MAGDEBURG. Anders als 2016 ist Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff heute ein Mann mit vielen Möglichkeiten.
Damals blieb ihm nach der Landtagswahl als quasi einzige für ihn akzeptable Regierungsoption nur Deutschlands erstes Dreierbündnis von CDU, SPD und Grünen - nun, nach dem Votum vom Sonntagabend kann er auswählen. Zu verdanken hat er das unter anderem deutlichen Zugewinnen seiner CDU und der Rückkehr der FDP in den Landtag. Sogar für eine klassische Zweierkoalition nur mit der SPD würde es rechnerisch reichen. Dabei hatten die Umfragen vor der Wahl noch vermuten lassen, dass Haseloff für seine dritte Amtszeit vielleicht sogar ein Viererbündnis eingehen müsse.
Der Ministerpräsident selbst wollte am Wahlabend noch keine Präferenz äußern. Für die Regierungsbildung kann sich Haseloff auch alle Zeit nehmen: In Erwartung eines komplizierten Wahlergebnisses hat der letzte Landtag eine zweiwöchige Frist zur Wahl der Regierung nach der Einberufung des Parlaments ersatzlos aus der Landesverfassung gestrichen.
Nach dem vorläufigen Ergebnis legte die CDU auf 37,1 Prozent zu (2016: 29,8). Die AfD behauptete sich mit leichtem Verlust und 20,8 Prozent (24,3) als Nummer zwei. Die im Osten generell eher schwachen Grünen verbesserten sich nur wenig auf 5,9 Prozent (5,2). Die SPD verzeichnete mit 8,4 Prozent ihr bisher schlechtestes Ergebnis in Sachsen-Anhalt (10,6). Das gilt auch für die Linke, die auf 11,0 Prozent fiel (16,3). Die FDP erreichte 6,4 Prozent (4,9).
Die möglichen Regierungskoalitionen für Sachsen-Anhalt im Überblick:
CDU, SPD, GRÜNE (NACH DEN FLAGGENFARBEN KENIA-KOALITION GENANNT):
Die regierende Koalition käme auf eine Mehrheit von 55 der 97 Sitze. Haseloff hatte sich vor der Wahl mehrfach ausgesprochen zufrieden über die Arbeit des Dreierbündnisses geäußert und für eine Neuauflage offen gezeigt. Harmonisch verliefen die letzten fünf Jahre aber keineswegs, immer wieder stand das Bündnis kurz vor dem Aus. Die Grünen sind in weiten Teilen der CDU noch immer ausgesprochen unbeliebt, vor allem die grüne Agrarpolitik der Regierung war vielen Konservativen ein Dorn im Auge.
CDU, SPD, FDP (DEUTSCHLAND-KOALITION):
Diese Koalition gilt als Favorit der CDU-Basis, sie hätte mit 56 Sitzen einen mehr als eine Kenia-Koalition. Mit Justizministerin Anne-Marie Keding und Verkehrsminister Thomas Webel sprachen sich bereits zwei derzeitige Kabinettsmitglieder für Schwarz-Rot-Gelb aus. Haseloff war Fragen, ob die FDP nicht der natürliche Partner der CDU sei, aber oft ausgewichen.
CDU, SPD:
Mit einer damals noch großen Koalition regierte Haseloff bereits in seiner ersten Amtszeit von 2011 bis 2016. Grundsätzlich wäre er wohl auch dazu bereit. Die hauchdünne Ein-Stimmen-Mehrheit von 49 Sitzen macht das Zweierbündnis aber sehr unwahrscheinlich. Eine solche Koalition wäre von einzelnen Abgeordneten erpressbar, hieß es am Sonntag aus der CDU. Haseloff hatte sich stets für eine stabile Regierung ausgesprochen.
CDU, GRÜNE, FDP (JAMAIKA-KOALITION):
Mit 53 Sitzen hätte auch diese Koalition eine Mehrheit. Sie wollte Haseloff schon ein mal schmieden, allerdings in Berlin: als CDU-Mitverhandler auf Bundesebene 2017. Dass FDP-Chef Christian Lindner die Verhandlungen damals platzen ließ, nahm Haseloff ihm übel. Vor allem müsste die CDU in dieser Konstellation aber weiter mit den Grünen regieren und das mit einer kleineren Mehrheit als in einer Deutschland-Koalition. Sachsen-Anhalts erste Jamaika-Koalition erscheint am Morgen nach der Wahl daher unwahrscheinlich. (dpa)