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CDU debattiert über Abgrenzung zur Linken und K-Frage

Jenseits der AfD kann in Thüringen eine Regierung nur geschmiedet werden, wenn CDU oder FDP mit der Linken kooperieren. Die Union hat aber beschlossen, dass sie Koalitionen oder ähnliche Formen der Zusammenarbeit mit Linken wie AfD ablehnen. Was nun, CDU?

Mike Mohring
Mike Mohring, Landesvorsitzender der CDU in Thüringen, spricht bei einer Pressekonferenz nach der Sitzung des CDU-Bundesvorstand. Die CDU ist bei der Landtagswahl nur drittstärkste Kraft hinter Die Linke und der AfD geworden. Foto: Michael Kappeler/dpa
Mike Mohring, Landesvorsitzender der CDU in Thüringen, spricht bei einer Pressekonferenz nach der Sitzung des CDU-Bundesvorstand. Die CDU ist bei der Landtagswahl nur drittstärkste Kraft hinter Die Linke und der AfD geworden. Foto: Michael Kappeler/dpa

BERLIN. Nach der historischen Schlappe bei der Landtagswahl in Thüringen diskutiert die CDU über eine Kooperation mit der Linkspartei und die nächste Kanzlerkandidatur.

Der stellvertretende Bundesvorsitzende Thomas Strobl sagte der »Rhein-Neckar-Zeitung«: »Wenn ich an eine Zusammenarbeit mit der Linken denke, sträubt sich alles in mir, wirklich alles.« Er betonte, Thüringens CDU-Landeschef Mike Mohring kenne die Beschlusslage der Bundes-CDU, nach der Koalitionen mit der Linken wie der AfD ausgeschlossen seien.

Vizefraktionschef Carsten Linnemann pflichtete Strobl bei. »Die DNA der CDU muss sein: Haltung statt Beliebigkeit. Deswegen kann und darf es auch keine Zusammenarbeit mit den Linken in Thüringen geben«, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Allein schon in Fragen der Wirtschafts-, Sozial- und Verteidigungspolitik gebe es keinerlei Gemeinsamkeiten. Ähnlich äußerte sich der Chef der Jungen Union (JU), Tilman Kuban: Mit den »SED-Erben« könne man 30 Jahre nach dem Mauerfall nicht koalieren, »das ist für uns ausgeschlossen«, sagte Kuban in der ARD-»Tagesthemen«. Das gelte auch für die AfD. »Das sind keine Leute, mit denen wir zusammenarbeiten.«

Die CDU in Thüringen war am Sonntag auf das historische Tief von 21,8 Prozent abgesackt. Die Christdemokraten landeten hinter Linkspartei und AfD auf Platz drei. Mohring will angesichts der unklaren Mehrheitsverhältnisse nun eine Gesprächseinladung von Linke-Ministerpräsident Bodo Ramelow annehmen. Jenseits der AfD ist eine Regierungsbildung nur möglich, wenn Union oder FDP mit den Linken, SPD und Grünen kooperieren - also entweder doch eine Koalition eingehen oder aber eine Minderheitsregierung dulden.

Am Montagabend schloss Mohring - offensichtlich auch auf Drängen seines Landesvorstands - eine Koalition mit der Linken aus. Auch könne er sich keine Situation vorstellen, »dass die abgewählte rot-rot-grüne Landesregierung durch die Unterstützung der CDU in eine neue Regierungsverantwortung gehoben wird.« Das schließe sich aus, sagte er.

Mohring war nach der Wahl zunächst so verstanden worden, dass er die strikte Abgrenzung zur Linken infrage stellen könnte. Das hatte für Widerstand gesorgt, auch in der Thüringer CDU. Einige Mitglieder von Landesvorstand und -präsidium hätten auf eine Klarstellung gepocht, hieß es nach der Sitzung der Parteigremien.

Axel E. Fischer, Mitglied des Unions-Fraktionsvorstandes, gab der Bundes-CDU unter Führung von Annegret Kramp-Karrenbauer eine Mitschuld an dem Wahldebakel. »Die Wahlniederlage in Thüringen ist die logische Konsequenz einer gefühlt inhaltsleeren Politik der Bundes-CDU«, sagte er der »Augsburger Allgemeinen«. Er fragte: »Wer kämpft noch für Steuererleichterungen für die Menschen und gegen ständige Energieverteuerung?« Auch die Zuwanderungspolitik der Bundesregierung sei widersprüchlich, sagte der Abgeordnete aus Karlsruhe und nannte als Beispiele: »Schleppende Integration der Migranten, mangelhafte Abschiebungen von kriminellen Ausländern und teilweise monatelange Wartezeiten für ausgebildete Fachkräfte auf ein Visum nach Deutschland.« Dazu kämen ungedeckte Rentenversprechen sowie »unerfüllbare ideologische Forderungen an die Landwirtschaft und übertriebene Gängelung der Autofahrer«.

Kramp-Karrenbauer hatte angesichts der innerparteilichen Angriffe ihren Führungsanspruch am Montag untermauert. Im Bundesvorstand sei von Kuban, »die Führungsfrage gestellt worden«, sagte Kramp-Karrenbauer. Sie forderte interne Kritiker zugleich auf, im Streit um die Kanzlerkandidatur 2021 öffentlich Farbe zu bekennen. Sie wolle diese Entscheidung dem Parteitag im nächsten Jahr vorlegen. Wer immer meine, die Frage müsse jetzt entschieden werden, habe auf dem anstehenden Parteitag (22. bis 23. November) dazu Gelegenheit.

Der Chef des Parlamentskreises Mittelstand, der CDU-Politiker Christian von Stetten, fordert in der »Heilbronner Stimme« eine kritische Rückschau und einen Kurswechsel: »Erst wenn die CDU bereit ist, Fehler in der Flüchtlings-, Euro- und Energiepolitik offen einzugestehen, haben wir eine Chance, die verloren gegangenen Wähler zurückzugewinnen.« Der Wahlsonntag werde auch Folgen für die Bundesregierung haben, meint er: »Ein Ende der Großen Koalition noch vor dem offiziellen nächsten Wahldatum ist durch die Wahlergebnisse am letzten Sonntag in Thüringen wahrscheinlicher geworden.« Auf dem Bundesparteitag müsse die CDU die Annäherung an die SPD aufgeben. Er fügte an: »Unserem Land und unserer Partei geht es nicht so gut, als dass wir auf Personen wie Friedrich Merz verzichten können.« Der frühere Unionsfraktionschef war Kramp-Karrenbauer im Rennen um den Parteivorsitz unterlegen.

Merz selbst wertete die historisch schlechten Wahlergebnisse für CDU und SPD in Thüringen als »großes Misstrauensvotum« gegen die große Koalition in Berlin. Dabei stehe ganz überwiegend Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Mittelpunkt der Kritik, die »politische Führung und klare Aussagen« vermissen lasse, sagte er am Montag im ZDF. Ein Beispiel sei die monatelange, ergebnislose Diskussion über die Grundrente. Die »Untätigkeit und die mangelnde Führung« Merkels habe sich seit Jahren wie ein Nebelteppich über das Land gelegt, sagte Merz. »Das ist der Hauptkritikpunkt, den ich wahrnehme, und den ich auch teile. Das kann so nicht weitergehen. Und ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass diese Art des Regierens in Deutschland noch zwei Jahre dauert.« Kramp-Karrenbauer kritisierte er dagegen nicht, sie habe seiner Meinung nach keine so negative Rolle gespielt. Er habe ihr auch seine Unterstützung zugesagt. »Dazu stehe ich. Und dazu stehe ich auch in schwierigen Zeiten.«

Auch Kuban betonte in der ARD: »Ich stelle Annegret Kramp-Karrenbauer nicht infrage.« Er habe lediglich gesagt, »dass wir eine Führungsdebatte in Deutschland haben, dass eine unklare Führungsfrage da ist, insbesondere in der Frage, wer für uns zukünftig im Kanzleramt arbeiten soll, darum geht es, es geht nicht um die Parteivorsitzende«.

Der stellvertretende FDP-Chef Wolfgang Kubicki sagte der »Passauer Neuen Presse« dagegen, die CDU habe ein gravierendes Führungsproblem. »Frau Kramp-Karrenbauer hat nicht das Format für eine Parteichefin und auch nicht für die Kanzlerkandidatur.« Die CDU folge jetzt der SPD und erlebe einen dramatischen Niedergang.

Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann mahnte zur Ruhe und sagte der Funke-Mediengruppe: »Mit dem Gerede über die Kanzlerkandidatur muss endlich Schluss sein. Sonst erleiden wir mit der ständigen Selbstbeschäftigung das gleiche Schicksal wie die SPD und marginalisieren uns selbst.« Strobl sagte: »Die Frage der Kanzlerkandidatur im Herbst 2021 steht momentan wirklich nicht an.« (dpa)