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Bundestag beschließt Rekordhaushalt 2019

Es ist vollbracht: Nach hitzigen Debatten beschließt der Bundestag mit der Mehrheit der großen Koalition den Haushalt 2019. Und damit die höchsten Ausgaben aller Zeiten. Noch steht die »schwarze Null« - die Opposition kritisiert den Finanzminister als Mr. Gießkanne.

Soli
Finanzminister Scholz warnt vor einer schnellen und vollen Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Foto: Roland Weihrauch
Finanzminister Scholz warnt vor einer schnellen und vollen Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Foto: Roland Weihrauch

BERLIN. Mehr Kindergeld, kleine Steuerentlastungen und höhere Ausgaben für die Bundeswehr: Der Bundestag hat am Freitag mit den Stimmen der großen Koalition den Rekordhaushalt für das kommende Jahr beschlossen.

Er sieht Ausgaben von 356,4 Milliarden Euro vor - so viel wie nie zuvor. Für das Zahlenwerk stimmten 366 Abgeordnete, mit Nein votierten 284. Es gab keine Enthaltungen. Die Ausgaben steigen im Vergleich zum laufenden Jahr um knapp 13 Milliarden Euro. Die große Koalition will unter anderem mehr Geld für Soziales, Digitales, Arbeitsmarkt, Familien, Verteidigung und Entwicklungshilfe ausgeben.

Auf neue Schulden wird dank sprudelnder Steuereinnahmen zum sechsten Mal in Folge verzichtet. Ein Verzicht auf neue Kredite wird als »Schwarze Null« bezeichnet. Der Grünen-Politiker Sven-Christian Kindler warf Finanzminister Olaf Scholz (SPD) eine ideenlose Ausgabenpolitik nach dem Prinzip Gießkanne ohne Schwerpunktsetzungen etwa für mehr Klimaschutz und Gerechtigkeit vor.

»Die Gießkanne, Herr Scholz, die gehört eigentlich in den Garten«, so Kindler. »Sie sind nicht der oberste Bundesgärtner, sondern der Bundesfinanzminister, und müssen Prioritäten setzen.« In Anspielung an den Schnäppchentag »Black Friday« sprachen Oppositionspolitiker von einem »schwarzen Freitag« für die Bürger wegen der Verwendung ihrer Steuergelder.

Scholz verteidigte das Zahlenwerk als ausgewogen. Neben Entlastungen bei Krankenkassenbeiträgen und Rentenverbesserungen stehen besonders Familien im Fokus - es wird ein Entlastungspaket von 9,8 Milliarden Euro im Jahr geschnürt. Für das Paket machte auch der Bundesrat am Freitag den Weg frei. Das Kindergeld steigt ab Juli um 10 Euro für das erste und zweite Kind auf 204 Euro, für das dritte Kind gibt es 210 und für jedes weitere Kind 235 Euro monatlich. Auch der steuerliche Kinderfreibetrag wird angepasst - er soll von 7428 auf 7620 Euro (2019) und dann weiter auf 7812 Euro (2020) erhöht werden.

Zudem soll der Grundfreibetrag steigen. Allerdings ist ein Teil der Entlastungen gesetzlich ohnehin geboten. Grundlage ist hier der Existenzminimumbericht - danach richtet sich zum Beispiel die Höhe steuerlicher Freibeträge. Teil des Pakets ist auch eine Rückzahlung von Effekten der »kalten Progression«, die Einkommenszuwächse wegen inflationsbedingt steigender Preise zum Teil »auffrisst«. Insgesamt soll die »kalte Progression« um 2,2 Milliarden Euro abgebaut werden, diese Summe ist in der Entlastung von 9,8 Milliarden eingerechnet.

Bei den Sicherheitsbehörden und dem Zoll sind tausende neue Stellen geplant. Mit 145,3 Milliarden Euro (2018: 139,2 Mrd) ist der Etat Arbeit/Soziales der größte Posten. Ein neues Milliardenprogramm soll Langzeitarbeitslose mit Lohnzuschüssen und besserer Fortbildung wieder verstärkt in Arbeit bringen. Wirtschaft und FDP kritisieren zu hohe Sozialausgaben, zudem wird angesichts bisher noch sprudelnder Einnahmen eine große Steuerreform gefordert.

Der CDU-Sozialexperte Peter Weiß machte in der Aussprache über den Arbeits- und Sozialetat darauf aufmerksam, dass allein die Bundesmittel für die gesetzliche Rente auf über 98 Milliarden Euro steigen. Die Rente sei aber auch dank der guten Konjunktur stabil. Die Rentenkasse habe 2018 eine Rücklage von über 38 Milliarden Euro.

Die AfD sieht im Bundeshaushalt viele ungedeckte Schecks und Risiken in der Europapolitik, wie der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Peter Boehringer, deutlich machte. Die Linke-Politikerin Gesine Lötzsch sagte, es gebe kein Wort von Finanzminister Scholz zu einem völlig ungerechten Steuersystem und zur Kinderarmut. »Und wenn man den Rentenzuschuss herausrechnet, geben Sie für Arbeit und Soziales so viel aus, wie für todbringende Waffen und Kriegseinsätze.«

»Black Friday« im Bundestag:

Die Haushälter des Bundestags gelten, trotz aller parteipolitischen Differenzen, als eingeschworene Truppe. In einer 16-stündigen Sitzung ebneten sie auch die letzten Details für den Bundeshaushalt 2019. Bei den Schlussberatungen im Plenum sprachen sie sich vorher ab und benutzten in allen Reden ein Wort: »Black Friday«. Es ist fast schon eine Tradition der Haushälter, sich bei den Schlussberatungen auf ein »Code-Wort« zu einigen. Das Wort »Black Friday« beschreibt eigentlich eine aus den USA nach Deutschland gekommene Entwicklung - einen Tag mit besonders vielen Sonderangeboten.

Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) spielte mit. Er nannte die Wünsche der Opposition nach einer Abschaffung des »Soli« (FDP), einer Umverteilung von Oben nach Unten (Linke) oder Milliarden mehr für den Klimaschutz (Grüne) ein unfinanzierbares Wunschkonzert. »Ich glaube, dass das alles so ein bisschen wirkt wie ein besonderer Verkaufstag, ein «Black Friday», wo die Sonderangebote des politischen Shoppings alle ins Schaufenster gestellt worden sind«, so Scholz. Mit seriöser Haushaltspolitik habe dies nichts zu tun. (dpa)