Hochrangiger Besuch beim von der Bundeswehr geleiteten Ostsee-Großmanöver »Northern Coasts« in Lettland: Der stellvertretende Inspekteur der deutschen Marine, Vize-Admiral Frank Lenski, ist zu einem Besuch in Lettland eingetroffen. Gemeinsam mit weiteren hochrangigen Militärs von Bündnispartnern und einem Mitglied des Verteidigungsausschusses im Bundestag will sich der Befehlshaber der Flotte und Unterstützungskräfte ein Bild von dem Ostsee-Großmanöver »Northern Coasts« machen. Lenski und die anderen Besucher werden dazu per Helikopter an Bord des US-Militärschiffs »USS Mesa Verde« gehen.
»Unser Fokus liegt auf der Ostsee und der Nato-Nordflanke«, sagte Lenski nach der Ankunft in Riga. Er verwies darauf, dass Deutschland der Nato die Fähigkeit zur Führung von Seestreitkräften in einem regionalen maritimen Hauptquartier für die Ostsee gemeldet habe. Der dafür vorgesehene Stab führe auch das laufende Großmanöver.
Bei der Übung, die am 9. September startete und noch bis zum 23. September läuft, trainieren mehr als 3000 Soldaten aus 14 Ländern, rund 30 Schiffe und Boote sowie etwa 20 Luftfahrzeuge vor der Küste des Baltikums.
Das Übungsgebiet ist nicht weit von der russischen Ostsee-Exklave Kaliningrad entfernt. Dort hat Russland seine baltische Flotte stationiert. Geleitet wird die Übung in den Küstengewässer und den Land- und Luftraum Estlands und Lettlands von einem rund 1000 Kilometer entfernten Führungsstab in Rostock.
Trainingsziel: Bündnisverteidigung
»Northern Coasts« findet bereits seit 2007 jährlich auf Initiative der deutschen Marine statt. Doch erstmals wird nun angesichts der Konfrontation mit Russland und dessen Angriffskrieg in der Ukraine ein Szenario der Bündnisverteidigung zugrunde gelegt. So soll an der Nato-Ostflanke etwa trainiert werden, im Ernstfall die Seewege der baltischen Staaten freizuhalten. Dazu müssen sich die teilnehmenden Einheiten in simulierten Gefechtssituationen bewähren.
»Die Ostsee ist für alle Anrainerstaaten die Lebensader, und eine Unterbrechung des Handelsverkehrs hätte fatale Folgen«, sagte Flottillenadmiral Stephan Haisch vor der Beginn des Seemanövers in Riga. Der deutsche Übungsleiter betonte, dass es nur vier Zugangswege gebe, um per Schiff in die Ostsee - eines der dichtbefahrensten Seegebiete der Welt - zu gelangen: »Sehr leicht zu kontrollieren, aber andererseits auch sehr leicht zu blockieren.«
Verschiedene Übungsszenarien auf offener See
Gesammelt hatte sich der Flottenverband von gut 30 Schiffen und Booten - darunter sechs Fregatten und Zerstörer, vier Korvetten und Patrouillenschiffe sowie ein U-Boot - vor dem Auslaufen im Hafen von Riga und vor der Küste. Dazu kommen 19 Flugzeuge und Hubschrauber, darunter Seefernaufklärer sowie Transportmaschinen. Trainiert wird auf offener See etwa Minenräumen, Seeziel-Schießen oder U-Bootjagd. Auch der Schutz von Häfen und das Landen von Truppen an Land stehen auf dem Programm.
Keine Störungen oder Provokationen erwartet
Übungsleiter Haisch rechnete vor Beginn des Großmanövers nicht mit Störungen oder Provokationen seitens der russischen Marine. Dass Russland und die Nato jeweils die Übungen der anderen Seite beobachten, sei »normal«. Und sollte man sich einmal auf See zu nahekommen, gebe es Möglichkeiten, sich zu verständigen. »Ich rechne auch da nicht mit Problemen.«
Neben Ostsee-Anrainern nehmen auch Italien, Frankreich, Kanada und die USA an der Übung teil. Der lettische Marine-Chef Maris Polencs verwies darauf, dass die Zusammenarbeit der baltischen Staaten mit den regionalen Seestreitkräften intensiviert werden müsse. Dies habe der anhaltende Krieg in der Ukraine gezeigt.
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