Logo
Aktuell Inland

CDU will Asylpolitik krisenfest machen

Für die Union ist die Flüchtlingspolitik ein bisschen das, was Hartz-IV für die SPD ist: ein unbewältigtes Trauma. Ein »Werkstattgespräch« soll nun Abhilfe schaffen und den Blick der Christdemokraten wieder frei für die Zukunft machen.

Meldebescheinigung für Asylsuchende
Mit Hilfe eines »Werkstattgesprächs« wollte die CDU den internen Streit über die Flüchtlingspolitik von Kanzerlin Merkel beilegen. Foto: Daniel Karmann
Mit Hilfe eines »Werkstattgesprächs« wollte die CDU den internen Streit über die Flüchtlingspolitik von Kanzerlin Merkel beilegen. Foto: Daniel Karmann

Berlin (dpa) - Die CDU will das Asylsystem nach den Erfahrungen der vergangenen dreieinhalb Jahre krisenfest machen - und den eigenen Streit über die Flüchtlingspolitik damit hinter sich lassen.

Dazu beginnt die Partei an diesem Sonntagabend ein zweitägiges »Werkstattgespräch« mit Experten und Fachpolitikern zu den Themen Migration, Sicherheit und Integration. Der CDU-Innenexperte Armin Schuster sagte der Deutschen Presse-Agentur: »Es wird weltpolitisch immer wieder zu Situationen wie 2015 kommen. Darauf sollten wir uns mit den jetzigen Erfahrungen neu vorbereiten.« Die Vorschläge sind dabei vielfältig. Sie reichen von der Zentralisierung der Abschiebungen bis hin zur Abweisung solcher Migranten an den Grenzen, die bereits in anderen EU-Ländern Asyl beantragt haben.

»Ohne Wenn und Aber gilt es, die politischen, juristischen und exekutiven Weichenstellungen darauf abzuklopfen, was wir künftig besser machen können«, erklärte Schuster. Viele CDU-Mitglieder wünschten sich Kursbestimmung und Klarheit. »Genau das sollten die «Werkstattgespräche» liefern.«

Die zurückliegende Flüchtlingskrise habe zu migrations- und sicherheitspolitischen Entscheidungen der Bundesregierung geführt, die in der CDU zwar klare Mehrheiten auf Parteitagen erhalten hätten, sagte der frühere Bundespolizist. Dennoch seien die Entscheidungen in der Union umstritten gewesen. Sie hätten »auch in Deutschland eine zunehmend aufgeheizte politische Stimmung erzeugt«. Es sei deshalb »richtig und notwendig, dass sich die CDU unabhängig von jedweder Regierungs- oder Koalitionsräson im Bund oder den Ländern kritisch mit diesen Entscheidungen auseinandersetzt«.

Die neue Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hatte die Veranstaltung noch vor ihrer Wahl Anfang Dezember angekündigt. Sie will damit verhindern, dass der Streit über den Migrationskurs ihrer Vorgängerin zu einem für die Union ähnlich belastenden Trauma wird wie die Hartz-IV-Reformen des damaligen SPD-Kanzlers Gerhard Schröder für die Sozialdemokraten.

Damit, dass Kanzlerin Angela Merkel nicht eingeladen wurde, dürfte Kramp-Karrenbauer verhindern wollen, dass sich an der auch in der Union polarisierenden Kanzlerin erneut Emotionen entzünden. Denn dann könnte eine nüchterne Diskussion über Konsequenzen aus Defiziten bei Migration, Sicherheit und Integration schwerer werden.

Kramp-Karrenbauer selbst steht bei der Veranstaltung vor einem Spagat: Von der Kanzlerin enttäuschte Parteimitglieder dürften von ihr eine Art Distanzierung gegenüber Merkel erwarten. Die neue Vorsitzende dürfte aber ein Scherbengericht für ihrer Fördererin Merkel unbedingt vermeiden wollen.

Auch der damalige Innenminister Thomas de Maizière ist nicht eingeladen. »Ich habe mit Annegret Kramp-Karrenbauer über die Veranstaltung geredet. Aber ich werde nicht dabei sein«, sagte er der »Bild am Sonntag«. In seinem am Montag erscheinenden Buch mit dem Titel »Regieren« verteidigt er sein Agieren in der Flüchtlingskrise 2015 und die Entscheidung, die Grenzen nicht zu schließen. Den Vorwurf des damaligen CSU-Chefs und heutigen Innenministers Horst Seehofer (CSU), die offenen Grenzen stellten eine »Herrschaft des Unrechts« dar, kritisiert er darin als »ehrabschneidend«.

Der Bundestagsinnenpolitiker Marian Wendt (CDU) forderte, Asylbewerber mit einem laufenden Antrag in anderen EU-Ländern an den Grenzen abzuweisen. »Bis das Dublin-System repariert ist und die Doppelasylbewerber endlich mehrheitlich in die für sie zuständigen Staaten zurückgebracht werden können, müssen wir selbst handeln«, erklärte er in der »Welt am Sonntag«. Ex-Innenausschuss-Chef Wolfgang Bosbach (CDU) sagte dem Blatt, dies solle »wenigstens wieder bei solchen Asylbewerbern möglich sein, die weder einen Pass, noch irgendein anderes Identitätsdokument mitbringen«.

Der rheinland-pfälzische Landtagsfraktionsvorsitzende Christian Baldauf schlägt in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Drei-Punkte-Papier vor, dass die Länder Abschiebungen zentral durchführen müssen, die Bundespolizei für die Beschaffung von Ersatzpapieren zuständig wird und beim Scheitern einer Abschiebung weiter zuständig bleibt, damit Betroffene nicht in ihre Unterkunft zurückkehren dürfen und dann untertauchen können.

De Maizière schlug die Einrichtung einer zentralen Einwanderungsbehörde für Deutschland vor. Aktuell seien die Entscheidungsprozesse auf zu viele Stellen verteilt, erklärte er in der »BamS«. »Bei Flüchtlingen trifft das Bundesamt für Migration die erste Entscheidung über den Asylantrag, alle weiteren liegen dann bei den örtlichen Ausländerbehörden. Die Bundesländer haben dabei keine einheitliche Regelung, wie lange zum Beispiel eine Duldung erteilt wird oder wie Aufenthaltstitel vergeben werden. Auch bei der Frage der Abschiebung gibt es sehr unterschiedliche Vorgehensweisen.«