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EU-Parlamentsvize Kaili vor der Absetzung

Im Europaparlament herrscht nach Bekanntwerden der Schmiergeld-Vorwürfe blankes Entsetzen. Nun zeichnen sich weitere Konsequenzen ab - für Parlamentsvize Kaili und für Katar.

Eva Kaili
EU-Parlamentsvize Eva Kaili wurde am Wochenende von ihren Pflichten entbunden. Foto: Eric Vidal
EU-Parlamentsvize Eva Kaili wurde am Wochenende von ihren Pflichten entbunden.
Foto: Eric Vidal

Der unter Bestechungsverdacht stehenden Vizepräsidentin des Europaparlaments, Eva Kaili, droht die endgültige Absetzung. Für den Vormittag ist in Straßburg ein Treffen der sogenannten Konferenz der Präsidenten angesetzt - das sind neben Parlamentspräsidentin Roberta Metsola die Vorsitzenden der Fraktionen. Sie sollen das Verfahren zur Absetzung der ehemaligen Fernsehmoderatorin Eva Kaili als Parlamentsvize einleiten. Noch am selben Tag soll dann das Plenum darüber debattieren.

Aus ihrer griechischen Pasok-Partei und der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament wurde die 44-Jährige schon ausgeschlossen. Auch von ihren Pflichten als Vize hatte Metsola sie am Wochenende entbunden.

Die griechische Sozialdemokratin Kaili ist eine von sechs Verdächtigen, die von den belgischen Behörden seit Freitag in dem Korruptionsskandal festgenommen worden sind. Vier von ihnen kamen am Sonntag in Untersuchungshaft - darunter nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur und anderer Medien auch Kaili, ihr Freund und der ehemalige Europaabgeordnete Antonio Panzeri. Sie sollen der Staatsanwaltschaft zufolge am Mittwoch vor einer Gerichtskammer erscheinen, die über das Aufrechterhalten der Haft und das weitere Vorgehen entscheiden soll.

Katar soll Einfluss auf EU-Parlament genommen haben

Die vier Verdächtigen werden der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, der Geldwäsche und der Korruption beschuldigt. Im Raum steht, dass das Golfemirat Katar, das derzeit die Fußball-Weltmeisterschaft ausrichtet, mit umfangreichen Geld- und Sachgeschenken versucht hat, Einfluss auf politische Entscheidungen im Europaparlament zu nehmen.

Eine mögliche Visa-Erleichterung für Katar dürfte es daher so bald nicht geben. Zwar hatte der zuständige Ausschuss Anfang Dezember dafür gestimmt, jedoch verwies das Plenum angesichts der jüngsten Enthüllungen das Dossier am Montag zurück an das Gremium. »Wir müssen sicherstellen, dass dieser Prozess nicht durch Korruption beeinflusst wurde. Wir müssen auch dafür sorgen, dass jeder Versuch, unsere Demokratie anzugreifen, Konsequenzen hat«, sagte der zuständige Berichterstatter Erik Marquardt (Grüne). Katar wies die in dem Skandal gegen die Regierung in Doha gerichteten Vorwürfe als haltlos zurück

Koffer voller Geld gefunden

In der belgischen Hauptstadt treiben die Ermittler ihre Arbeit voran. Dabei durchsuchten sie am Montag auch Räume im EU-Parlament in Brüssel, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Dabei seien Daten von Computern von zehn parlamentarischen Mitarbeitern beschlagnahmt worden. Am Sonntag habe es zudem Razzien in Italien gegeben.

Insgesamt gab es den Angaben zufolge seit Beginn der Ermittlungen 20 Durchsuchungen - 19 in Büros und Wohnräumen sowie eine im Europaparlament selbst. Dabei wurden demnach 600.000 Euro bei einem Verdächtigen gefunden, mehrere Hunderttausend Euro in einem Koffer in einem Brüsseler Hotel sowie 150.000 Euro in der Wohnung eines EU-Abgeordneten, dessen Name nicht genannt wurde.

Kaili selbst gerät derweil auch in ihrer Heimat weiter unter Druck. Die griechische Anti-Geldwäsche-Behörde ließ alle Vermögenswerte der 44-Jährigen einfrieren. Gleiches gilt demnach für ihre Eltern, ihre Schwester sowie ihren ebenfalls in Belgien verhafteten Freund. Untersucht würden Konten, Immobilienbesitz, Unternehmensbeteiligungen und ähnliche Vermögenswerte.

© dpa-infocom, dpa:221213-99-878229/3