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Aktuell Inland

Bundeswehr verstärkt Nato-Einsatz

Deutschland reagiert mit den Nato-Partnern auf den Krieg in der Ukraine. Die Abschreckung wird hochgefahren. Es geht um mehr als ein paar hundert Soldaten.

Bundesverteidigungsministerin Lambrecht
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) will laut einem Medienbericht der Nato weitere Unterstützung anbieten. Foto: Mindaugas Kulbis
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) will laut einem Medienbericht der Nato weitere Unterstützung anbieten.
Foto: Mindaugas Kulbis

Deutschland wird für den Schutz der Nato- Partner im Osten Europas weitere Soldaten und Waffensysteme stellen.

Dabei sei das gemeinsame Ziel, die Abschreckung zu verstärken und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ein Stop-Signal zu senden, wie Verteidigungsministerin Christine Lambrecht am Freitag der Deutschen Presse-Agentur erklärte. »Wir beobachten in der Nato mit großer Sorge, dass er in seiner gestrigen Kriegserklärung auch versteckt mit dem Einsatz von Nuklearwaffen gedroht hat. Aber wir zeigen durch Abschreckung, durch unsere Geschlossenheit und durch unsere klare Position, dass wir uns hiervon nicht einschüchtern lassen«, sagte die SPD-Politikerin. Und: »Ein Angriff auf einen Bündnispartner wäre ein Angriff auf uns alle, mit schrecklichen Folgen für Russland. Das weiß auch Putin.«

Am Samstag soll das Aufklärungsschiff »Alster« der Marine auslaufen, das in der Ostsee »Auge und Ohr« ist. »Wir werden auch eine Fregatte und eine Korvette bereitstellen und wir bereiten mehr vor«, sagte Lambrecht. Deutschland sei in der Nato »ein verlässlicher Partner«. »Wir werden weitere Kompanien bereitstellen. Wir werden uns auch mit Luftraumüberwachung und Flugabwehr engagieren. Die Details stimmen wir jetzt in der Nato ab«, sagte die SPD-Politikerin. Aber dabei werde es womöglich nicht bleiben. »Wir sind in der Nato nach den USA der größte Truppensteller. Allein bei der Nato Response Force sind das derzeit etwa 13.000 Soldatinnen und Soldaten«, sagte sie mit Blick auf die Nato-Reaktionskräfte.

Flugabwehrsysteme in Slowakei

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sehen Planungen vor, deutsche »Patriot«-Flugabwehrsysteme in die Slowakei zu bringen. Der von den baltischen Nato-Partnern wie Litauen erbetene, verstärkte Schutz des Luftraums soll von Schiffen in der Ostsee aus erfolgen. Die Slowakei hätte auch gern einen von Deutschland geführten Nato-Gefechtsverband, wie es ihn in Litauen schon gibt. Deutschland wird sich aber - so der Planungsstand - zunächst wohl in Rumänien an einem von Frankreich angekündigten Nato-Verband beteiligen.

In einem ZDF-»Spezial« sagte Lambrecht, die Bundeswehr werde für die Slowakei eine Kompanie »zügig in Gang setzen«. Diese solle zu einer Kampfgruppe (Battlegroup) anwachsen. »Auch bei der Luftverteidigung werden wir uns engagieren.«

Deutschland stellt von diesem Jahr an bis 2024 zudem für die Nato-Reaktionskräfte (»Nato Response Force«) rund 13.600 der insgesamt 40.000 Soldaten - ein Plus von 70 Prozent gegenüber 2019. Im kommenden Jahr führt Deutschland zudem die Nato-»Speerspitze« VJTF. Seit Donnerstag beteiligte sich die Bundeswehr an der Luftbetankung von Nato-Flugzeugen, die den Luftraum entlang der östlichen und südöstlichen Flanke des Bündnisses sichern.

»Es war ein kleiner Moment der Hoffnung, als Putin angekündigt hat, dass er Truppen abziehen würde, wenn Übungen beendet sind. Der letzte Sonntag wäre ein gutes Zeitfenster gewesen, um den Worten auch Taten folgen zu lassen«, sagte Lambrecht. Die Hoffnungen hätten sich aber »brutal zerschlagen«. »Wir wissen mittlerweile, wie perfide er agiert: Auf der einen Seite versucht er zu beschwichtigen, aber auf der anderen Seite bereitet er alles vor, damit er losschlagen kann. Und ich muss ehrlich sagen, jetzt befinden wir uns erst einmal in einer Situation, in der ich einen Dialog für äußerst schwierig halte. Aber der Dialog darf nie komplett abbrechen.«

Der russische Präsident ist nach ihrer Einschätzung »vorbereitet darauf, die Ukraine vollständig einzunehmen«. »Er hat umfangreiche militärische Möglichkeiten zur Verfügung. Er hat mehr oder weniger die Luftwaffe und die Luftverteidigung der Ukraine ausgeschaltet und das ist ein Zeichen dafür, dass er Raum gewinnen will«, sagte Lambrecht, die derzeit dauerend neue Lagebericht erhält und teils auch in der Nacht geweckt werden muss.

Nouripour sieht Versäumnisse bei Aufstellung der Bundeswehr

Der Grünen-Co-Vorsitzende Omid Nouripour sieht politische Versäumnisse bei der Aufstellung der Bundeswehr. »Ich muss einfach eingestehen: Wenn es einen Grund gibt für Politik, ein schlechtes Gewissen zu haben, dann sind es die Berichte über den Zustand der Bundeswehr«, sagte Nouripour am Freitag im Interview mit dem Deutschlandfunk. Der Grünen-Parteichef bezog sich dabei unter anderem auf einen Post des Heeresinspekteurs Alfons Mais. Dieser hatte auf dem Netzwerk Linkedin angesichts der Entwicklungen im Russland-Ukraine-Konflikt geschrieben, dass die Bundeswehr »mehr oder weniger blank« dastehe.

Nouripour erklärte, dass in den nächsten Tagen Gespräche über den Verteidigungshaushalt nötig seien. »Das werden wir in den nächsten Tagen miteinander erörtern müssen. Auch da kann ich nichts ausschließen«, sagte Nouripour. Es gehe jetzt darum, zu überlegen, »wie die Europäische Union handlungsfähiger wird, auch im militärischen Bereich«.

CSU: Bundeswehr braucht mehr Geld

Die CSU fordert deutlich mehr Geld für die Bundeswehr. »Es ist Krieg«, sagte CSU-Chef Markus Söder nach einer Videoschalte des CSU-Vorstands in München. Es handele sich in der Ukraine nicht um einen Regionalkonflikt, letztlich sei die »Sicherheit von uns allen«, von ganz Europa, der Nato und Deutschland betroffen.

Die Bundeswehr müsse jetzt neu aufgestellt werden, betonte Söder. Es sei beschämend, wenn etwa in Litauen stationierte Soldaten Kleidung oder auch Munition für die Waffen fehle. »Es muss ich grundlegend was ändern.« Die Bundeswehr brauche mehr Geld, damit sie in der Lage sei, die Landesverteidigung und die Bündnisverteidigung zu übernehmen. Auch müsse die Luftverteidigung neu organisiert werden. Dazu zähle auch ein Festhalten an der sogenannte nuklearen Teilhabe, also etwa die Ausstattung von Flugzeugen in Deutschland mit Nuklearwaffen.

© dpa-infocom, dpa:220225-99-281041/9