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China kündigt Friedensinitiative für Ukraine-Krieg an

Wie kann die Ukraine im Kampf gegen Russland weiter militärisch gestärkt werden? Das ist für die westlichen Verbündeten das Hauptthema der Münchner Sicherheitskonferenz. China setzt einen anderen Akzent. Der Überblick.

Wang Xi
Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi kündigt auf der Münchner Sicherheitskonferenz eine Friedensinitiative für die Ukraine an. Foto: Peter Kneffel
Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi kündigt auf der Münchner Sicherheitskonferenz eine Friedensinitiative für die Ukraine an.
Foto: Peter Kneffel

Während die Verbündeten der Ukraine weitere Waffenlieferungen für den Kampf gegen die russischen Angreifer in Aussicht stellen, kündigt China auf der Münchner Sicherheitskonferenz einen Friedensplan an. »Wir werden etwas vorlegen. Und zwar die chinesische Position zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise«, sagte Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi laut offizieller Übersetzung in seiner Rede. »Wir werden auf der Seite des Friedens und des Dialoges standfest stehen.«

US-Vizepräsidentin Kamala Harris stellte der Ukraine anschließend weitere militärische Unterstützung in Aussicht - solange dies nötig sei. Der britische Premierminister Rishi Sunak forderte eine Intensivierung der Militärhilfe. »Gemeinsam müssen wir der Ukraine helfen, ihre Städte vor russischen Bomben und iranischen Drohnen zu schützen. Und deshalb wird Großbritannien das erste Land sein, das der Ukraine Waffen mit größerer Reichweite zur Verfügung stellt.«

Die Ukraine forderte auch Phosphor-Brandwaffen und Streumunition, um im Kampf gegen Russland bestehen zu können. Das stieß selbst bei vehementen Befürwortern von Waffenlieferungen wie dem Grünen-Politiker Anton Hofreiter auf Kritik. Streumunition ist völkerrechtlich geächtet. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba verwies aber darauf, dass sein Land keine Vertragspartei des Übereinkommens über das Verbot dieser Waffen sei. »Rechtlich gesehen gibt es dafür also keine Hindernisse. Und wenn wir sie (die Streumunition) erhalten, werden wir sie ausschließlich gegen die Streitkräfte der Russischen Föderation einsetzen.« Die Ukraine habe Beweise dafür, dass Russland Streumunition verwende.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erteilte der Forderung eine Absage. »Die Nato hat diese Art von Waffen weder empfohlen noch geliefert. Wir liefern Artillerie und andere Arten von Waffen, aber keine Streubomben«, sagte Stoltenberg RTL/ntv.

Baerbock begrüßt Initiative - Kuleba zurückhaltend

Bei der Sicherheitskonferenz beraten seit Freitag Politiker und Experten aus fast 100 Ländern vor allem darüber, wie man zu einem Ende des Ukraine-Kriegs kommen kann. Russische Offizielle sind erstmals seit den 1990er Jahren nicht eingeladen. Die Verbündeten der Ukraine stellen die große Mehrheit der Teilnehmer. Unter anderem deswegen wurde der Beitrag Chinas mit Spannung erwartet. Die Atommacht gibt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin weiter Rückendeckung.

Wang Yi warb für seine Friedensinitiative, indem er auf die UN-Charta verwies. Das Chaos und die Konflikte, die die Welt im Moment schmerzen ließen, seien hervorgerufen worden, weil die Prinzipien der UN-Charta nicht aufrechterhalten worden seien.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) begrüßte die Initiative. Es sei gut, wenn China »eine Verantwortung sieht, für den Weltfrieden einzustehen«, sagte die Grünen-Politikerin. Auf die Frage, welche Chancen sie einem solchen chinesischen Friedensvorstoß gebe, ergänzte Baerbock: »Wenn man das ganze Jahr für Frieden arbeitet, muss man jede Chance auf Frieden nutzen.« Kuleba reagierte zurückhaltend. Solange keine konkreten Vorschläge auf dem Tisch lägen, mache es keinen Sinn, darüber zu sprechen.

Keine Entspannung zwischen USA und China in Ballon-Krise

US-Vizepräsidentin Harris ging in ihrer Rede nicht auf die Friedensinitiative ein. Sie warnte China stattdessen davor, Russland mit Waffenlieferungen zu unterstützen. Alle Schritte Chinas in diese Richtung würden »Aggression belohnen, das Töten fortsetzen und eine regelbasierte Ordnung weiter untergraben«, sagte sie. »Wir sind besorgt darüber, dass Peking seine Beziehungen zu Moskau seit Beginn des Krieges vertieft hat.«

Zu der erhofften Entspannung in der Ballon-Krise zwischen USA und China kam es in München zunächst nicht. Ein Treffen zwischen Wang Yi und US-Außenminister Antony Blinken kam zunächst nicht zustande. Wang Yi machte den USA stattdessen schwere Vorwürfe. Den Abschuss eines mutmaßlichen chinesischen Spionageballons durch die US-Streitkräfte nannte er »absurd und hysterisch«. Es sei »ein hundertprozentiger Missbrauch der Anwendung von Gewalt« und »ein Verstoß gegen internationale Regeln«.

Vor knapp zwei Wochen hatte das US-Militär einen mutmaßlichen Spionageballon vor der Küste des Bundesstaats South Carolina über dem Atlantik abgeschossen. Die USA werfen China vor, es habe Militäreinrichtungen ausspionieren wollen. Peking spricht dagegen von einem zivilen Forschungsballon, der vom Kurs abgekommen sei. Der Vorfall sorgte für zusätzliche Spannungen im ohnehin belasteten Verhältnis.

USA werfen Russland Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor

Die USA warfen Russland auf der Konferenz offiziell Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. »Wir haben die Beweise geprüft, wir kennen die gesetzlichen Normen, und es besteht kein Zweifel: Das sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit«, sagte Harris. Sie sprach von »weitreichenden und systematischen Angriffen auf die Zivilbevölkerung« und beschuldigte die russischen Truppen des Mordes, der Folter, Vergewaltigung und Deportation. Den Verantwortlichen drohte die US-Präsidentin mit Konsequenzen: »Ich sage allen, die diese Verbrechen begangen haben, und ihren Vorgesetzten, die an diesen Verbrechen mitschuldig sind: Sie werden zur Rechenschaft gezogen.«

Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind schwere Verstöße gegen das internationale Völkerrecht. Sie sind durch systematische Angriffe gegen die Zivilbevölkerung gekennzeichnet. Zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit zählen zum Beispiel Mord, Versklavung und Deportation.

© dpa-infocom, dpa:230217-99-640152/14