie möglich die Aufnahmekapazitäten erweitert werden«, sagte der FDP-Politiker im Deutschlandfunk.
»Jetzt ist es höchste Zeit, schneller zu werden, größere Kapazitäten zur Verfügung zu stellen. Die Menschen brauchen eine Versorgung«, sagte Wissing. Es sei Aufgabe der Länder, für entsprechende Aufnahmekapazitäten zu sorgen.
Eine geordnete Verteilung der Flüchtlinge aus der Ukraine läuft gerade erst an. Bund und Länder hatten sich vor dem Wochenende darauf verständigt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte zudem weitere Gespräche mit dem Deutschen Städtetag, dem Landkreistag und dem Städte- und Gemeindebund angekündigt.
Grüne fordern Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt
Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann pocht auf einen Gipfel zum Umgang mit den ukrainischen Kriegsflüchtlingen. »Wichtig ist jetzt, dass Bund, Länder, Kommunen, Wohlfahrtsverbände und Hilfsorganisationen beraten, welche Hilfen und Unterstützung für die nächste Zeit vorgehalten werden müssen und welche Bedarfe zu decken sind«, sagte Haßelmann der dpa. »Um gemeinsam zwischen Bund, Ländern und Kommunen diese große Aufgabe anzugehen, braucht es jetzt einen Gipfel im Bundeskanzleramt.«
»Europa ist gefordert, die Aufnahme der geflüchteten Menschen gemeinsam und solidarisch zu tragen.« In Deutschland gäben Hilfsorganisationen, Rettungsdienste, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von THW, Initiativen, Bahn, staatlichen Stellen und Zivilgesellschaft alles, um geflüchtete Menschen aus der Ukraine aufzunehmen und zu unterstützen. »Die Hilfsbereitschaft ist sehr groß. Darüber können wir sehr froh sein.«
Ukraine-Flüchtlinge erhalten Krankenkassenkarte
Die aus der Ukraine geflüchteten Menschen können nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums eine Krankenversicherungskarte bekommen sowie Zugang zu Corona-Tests und -Impfungen. Sie hätten Anspruch auf Krankenbehandlung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sagte ein Sprecher in Berlin.
Aktuell gebe es in 9 der 16 Länder Vereinbarungen mit den Krankenkassen, dass für jeden angemeldeten Leistungsberechtigten auch eine elektronische Gesundheitskarte mit besonderer Statuskennzeichnung ausgegeben wird. Die Länder übernähmen dann die Kosten der Behandlungen. »Es gibt darüber hinaus einen Anspruch auf Corona-Tests. Da reicht das Dokument zur Identität, und es gibt auch einen Anspruch auf Impfung«, fügte der Sprecher hinzu.
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