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Bundestag stimmt Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens zu

Als einer der ersten Nato-Staaten stimmt Deutschland einem Beitritt von zwei nordischen Partnern zu. Doch es gibt auch Kritik an einem Nato-Partner im Süden.

Bundestag
Das Reichstagsgebäude in Berlin. Foto: Christoph Soeder
Das Reichstagsgebäude in Berlin.
Foto: Christoph Soeder

Grünes Licht aus Deutschland: Der Bundestag hat einem Nato-Beitritt von Finnland und Schweden als direkte Reaktion auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine mit breiter Mehrheit zugestimmt. Dafür votierten die Fraktionen der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP sowie aus der Opposition die Union und mehrheitlich auch die AfD. Ablehnung gab es von der Linken.

»Über lange Zeit waren Finnen und Schweden überzeugt, dass gerade die Neutralität ihre Sicherheit garantieren würde. Und von so einer grundsätzlichen Überzeugung verabschiedet man sich nur dann, wenn etwas wirklich Einschneidendes geschehen ist«, sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) im Plenum. »Und der brutale Angriffskrieg Putins auf die Ukraine ist ein solches einschneidendes Ereignis.«

Am Dienstag hatten die Botschafter der 30 Bündnisstaaten im Hauptquartier in Brüssel in Anwesenheit der Außenminister der beiden nordischen Länder die sogenannten Beitrittsprotokolle unterzeichnet. Bisher haben Kanada, Estland, Norwegen, Dänemark und Island einen Beitritt ratifiziert. In Deutschland stellt die eigentliche Ratifizierungsurkunde Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier aus. Der Bundesrat billigte den Schritt am Freitag, indem die Länderkammer darauf verzichtete, den Vermittlungsausschuss zu dem Gesetz anzurufen.

Die Türkei als Unsicherheitsfaktor

Als Unsicherheitsfaktor gilt auch nach dem Nato-Gipfel in Madrid vor allem die Türkei. Das Land hatte zur Verärgerung der anderen Alliierten bereits den Start des Beitrittsprozesses mehrere Wochen herausgezögert und dies unter anderem mit der angeblichen Unterstützung Schwedens und Finnlands von Organisationen wie der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, der syrischen Kurdenmiliz YPG und der Gülen-Bewegung begründet. Ob der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan den Weg nun freimachen lässt, wird sich erst noch zeigen.

»Mit dem Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens ist Putins neoimperiale Politik, die letztendlich auf eine russische Dominanz über Ost und Mittelosteuropa und weite Teile des Ostseeraum hinauslief, krachend gescheitert«, sagte Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) im Bundestag. Er forderte, die Bundesregierung müsse sich zum Anwalt der beiden Staaten im Beitrittsprozess machen - mit Blick auf die Türkei. »Bedingungen aus der Türkei, die den Rechtsstaatsmaßstab dieser beiden Staaten relativierten oder die sie gar dazu aufforderten, die Menschenrechtskonvention des Europarates zu verletzen, wären nicht akzeptabel. An der Stelle muss Deutschland klar an der Seite dieser beiden Staaten stehen.«

Gysi erklärt ablehnende Haltung

Für die Linke sagte der frühere Fraktionschef und Außenpolitiker Gregor Gysi, er habe Enthaltung empfehlen wollen. Nach der trilateralen Erklärung von Schweden, Finnland und der Türkei, die zu Lasten von Kurden und türkischen Regierungsgegnern gehe, stimme die Linke dagegen. »Erdogan wird noch dreister werden nach seinem Erfolg«, sagte Gysi. »Die nächste Nötigung steht bevor. Denn Erdogan droht indirekt, den Beitritt nicht zu ratifizieren, wenn die 73 angeblich Terrorverdächtigen aus Finnland und Schweden nicht an die Türkei ausgeliefert werden. Der Preis, den Schweden, Finnland und die gesamte Nato für den Beitritt gegen die Kurdinnen und Kurden an die Türkei zahlen müssen, ist zu hoch.«

Ganz überwiegende Zustimmung zu einem Beitritt der beiden Nord-Staaten gab es aus der AfD. Der frühere Fraktionsvorsitzende und jetzige AfD-Ehrenvorsitzende Alexander Gauland sagte, seine Partei erwarte, dass keine Atomwaffen auf dem Gebiet der neuen Nato-Staaten stationiert würden. Eigene Warnung vor einer Ausdehnung der Nato gegen die russischen Grenzen blieben richtig, sagte er und verwies aber darauf, dass es nun russische Expansionspläne gibt. Gauland: »Gerade wenn wir Geschichte als Lehrmeisterin für Gegenwart und Zukunft ernst nehmen, müssen wir den Wunsch Finnlands und Schwedens nach größerer Sicherheit akzeptieren. Ihre Entscheidung. Und unsere positive Antwort ist Realpolitik im besten Sinne.«

Zwei AfD-Bundestagsabgeordnete machten in persönlichen Erklärungen zum Schluss der Debatte deutlich, dass sie anders als die Mehrheit ihrer Fraktion nicht für den Nato-Beitritt stimmen. Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, rief ihnen zu: »Liebesgrüße aus Moskau.«

© dpa-infocom, dpa:220708-99-951609/8