Berlin (dpa) - Schmiergelder, bezahlte Luxusurlaube, Finanzspritzen für den Wahlkampf und zwielichtige Absprachen: Im Kampf gegen Bestechung und Korruption kommt weltweit kaum ein Staat voran - einer Studie zufolge auch Deutschland nicht.
Zwar halte sich das Problem hierzulande in Grenzen, erklärte die Anti-Korruptions-Organisation Transparency am Donnerstag. Doch sie sieht auch in der Bundesrepublik erheblichen Verbesserungsbedarf, vor allem bei der Parteienfinanzierung.
Transparency International veröffentlicht jedes Jahr einen globalen Korruptionsindex, ein Ranking von 180 Ländern weltweit. Gemessen wird die in Wirtschaft, Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption im öffentlichen Sektor.
Deutschland erreichte in der Untersuchung wie im Vorjahr 80 von 100 möglichen Punkten. Im Ländervergleich bedeutet das Rang 9 und eine Verbesserung um zwei Plätze - allerdings »nicht weil wir jetzt besser geworden sind, sondern weil andere etwas schlechter geworden sind«, sagte Transparency Deutschland-Chef Hartmut Bäumer in Berlin. Deutlich vor der Bundesrepublik rangieren Länder wie Dänemark, Neuseeland, Finnland und Singapur.
Zwei Drittel der Staaten erreichten in dem Index nicht einmal die Hälfte der möglichen Punkte. Ganz schlecht schneiden immer wieder etwa Somalia, der Südsudan und Syrien ab, aber auch der Jemen, Venezuela, der Sudan und Afghanistan. In vielen Ländern am unteren Ende des Rankings kontrollierten einige wenige, vermögende Personen die Politik, die Bevölkerung sei eher der Meinung, dass Wahlen gekauft seien, erklärte Transparency.
In den meisten Ländern scheint sich die Situation trotz aller internationalen Anstrengungen kaum zu verbessern. So konnten in den vergangenen acht Jahren nur 22 Länder ihre Bewertung signifikant steigern, darunter Griechenland, Guyana in Südamerika und Estland.
21 Länder wurden deutlich schlechter eingestuft, darunter Kanada und Australien. »Der Mangel an wirklichen Fortschritten gegen Korruption in den meisten Ländern ist enttäuschend und hat tiefgreifende negative Folgen für die Bürger auf der ganzen Welt«, sagte Transparency-Chefin Patricia Moreira.
Auffällig ist, dass die Bürger der EU-Staaten Rumänien, Kroatien und der Slowakei laut Index stärker unter staatlicher Korruption leiden als Menschen etwa in Ruanda, Saudi-Arabien und dem Oman. In allein vier der G7-Staaten verschlechterte sich die Situation: in Kanada, Frankreich, Großbritannien und den USA.
Die Vereinigten Staaten erreichten die schlechteste Bewertung seit 2012. Das Vertrauen der Amerikaner in die Regierung sei auf einem historischen Tief, erklärte Transparency. Skandale und Rücktritte deuteten darauf hin, dass sich die Kultur des »Pay to Play« unter Präsident Donald Trump weiter verfestigt habe.
Die Organisation wertet für ihren Index Daten von zwölf unabhängigen Institutionen aus, Grundlage sind unter anderem Befragungen von Geschäftsleuten etwa durch das Weltwirtschaftsforum oder die Weltbank. Deren Eindruck kann auf persönlichen Erfahrungen beruhen oder von Medienberichten über das Land sowie der konjunkturellen Lage im Land beeinflusst sein.
Objektive Indikatoren zur Messung von Korruption gebe es nicht, erklärte Transparency. »Korruption geht normalerweise mit illegalen Vorgängen einher, die nur durch Skandale und polizeiliche oder strafrechtliche Ermittlungen ans Licht kommen.« Die Dunkelziffer sei groß.
Darauf weist auch das Bundeskriminalamt in seinem Lagebild zur Korruption hin. Im Jahr 2018 registrierte die Polizei in Deutschland demnach 3804 Korruptionsstraftaten - etwa ein Fünftel weniger als im Vorjahr. Tatverdächtige, die die Hand aufhielten, waren überwiegend Amtsträger, also Beamte und Behördenmitarbeiter, oft mit Führungsfunktion. In einer Befragung des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln schätzten Unternehmen, ihnen gingen jedes Jahr 6,2 Prozent des Umsatzes durch Korruption verloren. Der Schaden laut IW-Hochrechnung: rund 412 Milliarden Euro im Jahr.
Transparency sieht in Deutschland allerdings vor allem Verbesserungsbedarf bei Regeln für die Parteienfinanzierung. Zu oft würden Spenden nicht offengelegt und Lücken beim Sponsoring ausgenutzt, beklagte Bäumer. »Die Vorwürfe der verdeckten Wahlkampfhilfen gegen die AfD und die Korruptionsaffäre in Regensburg zeigen deutlich, dass wir mehr Transparenz und eine Deckelung bei der Parteienfinanzierung brauchen.«
Die AfD war von der Bundestagsverwaltung wegen illegaler Parteispenden in Form von Wahlwerbung zu einer Geldstrafe verdonnert worden. In Regensburg sollen Spenden eines Bauunternehmers an die SPD bei der Vergabe eines Bauprojektes eine Rolle gespielt haben.
Transparency fordert, dass Parteispenden künftig schon ab 2000 Euro angezeigt werden müssen. Außerdem sollen sie auf 50 000 Euro pro Spender, Jahr und Partei gedeckelt werden. »Es muss der Eindruck vermieden werden, dass der Einfluss auf politische Entscheidungen mit der Höhe der Spenden zunimmt«, betonte Bäumer. Bisher müssen Spenden ab einer Höhe von 10 000 Euro jährlich im Rechenschaftsbericht einer Partei auftauchen. Gedeckelt sind sie nicht.
Auch das Antikorruptionsgremium des Europarats hatte im vergangenen Jahr bessere Vorkehrungen gegen Bestechung im Bundestag gefordert. Bis spätestens Juni muss Deutschland einen Bericht dazu vorlegen.