Die erste Frau steht an der Spitze eines Kampfverbandes der Deutschen Marine. Für sie sei es »eine Rückkehr in liebgewonnene Heimat, in ein Fahrwasser, das mir vertraut ist«, sagte die neue Kommandeurin des 3. Minensuchgeschwaders, Inka von Puttkamer, bei einem feierlichen Appell im Kieler Marinestützpunkt.
Sie war neben einer weiteren Soldatin bereits die erste Frau, die Kommandantin bei der Marine wurde. In Kiel war sie Kommandantin des Minenjagdbootes »Homburg« und stellvertretende Kommandeurin des 3. Minensuchgeschwaders.
Von Puttkamer ist Mutter von drei Kindern. Die in Wilhelmshaven geborene 41-Jährige will in ihrer neuen Rolle auch Vorbild sein. Bei ihrem Bundeswehreintritt 2001 seien alle Laufbahnen erstmalig offen gewesen für Frauen, sagte von Puttkamer. »Aber für mich und für alle anderen war das ja normal.« In der Marine sollte dies heute auch nichts Besonderes mehr sein. »Ich finde es schwierig, dass dieses Frausein immer herausgehoben wird.«
»Die Bundeswehr bietet meinem Mann und mir gleichzeitig die Chance, in Führungspositionen zu sein und das mit der Familie vereinbaren zu können«, sagte von Puttkamer. »Ohne Frage: Das ist stressig und bedarf viel Organisation und Vorplanung. Aber es ist möglich.« Sie möchte, dass mit dem Kommandowechsel die Nachricht verbunden wird, dass die Bundeswehr Frauen die Übernahme solcher Position ermögliche.
Marine-Tradition der Familie
Von Puttkamer war zuletzt am maritimen Nato-Hauptquartier in Northwood. Dorthin wird sie bis zum Sommer erst einmal zurückkehren. »Zunächst werde ich noch in Großbritannien wohnen, um unseren Kindern dort den Abschluss des Schuljahres zu ermöglichen«, sagte sie. Im Sommer will sie nach Kiel ziehen. »Wir haben unser Familienzuhause hier und haben auch hier familiäre Unterstützung.«
Die Familie von Puttkamers hat eine große Marine-Tradition. Ihr Vater Ingo Splettstößer ist Kapitän zur See im Ruhestand. Ihr Mann Bogislav-Jesko von Puttkamer ist Fregattenkapitän und soll in den kommenden Wochen das Kommando über eine Fregatte in Wilhelmshaven übernehmen. Ihr Schwiegervater Hubertus von Puttkamer ist Flottillenadmiral im Ruhestand.
Dem Geschwader gehören zehn Minenjagdboote an. Vor kurzem hatten Soldatinnen und Soldaten bei einer Übung in der Kieler Förde eine 1,8 Tonnen schwere britische Luftmine entdeckt. Es handelte sich dabei um den größten Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg, der nach Polizeiangaben jemals in Schleswig-Holstein gefunden wurde. Am Dienstag bargen Experten des Kampfmittelräumdienstes den sogenannten Wohnblockknacker und entschärften ihn auf einem Schwimm-Ponton.
Erste Kommandeurin eines Kampfverbands der Marine
»Es gibt vieles zu tun, gerade für den Minenabwehrverband der Marine«, sagte der Kommandeur der Einsatzflottille 1, Flotillenadmiral Sascha-Helge Rackwitz. Er sei stolz und froh, auf solch eine tatkräftige und kompetente Mitstreiterin vertrauen zu dürfen. Die erste Kommandeurin eines Kampfverbandes habe über die Jahre nachgewiesen, dass sie eine der besten ihres Faches sei. Es sei Zeit, mit einer Frau in dieser Rolle zu zeigen, dass es bei der Bundeswehr keine Grenzen und auch keine Glasdecken gebe.
Von Puttkamer folgt als Kommandeurin auf Fregattenkapitän Carsten Schlüter (43). »Das dritte Minensuchgeschwader heute zu übergeben, fällt mir mehr als schwer«, sagte er zum Abschied nach 18 Monaten. Durch die Vorfälle mit den Nordstream-Pipelines sei das Thema Unterwasser-Kriegsführung wieder stärker in den Fokus gerückt. »Damit konnte sich auch endlich das Thema Mine aus dem Nischendasein der letzten Jahre befreien.« Allen müssen klar sein, dass die Marine noch einiges an Hausaufgaben in dem Bereich habe. »Aber die Dinge bewegen sich.« Er wechselt als Adjutant des Inspekteurs der Marine in das Marinekommando nach Rostock.
Seine Nachfolgerin sprach von einer Ehre, den Verband nun zu führen. »Andererseits bedeutet das für mich in diesen Zeiten natürlich auch eine herausgehobene Position, weil die Verteidigung und Sicherheit in den letzten zwei Jahren wieder sehr wichtig geworden ist.« Sie fühle sich gut vorbereitet. Seefahrt sei immer gefährlich, weil die Besatzung ab dem Auslaufen immer im Einsatz sei. »Denn alles, was passiert, ist scharf. Das ist das Besondere an Seefahrt.« Ihr mache Menschenführung besonderen Spaß.
Sie werde weiterhin auch ab und an zur See fahren, sagte von Puttkamer. Einerseits ginge es darum, die Besatzungen kennenzulernen. Aber auch bei Geschwaderübungen werde sie dabei sein, immer bei speziellen Ereignissen.
Nach Angaben der Bundeswehr gehören den Streitkräften derzeit 24.418 Soldatinnen an. Das ist mit 13 Prozent immer noch ein vergleichsweise geringer Anteil. Es gibt 6950 Offizierinnen. Bei der Marine leisten 1728 Frauen ihren Dienst, deutlich weniger als beim Heer (4673) und der Luftwaffe (2632).
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