Schulnoten auf der Weltklimakonferenz: Deutschland hat im internationalen Vergleich beim Klimaschutz »mittelmäßig« abgeschnitten - aber sich im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessert. Die Bundesrepublik belegte im jährlichen Index, der von den Umweltorganisationen Germanwatch sowie dem NewClimate Institute in Dubai veröffentlicht wurde, Platz 14 - das ist zwei Plätze besser als im Vorjahr.
Gleichzeitig übernimmt Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf der Klimakonferenz eine entscheidende Rolle: Sie soll für die EU die Verhandlungen darüber führen, ob sich die Weltgemeinschaft auf mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz einigen kann.
Positiv hoben die Autoren des Index die deutschen Fortschritte beim Ausbau erneuerbarer Energien hervor. Dennoch bekam Deutschland in allen Kategorien die Bewertung »mittelmäßig«. »Die Gründe für die eher mäßige Bewertung der nationalen Klimapolitik Deutschlands liegen vor allem in einer klimapolitisch zu schwachen Verkehrspolitik, der Abschwächung des Klimaschutzgesetzes sowie einem am Ende verwässerten Gebäudeenergiegesetz«, sagte Jan Burck, einer der Studienautoren. »Dies sind alles Ergebnisse der oft gegensätzlichen klimapolitischen Ambitionen innerhalb der Ampelkoalition.« Der Index bewertet die Bemühungen von 63 Ländern und der EU, diese umfassen mehr als 90 Prozent aller klimaschädlichen Treibhausgasemissionen.
Platz 1 bis 3 bleiben leer
Wie schon in den Vorjahren bleiben die ersten drei Plätze leer - weil den Autoren zufolge kein Land genug für den Klimaschutz macht, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Gemeint ist das 2015 in Paris vereinbarte Ziel, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.
Insgesamt bekam kein einziges Land für seine Klimapolitik eine »gute« Bewertung. »Die Regierungen setzten weniger klimapolitische Maßnahmen um und müssen viele Krisen gleichzeitig lösen«, hält Co-Autor Niklas Höhne vom NewClimate Institute fest. »Selbst Staaten mit eher besserer Klimapolitik wie Dänemark scheinen heute weiter vom Erreichen der Pariser Klimaziele entfernt zu sein als in den vergangenen Jahren.«
Dänemark gilt als Vorreiter
Dänemark führt wie schon in den Vorjahren das Ranking an - auch Estland und die Philippinen belegen vordere Plätze. Zu den Aufsteigern gehört Brasilien, das sich nach der Amtsübernahme des Staatspräsidenten Lula da Silva im Jahresvergleich von Rang 38 auf 23 katapultierte. Das liegt vor allem daran, dass die neue Regierung begonnen hat, die Abholzung des Regenwaldes einzudämmen.
Die großen Umweltverschmutzer China und die USA schneiden in den meisten Kategorien weiter schlecht ab. Allerdings gehört China bei den Erneuerbaren Energien zur Spitzengruppe. Die USA wird für den sogenannten Inflation Reduction Act (IRA) von US-Präsident Joe Biden gelobt, der ebenfalls den Ausbau der Erneuerbaren und die Energieeffizienz angekurbelt habe.
Die Bundesregierung setzt sich neben der Ankurbelung der Erneuerbaren und der Energieeffizienz in Dubai vor allem für den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas ein. Baerbock betonte: »Ich sage hier ganz deutlich: den Ausstieg aus den fossilen Energien und eben nicht den Ausstieg aus fossilen Emissionen.« Dies sei »ein riesengroßer Unterschied«. Schon jetzt sei klar, dass es um diesen Punkt am Ende »das heftigste Gerangel« geben werde.
Baerbock will keine Hintertüren zulassen
Hinter dem Streitpunkt steckt die mögliche künftige Rolle von Technologien wie der Speicherung oder Abscheidung von Kohlendioxid. Eine Formulierung wie "Ausstieg aus "fossilen Emissionen" bezieht den Einsatz solcher Technologien mit ein. Kritiker fürchten, dass dies am Ende einen Vorwand für die weitere Nutzung klimaschädlicher fossiler Brennstoffe liefern könnte, deren negative Auswirkungen sich allenfalls teilweise ausgleichen ließen. Der Gastgeber - die Vereinigten Arabischen Emirate - als Ölstaat hatte sich wie auch andere Länder schon vor Beginn für solche Technologien stark gemacht.
Der Klimachef der Vereinten Nationen, Simon Stiell, warnte: »Auf der COP28 muss es um Lösungen gehen, die alle Länder aus dem Klima-Schlamassel herausführen.« Zwar müsse man Kompromisse schließen, diese dürften jedoch nicht zulasten ehrgeiziger Ergebnisse gehen. »Ich will diese Woche keine Ablenkungen und politischen Spielchen, die den Klimaschutz als Geisel nehmen.«
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