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Bundeswehr-Denkfabrik: Wasserstoff eine strategische Chance

Ist es ein Konzept für mehr Autonomie Deutschlands und den Schutz des Klimas zugleich? Bundeswehrforscher raten zu einer militärischen Wasserstoffstrategie.

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Soldaten der Bundeswehr laufen über den Appellplatz im niedersächsischen Seedorf. Foto: Sina Schuldt
Soldaten der Bundeswehr laufen über den Appellplatz im niedersächsischen Seedorf.
Foto: Sina Schuldt

Bundeswehrforscher plädieren für eine militärische Wasserstoffstrategie als Beitrag zu einer unabhängigeren Energieversorgung Deutschlands.

Dies biete sich zunächst für die küstennahe Schifffahrt und den Flugverkehr an, wo auch synthetisch erzeugte Kraftstoffe zum Einsatz kommen könnten, schreiben die Wissenschaftler in einer Untersuchung, die die Bundeswehr-Denkfabrik GIDS in der Nacht zum Dienstag veröffentlichte. Auch der Betrieb von Fahrzeugen und die große Zahl an Gebäuden werden genannt.

Das GIDS (German Institute for Defence and Strategic Studies) ist eine Kooperation der Führungsakademie der Bundeswehr und der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr in Hamburg. Das Institut berät die Politik und die militärische Führung.

Energieintensive Systeme benötigt

»Die Frage der Energieautonomie der Bundeswehr der Zukunft besitzt vor dem Hintergrund erwartbarer Veränderungen der Energieinfrastruktur sowie der Antriebssysteme für die Mobilität eine große Bedeutung«, stellen die Forscher fest. Ein zentraler Kristallisationspunkt sei in Deutschland die nationale Wasserstoffstrategie.

In Deutschland soll Wasserstoff nach dem Willen der Bundesregierung ein Baustein der Energiewende sein. Er lässt sich mit Strom aus Windkraft und Solaranlagen gewinnen und kann in Verbrennungsmotoren oder Brennstoffzellen verwendet werden. Wasserstoff kann auch für die Herstellung alternativer Kraftstoffe, zur Langzeitspeicherung sowie als Rohstoff für industrielle Prozesse eingesetzt werden.

Die Forscher verweisen auf die zunehmende Technisierung der Streitkräfte. Diese mache energieintensive Systeme notwendig, die bisher vorrangig von fossilen Energieträgern angetrieben werden. »Die Fähigkeit, erfolgreiche militärische Operationen zu planen und durchzuführen, ist daher zunehmend auch an das Energiemanagement von Streitkräften selbst geknüpft«, heißt es in dem Bericht. »Folglich macht eine solche volkswirtschaftliche und militärische Abhängigkeit von Öl den Zugang zu diesem Energieträger und die Stabilisierung der Ölmärkte bekanntermaßen zu einer strategischen und sicherheitspolitischen Notwendigkeit.«

Insbesondere in Europa gehe aber die Förderung von Rohöl und Erdgas absehbar zurück - schon wegen der Ausschöpfung bestehender Lagerstätten. Damit werde die Abhängigkeit von Erdöl aus Krisenregionen steigen. »Aber auch Erdgasimporte werden zukünftig weniger aus Westeuropa erfolgen können«, erklärten die Forscher. Diese Entwicklung werde seit vielen Jahren erwartet und könne sich verschärfen, wenn trotz steigenden Verbrauchs weniger in die Erschließung neuer Quellen investiert werde.

Größter Kraftstoffverbraucher

Die Forscher sehen in der Bundeswehr auch das Potenzial für einen Einstieg in die neuen Technologien. Mit mehr als 30.000 Fahrzeugen sei die Bundeswehr der größte Kraftstoffverbraucher unter den Bundesbehörden. Zum Vergleich: Die Bundespolizei betreibe 7000 Fahrzeuge. Zusammen mit rund 1450 Liegenschaften und mehr als 33.000 Gebäuden könne die Bundeswehr bei einer Einbindung von Wasserstoff in das eigene Energiemanagement zu einem wichtigen gesamtstaatlichen Instrument für eine Nachfrageentwicklung werden.

Innerhalb der Bundeswehr findet Wasserstoff bislang schon in U-Booten Verwendung als Energieträger. Kampfflugzeuge, schwere Kampfpanzer und bestimmte Marineschiffe könnten nach Einschätzung der Forscher bestenfalls mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden. Der Grund: Diese haben einen höheren Energiegehalt als Wasserstoff.

Relevant sei dabei auch, woher künftiger Wasserstoff (H2) komme. Eine vertiefte Zusammenarbeit mit Ländern etwa in Nordafrika oder im Nahen Osten habe volkswirtschaftliche und strategische Folgen. »So bleibt eine Importlogik von Energieträgern weiterhin bestehen und verschärft sich sogar noch. Anders als bei Rohöl würde mit H2 bereits ein divers und direkt einsetzbarer Energieträger importiert«, so die Forscher. Anders als Öl werde Wasserstoff schon als Endprodukt geliefert, so dass es in Deutschland keine Gewinne mehr bei der Verarbeitung gebe.

© dpa-infocom, dpa:220301-99-331094/3