Logo
Aktuell Inland

Bundesländer reagieren auf Lieferengpässe bei Astrazeneca

Der Hersteller Astrazeneca liefert weniger Impfdosen an die EU als zuvor zugesagt. Das hat Folgen in einer Reihe von Bundesländern.

BERLIN. Mehrere Bundesländer ziehen aus den Kürzungen der Impfstofflieferungen durch den britisch-schwedischen Pharmakonzern Astrazeneca Konsequenzen. Sie beziehen sich vor allem auf die Terminvergabe von Impfungen.

Astrazeneca hatte am Freitag mitgeteilt, statt 220 Millionen nur 100 Millionen Dosen bis zur Jahresmitte an die EU-Staaten liefern zu können. Der Konzern begründete dies unter anderem mit Exportbeschränkungen, ohne Details zu nennen.

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte am Samstag der Deutschen Presse-Agentur: »Wie alle anderen EU-Mitgliedsstaaten auch wird Deutschland im März vorübergehend deutlich weniger Impfstoff von Astrazeneca bekommen als geplant.« Der Sprecher bezeichnete es als generell schwierig, verlässliche Angaben über die Liefermengen von Astrazeneca zu bekommen. Im Gegensatz zu Biontech würden diese häufig abweichen von den Ankündigungen.

Thüringen stoppte wegen der Ankündigung von Astrazeneca vorerst die Terminvergabe für Impfungen und verschob den Start von Impfungen von Hausärzten. Landesgesundheitsministerin Heike Werner (Linke) bezeichnete die angekündigte Lieferkürzung als »absolut inakzeptabel«.

Hamburg stoppte die Vergabe von Impfterminen für unter 80-Jährige, wie ein Sprecher der Gesundheitsbehörde am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Alle bereits vereinbarten Termine würden aber eingehalten. Um diese Impfungen machen zu können, würden die noch im Lager befindlichen Impfdosen benötigt.

Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) sagte, die Ankündigung von Astrazeneca sei ein »herber Dämpfer für den Impffortschritt im Land«. Sie kündigte an, die Impfungen der Polizei vorerst zurückzustellen. In Berlin sollen neue Impftermine gestreckt werden, wie ein Sprecher der Gesundheitsverwaltung sagte. In Brandenburg sollen alle bisher online gebuchten Impftermine stattfinden - die längerfristigen Folgen seien aber noch offen, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums.

Mecklenburg-Vorpommern will trotz des weiterhin schleppenden Impfstoffnachschubs die Corona-Schutzimpfungen beschleunigen. Wie Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Samstagabend in Schwerin sagte, wird künftig weniger Impfstoff für die erforderlichen Zweitimpfungen zurückgehalten. Die Intervalle bis zur zweiten Impfung sollen auf den maximal möglichen Zeitraum ausgedehnt werden.

Bayern will trotz der Lieferkürzung wie geplant am 1. April mit dem Impfen durch die Hausärzte vor allem in den Grenzregionen starten. Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) reagierte dennoch ungehalten auf die Ankündigung des Konzerns. Sie sei »absolut inakzeptabel« und zerstöre massiv Vertrauen, sagte der CSU-Politiker der »Bild am Sonntag«. Der Chef der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, sagte der »Welt am Sonntag«, solange Astrazeneca seine Lieferzusagen nicht erfülle, »sollte die EU einen grundsätzlichen Exportstopp von in der EU produzierten Impfstoffdosen des Unternehmens verhängen«.

Gegen den Impfstoff von Astrazeneca gibt es zudem Vorbehalte aus medizinischer Sicht. Am Sonntag empfahl die Impfkommission Irlands ein Aussetzen der Impfungen mit dem Präparat des britisch-schwedischen Herstellers, bis Berichte aus Norwegen über vier Fälle schwerer Blutgerinnsel nach Verabreichung des Mittels geprüft seien. In Italien wurde die Verabreichung einer bestimmten Charge des Impfstoffes nach »schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen« vorsichtshalber gestoppt. Zuvor hatten schon andere Länder das Mittel beziehungsweise eine Charge von Astrazeneca vorsorglich vom Markt genommen. Dabei wurde stets betont, dass ein Zusammenhang von Komplikationen mit dem Mittel nicht erwiesen ist. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA erklärte, dass es keine auffällige Häufung von Thrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung gebe und dass der Nutzen der Verimpfung des Astrazeneca-Mittels größer sei als die Risiken. (dpa)