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Emotionaler Kanzler Scholz kontert Störer: »Schreit ruhig«

Bei einer Wahlkampfveranstaltung knöpft sich Bundeskanzler Olaf Scholz eine Gruppe von mutmaßlichen Kritikern der Corona-Politik vor. Dabei legt er den Fokus auf den Ukraine-Krieg und Meinungsfreiheit.

Bundeskanzler Olaf Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht in Bottrop. Foto: Martin Meissner
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) spricht in Bottrop.
Foto: Martin Meissner

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bei einer Rede über die Solidarität der Menschen in der Corona-Krise und mit den Flüchtlingen aus der Ukraine emotional auf Pfiffe und Störungen reagiert.

Beim Auftakt für den Landtagswahlkampf der SPD am Samstag in Essen knöpfte er sich verbal eine Gruppe von mutmaßlichen Corona-Kritikern vor.

Fokus auf Meinungsfreiheit in einer Demokratie

Er sei stolz auf die Solidarität der Bürger mit den Flüchtlingen aus der Ukraine, sagte der Kanzler. Solidarität gelte auch, »wenn wir über Gesundheit reden. Wenn wir darüber reden, wie wir uns miteinander schützen können. Zum Beispiel in der ganzen Zeit der Corona-Pandemie«, erklärte Scholz, während Pfiffe und Zwischenrufe immer lauter wurden. »Und ich sage das, weil da hinten ja einige laut rumschreien: Hallo! Schreit ruhig, denn das ist doch wofür wir kämpfen und wofür die Bürgerinnen und Bürger in der Ukraine kämpfen. Dass man seine Meinung laut sagen kann, ohne Angst haben zu müssen.«

Scholz lenkte den Fokus auf die Meinungsfreiheit in einer Demokratie wie Deutschland: »Darum akzeptiere ich den bösen Zynismus nicht, mit dem einige sagen, hier könne man ja seine Meinung zu diesem Thema nicht sagen. Es ist eine Lüge! Schaut euch um in den Diktaturen dieser Welt, dann wisst ihr, was das bedeutet«, rief der 63-Jährige. »Nur weil man laut brüllt, hat man auch nicht recht. Sondern dafür braucht man schon ein paar Argumente. Und zu diesen Argumenten zählt, dass die Corona-Pandemie eine große Bedrohung ist für die ganze Menschheit.«

Scholz warnt vor Kriegsfolgen

Außerdem warnte Scholz vor den gravierenden, weltweiten Folgen des russischen Kriegs in der Ukraine. »Wir müssen dafür sorgen, dass dieser Krieg schnell zu Ende kommt«, sagte der SPD-Politiker.

Mit dem Angriff auf das Nachbarland verfolge der russische Präsident Wladimir Putin »territoriale Gebietsansprüche, die aus den imperialistischen Visionen früherer Jahrhunderte stammen«.

Putin bedrohe nicht nur die Ukraine. »Er zerstört dort nicht nur Menschenleben, Straßen, Infrastruktur, Häuser, Krankenhäuser. Er zerstört auch die Zukunft Russlands. Das ist der große, große Fehler von Präsident Putin«, betonte Scholz beim Wahlkampf-Auftakt der nordrhein-westfälischen SPD für die Landtagswahl am 15. Mai.

Putin habe sich mit seinem Krieg verrechnet, sagte der Bundeskanzler mit Verweis auf den erbitterten Widerstand der Menschen in der Ukraine und die große Geschlossenheit der demokratischen Welt. »Denn all die Pläne, all die Vorhaben, die der russische Präsident auf den Weg gebracht hat, sind nichts geworden. Er hat nicht damit gerechnet, dass die Ukraine sich verteidigt. Er hat geglaubt, dass dort welche stehen, Fähnchen schwenken und Beifall klatschen. Das ist nicht der Fall. Alle verteidigen sich«, sagte Scholz.

Krieg sei »Zerstörung von Zukunft«

Nach gut fünf Wochen sehe man die Folgen, »die dieser Krieg jetzt schon angerichtet hat, nicht nur in der Ukraine und Russland, sondern weltweit«, sagte der Kanzler. »All die Schwierigkeiten, die die Weltwirtschaft heute hat, die schon groß genug waren wegen der Corona-Pandemie und ihren ökonomischen und sozialen Auswirkungen, die werden jetzt noch größer wegen dieses Krieges. Ich sage: Er ist eine Zerstörung von Zukunft, weit über Russland und die Ukraine hinaus.«

Gleichzeitig lobte Scholz den großen Zusammenhalt im Westen. »Es gibt eine große Einheit der demokratschen Staaten in der Welt, der Europäischen Union, der Nato, unseres Verteidigungsbündnisses. Wir haben schnell gemeinsam reagiert und haben die Sanktionen verhängt, um diesen Krieg zu stoppen. Diese Maßnahmen sind wirksam«, betonte Scholz. Man wolle »alles dafür tun, dass wir wieder eine europäische Friedensordnung bekommen, in der die Prinzipien gelten, für die Willy Brandt und Helmut Schmidt und Egon Bahr und Johannes Rau so sehr gekämpft haben - nämlich, dass Grenzen unverletzbar sind in Europa, dass kein Krieg geführt wird, weil man mehr Land haben will.«

© dpa-infocom, dpa:220402-99-771424/3