Logo
Aktuell Inland

Erzbischof zu Missbrauch: »Die Fakten müssen auf den Tisch«

Seit über zehn Jahren erschüttert der sexuelle Missbrauch von Kindern die katholische Kirche. In Freiburg wird mit Spannung ein Gutachten erwartet. Erzbischof Burger formuliert bereits seine Forderungen.

Freiburger Erzbischof Stephan Burger
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger sagt, die Aufarbeitung der Missbrauchsverbrechen aus der Vergangenheit sei ein »absolut zentrales Anliegen«. Foto: Philipp von Ditfurth
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger sagt, die Aufarbeitung der Missbrauchsverbrechen aus der Vergangenheit sei ein »absolut zentrales Anliegen«.
Foto: Philipp von Ditfurth

Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger hat vor der Veröffentlichung eines schon länger angekündigten Missbrauchsberichts Konsequenzen gefordert. »Wer Schuld auf sich geladen hat, muss Verantwortung übernehmen - unabhängig von Posten und Positionen«, sagte Burger der Deutschen Presse-Agentur. Die Aufarbeitung sei ihm persönlich wichtig, »die Fakten müssen auf den Tisch«, fügte er hinzu.

Das Gutachten über den Umgang von Bistumsverantwortlichen mit sexuellem Missbrauch sollte ursprünglich im Oktober öffentlich gemacht werden - inzwischen ist von April die Rede. Burger versicherte, er stehe an der Seite der Betroffenen: »Ziel ist es, die frühere Vertuschung und den früheren Umgang mit Missbrauchsfällen aufzudecken.« Burger ist Stellvertreter des Aachener Bischofs Helmut Dieser, der für die Deutsche Bischofskonferenz die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche vorantreibt.

»Die Verantwortlichen klar benennen«

Die Aufarbeitung der Missbrauchsverbrechen aus der Vergangenheit sei ein »absolut zentrales Anliegen«, sagte Burger: »Uns Bischöfen ist es ernst mit diesen Fragen, wir wollen - soweit das möglich ist - Gerechtigkeit für die Betroffenen erreichen und die Verantwortlichen klar benennen. Auch die Gläubigen erwarten das zu Recht von uns.«

Der frühere Freiburger Erzbischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch (84), hatte im Oktober Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchsvorwürfen eingestanden und um Entschuldigung gebeten. Ein Beirat von Betroffenen kritisierte danach die Äußerungen Zollitsch'. Sexueller Missbrauch von Kindern erschüttert die katholische Kirche seit über zehn Jahren. Es war über Jahrzehnte hinweg vielfach gängige Praxis, Priester, die Kinder sexuell missbraucht hatten, einfach in die nächste Gemeinde weiter zu versetzen

190 Beschuldigte, die meisten von ihnen Priester

Der Bericht für das Freiburger Erzbistum wird von der sogenannten AG Aktenanalyse erstellt. Vier externe Fachleute aus Justiz und Kriminalpolizei untersuchen unter anderem, welche Strukturen Vertuschung und Missbrauch in der Vergangenheit möglich gemacht haben. Forschungen anhand von Personalakten nach sexuellem Missbrauch hatten schon früher Erschreckendes zu Tage gefördert: Von Anfang 1946 bis Ende 2015 wurden 190 Beschuldigte entdeckt, die meisten von ihnen Priester, sowie mindestens 442 Betroffene. Ähnliche Gutachten hat es auch schon in anderen Bistümern, etwa in Köln und München, gegeben.

Burger sagte, vieles habe sich in der Kirche bereits verändert. »Wir haben tausende Haupt- und Ehrenamtliche im Bereich Prävention geschult, es gibt strenge Vorschriften und Kontrollen. Kirche muss ein sicherer Raum für alle Menschen sein«, forderte der 60-Jährige. Mit rund 1,8 Millionen Katholiken gehört das Erzbistum Freiburg im Breisgau zu den größten der 27 Diözesen in Deutschland.

© dpa-infocom, dpa:230109-99-149940/2