Die unter Korruptionsverdacht stehende Politikerin Eva Kaili bleibt zunächst im Gefängnis. Eine Entscheidung über die weitere U-Haft der ehamligen Vize-Präsidentin des Europaparlaments wurde jedoch nicht getroffen. Der Termin sei auf kommende Woche Donnerstag verschoben worden, teilte die belgische Staatsanwaltschaft mit.
Die drei anderen Verdächtigen in dem Korruptionsskandal um das EU-Parlament wurden dagegen im Brüsseler Justizpalast angehört. Zwei von ihnen müssen nach einer Entscheidung der Ratskammer vorerst im Gefängnis bleiben. Gegen sie sei die Untersuchungshaft bestätigt worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Ein dritter Verdächtiger bleibe »ebenfalls in Gewahrsam, allerdings unter der Bedingung, dass er eine elektronische Fußfessel trägt«. Dabei kann der Beschuldigte das Gefängnis zwar verlassen, wird aber dazu verpflichtet, dauerhaft an einer Adresse zu bleiben, etwa im Hausarrest.
Korruption, Geldwäsche und Einflussnahme aus dem Ausland
Die belgische Justiz ermittelt seit Monaten wegen mutmaßlicher Korruption, Geldwäsche und Einflussnahme aus dem Ausland im Umfeld des Europaparlaments. Im Raum steht, dass das Golfemirat Katar, das derzeit die Fußball-Weltmeisterschaft ausrichtet, mit Geld- und Sachgeschenken versucht hat, politische Entscheidungen zu beeinflussen. Seit Freitag hat die belgische Justiz sechs Verdächtige festgenommen, von denen zwei mittlerweile wieder auf freiem Fuß sind.
Gegen Kaili und die drei anderen erließ ein Untersuchungsrichter dagegen am Sonntag Haftbefehl. Sie werden der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, der Geldwäsche und der Korruption beschuldigt.
Kaili schiebt Schuld auf nicht namentlich genannten Dritten
Kaili hat angegeben, die große Menge Bargeld in ihrer Brüsseler Wohnung habe weder ihr noch ihrem Partner, sondern einem Dritten gehört. Das sagte Michalis Dimitrakopoulos, einer ihrer Anwälte, dem griechischen TV-Sender Skai.
»Frau Kaili hat ihren Partner gefragt, was für Gelder das seien«, sagte Dimitrakopoulos. Der Lebenspartner habe erwidert, dass das Geld jemand anderem gehöre. »Darauf hin hat Frau Kaili gesagt, sie erlaube nicht, dass Gelder, die jemand anderem gehörten, in der gemeinsamen Wohnung aufbewahrt werden.« Aus diesem Grund habe Kailis Vater die Tasche mit Geld an sich genommen und sich auf dem Weg zu einem Hotel gemacht, wo der nicht namentlich genannte Empfänger hätte auftauchen sollen.
Kaili will den Angaben zufolge auf unschuldig plädieren. Einen Teil der Strategie offenbarte Dimitrakopoulos im Interview mit einem weiteren griechischen Sender: »Länder wie Katar, Kuwait oder der Oman hatten keinen Beweggrund, Frau Kaili Geld zu geben, weil sie ihnen nichts zu bieten hatte«, sagte er. Geld gebe man, wenn man dafür eine Gegenleistung erhalte. Frau Kaili jedoch habe lediglich die Politik des EU-Parlaments umgesetzt, sagte er dem Sender Open TV.
Bei den beiden Beschuldigten, die im Gefängnis bleiben, handelt es sich der Staatsanwaltschaft zufolge um F. G. und P. P. Dies sind zum einen Kailis Freund, der als Assistent eines Abgeordneten im EU-Parlament arbeitet, sowie der ehemalige sozialdemokratische Europaabgeordnete Pier Antonio Panzeri. Sie können noch Berufung gegen die Entscheidungen einlegen.
Grund für die Verschiebung der Kaili-Anhörung ist nach Angaben ihres Anwalts André Risopoulos ein Streik in dem Gefängnis, in dem die Griechin einsitzt. Deshalb habe sie nicht zum Gericht gebracht werden können, sagte er der belgischen Zeitung »L'Echo«. Kaili bleibt somit zunächst in Haft. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, E. K. habe eine Vertagung beantragt und werde nun am 22. Dezember angehört.
Kaili wurde mittlerweile als Vizepräsidentin des Europaparlaments abgesetzt. Ihre griechische Pasok-Partei und die sozialdemokratische Fraktion im Europaparlament schlossen sie aus.
Bislang fast 1,5 Millionen Euro beschlagnahmt
Bei Hausdurchsuchungen in Zusammenhang mit dem Korruptionsskandal hat die belgische Polizei in der Region Brüssel mittlerweile fast 1,5 Millionen Euro beschlagnahmt. Auf Twitter postete sie mehrere Fotos, auf denen unter anderem ein Rollkoffer und mehrere Aktenkoffer voller Geldscheine sowie etliche Stapel mit Geldnoten zu sehen sind.
Das Europaparlament will angesichts der mutmaßlichen Einflussnahme aus dem Wüstenstaat einem Entwurf zufolge bis auf Weiteres jede parlamentarische Arbeit zu Katar aussetzen. Solange die Vorwürfe nicht geklärt seien, solle es keine Abstimmungen zu oder Dienstreisen in das Golfemirat geben, heißt es in einem Entwurf für eine fraktionsübergreifende Entschließung, über die das Parlament am Donnerstag abstimmen will.
Außerdem soll demnach künftig mehr Personal und Geld zur Kontrolle der Transparenz-Angaben von Parlamentariern zur Verfügung stehen. Die Transparenzregeln sollen dem Entwurf zufolge nun auch für Nicht-EU-Länder gelten. Dem Text zufolge, der sich noch ändern kann, soll zudem ein Ethikgremium geschaffen werden.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich dagegen ausgesprochen, die Beziehungen Katar nun insgesamt auf den Prüfstand zu stellen. Auf eine entsprechende Frage sagte er in Brüssel, die Korruptionsvorwürfe seien »ein Thema für sich, und das muss für sich aufgeklärt werden«. Man müsse die Vorwürfe gegen die diejenigen prüfen, die bestochen worden sein sollen. Das gelte aber auch für diejenigen, »die auf der anderen Seite standen, also bestochen haben«, betonte Scholz.
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