Die rassistischen Äußerungen des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban stoßen im Europaparlament auf heftige Kritik. »Wir, die Fraktionsvorsitzenden des Europäischen Parlaments, verurteilen die jüngste offen rassistische Äußerung von Ministerpräsident Orban, kein «Volk gemischter Rassen» werden zu wollen, auf das Schärfste«, heißt es in einer am Samstag veröffentlichten Erklärung.
Derlei inakzeptable Äußerungen seien ein eindeutiger Verstoß gegen »unsere Werte, die auch in den EU-Verträgen verankert sind«, und hätten in unseren Gesellschaften keinen Platz.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betont, dass sich alle EU-Staaten den gemeinsamen Werten verschrieben hätten. »Auf Grundlage der Rasse zu diskriminieren, tritt diese Werte mit Füßen«, sagte die deutsche Politikerin in einem Interview des slowakischen Internetportals »aktuality.sk«.
»Die Europäische Union ist auf Gleichheit, Toleranz, Gerechtigkeit und Fairness aufgebaut.« Alle Länder hätten sich verpflichtet, diese Werte zu wahren und zu schützen. Von der Leyen nannte weder den Namen Orban, noch sprach sie ausdrücklich von rassistischen Äußerungen.
Orban: Wollen nicht zu »Gemischtrassigen« werden
Orban hatte am vergangenen Wochenende bei einer Rede in Rumänien gesagt: »Es gibt nämlich jene Welt, in der sich die europäischen Völker mit den Ankömmlingen von außerhalb Europas vermischen. Das ist eine gemischtrassige Welt.« Dem gegenüber gebe es zum Beispiel das Karpatenbecken, wo sich europäische Völker wie Ungarn, Rumänen, Slowaken miteinander vermischten. »Wir sind bereit, uns miteinander zu vermischen, aber wir wollen nicht zu Gemischtrassigen werden.« Wenige Tage später versuchte Orban, seine Äußerungen zu relativieren.
Das unter anderem von den Nationalsozialisten genutzte Konzept, dass es unterschiedliche menschliche Rassen gibt, ist wissenschaftlich nicht haltbar und Teil rassistischer Weltanschauungen.
»Rassismus und Diskriminierung in allen Formen müssen unmissverständlich verurteilt und auf allen Ebenen wirksam bekämpft werden«, betont die Konferenz der Präsidenten des EU-Parlaments, der die Parlamentspräsidentin sowie die Fraktionschefs angehören, in ihrer Erklärung.
Orbans Fidesz-Partei gehört im Parlament keiner Fraktion mehr an, nachdem sie lange Teil der christdemokratischen EVP war, in der auch CDU und CSU sind. Bereits 2018 leitete das Parlament ein Verfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge gegen Ungarn ein, weil es Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte in dem Land bedroht sieht. Das Verfahren, an dessen Ende ein Entzug der Stimmrechte im Ministerrat stehen könnte, tritt im Rat der EU-Staaten jedoch auf der Stelle.
In der Erklärung werden die EU-Staaten dazu aufgefordert, für Fortschritte zu sorgen. Zudem sollten die EU-Kommission und der Rat der EU-Staaten Orbans Äußerungen aufs Schärfste verurteilen.
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