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EU macht Ukraine und Moldau zu Beitrittskandidaten

Seit Monaten dringt die Ukraine täglich darauf, den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu bekommen - nun ist es soweit. Doch der Weg zur Mitgliedschaft dürfte lang werden.

EU-Gipfel in Brüssel
Petr Fiala (l-r), tschechischer Ministerpräsident, Kiril Petkov, bulgarischer Ministerpräsident Bundeskanzler Olaf Scholz, Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, Viktor Orban, ungarischer Ministerpräsident, und Alexander De Croo, belgischer Ministerpräsident stehen während des EU-Gipfels zusammen. Foto: Geert Vanden Wijngaert
Petr Fiala (l-r), tschechischer Ministerpräsident, Kiril Petkov, bulgarischer Ministerpräsident Bundeskanzler Olaf Scholz, Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, Viktor Orban, ungarischer Ministerpräsident, und Alexander De Croo, belgischer Ministerpräsident stehen während des EU-Gipfels zusammen.
Foto: Geert Vanden Wijngaert

Die Europäische Union hat die von Russland angegriffene Ukraine offiziell in den Kreis der Beitrittskandidaten aufgenommen. Zudem beschlossen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Kollegen am Donnerstag bei einem EU-Gipfel in Brüssel, auch Moldau den Status eines Bewerberlandes zu gewähren. Georgien wurde dieser Status in Aussicht gestellt, sobald bestimmte Reformen erfüllt sind.

Ratspräsident Charles Michel und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprachen von einem »historischen Moment«. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kommentierte: »Heute ist ein guter Tag für Europa.« Die Ukraine, Moldau und Georgien seien Teil der europäischen Familie. Für die Bürger dieser Länder könne es in diesen bewegten Zeiten kein besseres Zeichen der Hoffnung geben. »Ich bin überzeugt, dass unsere Entscheidung, die wir heute getroffen haben, uns alle stärkt«, sagte von der Leyen. Der Schritt zeige der Welt erneut, dass die EU angesichts äußerer Bedrohungen geschlossen stark sei.

Auch Bundeskanzler Scholz gratulierte der Ukraine und Moldau. »27 Mal Ja!«, schrieb er auf Twitter. »Auf gute Zusammenarbeit in der europäischen Familie!« Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach von einer »politischen Geste«.

Selenskyj selbst wurde nach der Entscheidung live zum Gipfel zugeschaltet. Er schrieb auf Twitter: »Die Zukunft der Ukraine liegt in der EU.«

Mit der einstimmigen Entscheidung der 27 Mitgliedstaaten erkennt die EU die Anstrengungen der Staaten um eine Beitrittsperspektive an und will ihnen Mut machen, den Weg entschlossen fortzuführen. Vor allem Selenskyj hatte angesichts des russischen Kriegs gegen sein Land zuletzt immer wieder eine solche Botschaft der EU eingefordert - auch um den mehr als 40 Millionen Einwohnern seines Landes zu zeigen, dass sich der Kampf für Freiheit und Demokratie lohne.

Scholz warb eindringlich

Kanzler Scholz hatte zum Auftakt des EU-Gipfels in Brüssel noch einmal eindringlich dafür geworben, die Ukraine zum Beitrittskandidaten zu machen. Der SPD-Politiker sprach von einem »historischen« Treffen, mahnte aber auch Reformen der Europäischen Union an, um die Aufnahme neuer Mitglieder zu ermöglichen. Die EU müsse sich »erweiterungsfähig« machen, sagte er. Dazu gehöre auch, das Prinzip der Einstimmigkeit für einige Entscheidungen aufzuheben.

Eine Garantie auf eine zügige Aufnahme in die EU ist der Kandidatenstatus nicht. Nach einer Empfehlung der EU-Kommission sollen EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau erst dann beginnen, wenn diese weitere Reformauflagen erfüllt haben. Dabei geht es etwa um Justizreformen und eine stärkere Korruptionsbekämpfung. Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal kündigte an: »Wir sind voller Energie, um den Weg zur Mitgliedschaft so schnell wie möglich zu gehen.«

Dass der Beitrittsprozess auch in einer Sackgasse enden kann, zeigt der Fall Türkei. Das Land hat bereits seit 1999 den Kandidatenstatus. Die 2005 begonnenen EU-Beitrittsverhandlungen liegen allerdings seit Jahren wegen der aus Brüsseler Perspektive unbefriedigenden Entwicklungen in dem Land auf Eis.

Frust bei den Westbalkanstaaten

Zunehmend frustriert sind die ebenfalls auf einen EU-Beitritt hoffenden Westbalkanstaaten. Das EU-Land Bulgarien blockiert seit mehr als einem Jahr die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Nordmazedonien und Albanien, weil sich Nordmazedonien weigert, auf Forderungen zu den Themen Minderheiten, Geschichtsschreibung und Sprache einzugehen. Versuche, die Blockade rechtzeitig vor einem am Rande des EU-Gipfels organisierten Westbalkan-Treffen zu lösen, scheiterten. Dort waren auch Bosnien-Herzegowina, das Kosovo, Montenegro und Serbien vertreten.

Bosnien-Herzegowina kann allerdings hoffen, bald in den Kreis der EU-Beitrittskandidaten aufgenommen zu werden. Nach Angaben von Ratspräsident Michel soll die Kommission zügig einen neuen Bericht zu den Reformanstrengungen des Landes vorlegen. Die EU-Staaten wären dann bereit, eine Entscheidung über den Beitrittskandidatenstatus für das rund 3,3 Millionen Einwohner zählende Land zu treffen, erklärte der Belgier.

Die Ukraine hatte vor knapp vier Monaten kurz nach Beginn des russischen Angriffs die Aufnahme in die EU beantragt. Kurz darauf reichten auch der kleine Nachbar Moldau sowie das im Südosten Europas gelegene Georgien Beitrittsanträge ein. Das rund 3,7 Millionen Einwohner zählende Georgien soll den Beitrittskandidatenstatus erst bekommen, wenn es weitere Reformauflagen erfüllt. Es ist nach Einschätzung der EU-Kommission derzeit deutlich instabiler als das rund 2,6 Millionen Einwohner zählende Moldau und die Ukraine.

© dpa-infocom, dpa:220623-99-763396/19