Ein Rechtsexperte hält den Plan eines schottischen Unabhängigkeitsreferendums im kommenden Jahr für unrealistisch. »Vieles ist unberechenbar. Das ist kein reibungsloser Prozess«, sagte der Jurist Nick McKerrell von der Glasgow Caledonian University der Deutschen Presse-Agentur.
Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon will ihre Landsleute im Herbst 2023 abstimmen lassen, ob sich Schottland vom Vereinigten Königreich lösen soll oder nicht. Die Chefin der Schottischen Nationalpartei (SNP) will ihren Landesteil mit knapp 5,5 Millionen Einwohnern nach dem Brexit als unabhängiges Land zurück in die Europäische Union führen. Am Dienstag will sie im Parlament in Edinburgh ihren Fahrplan für den erneuten Volksentscheid vorstellen.
Bei einem Referendum hatte 2014 eine Mehrheit der Schotten (55 Prozent) noch für den Verbleib im Vereinigten Königreich gestimmt. Das war allerdings vor dem Brexit, den der nördlichste britische Landesteil mit klarer Mehrheit (62 Prozent) abgelehnt hatte. Daher hoffen die Unabhängigkeitsbefürworter, dass sich bei einer erneuten Abstimmung die Verhältnisse ändern.
Für ein erneutes Referendum gibt es jedoch Hürden, da dafür eigentlich eine Zustimmung der britischen Regierung in London notwendig ist - was diese jedoch ablehnt. Sturgeon kündigte kürzlich an, die Abstimmung notfalls auch im Alleingang durchführen zu wollen.
»Das ist definitiv etwas anderes«, sagte Experte McKerrell. Es sei vorstellbar, dass die schottische Regierung bei der Abstimmung statt einer klaren Frage für oder gegen die Unabhängigkeit eher abfragen wolle, ob die Bevölkerung Verhandlungen über einen unabhängigen Status Schottlands grundsätzlich unterstützen würde.
In jedem Fall sei mit Klagen der Gegner zu rechnen, die den Prozess verzögern würden. Zunächst müsse ein entsprechendes Gesetz ins schottische Parlament eingebracht werden, sagte McKerrell. Daraus folgende Rechtsstreits könnten sich über Monate hinziehen. »Ich halte den Zeitpunkt nicht für realistisch.«
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